Premierminister Charles Michel war einer der ersten, der Macron am Sonntagabend zu seinem Sieg über die Chefin des rechtsradikalen Front National gratulierte. Michel sieht in Macron einen Verbündeten. Die Botschaft, die Michel schon am Sonntagabend Richtung Paris schickte, wiederholte der Premier am Montag gegenüber der heimischen Presse. Bei der VRT sagte er: "Der Sieg Macrons ist ein hoffnungsvolles Signal für die Zukunft. Und ich denke, mit Macron, aber auch mit anderen europäischen Partnern können wir jetzt neuen Schwung in das europäische Projekt bringen. Wir müssen Initiativen starten, Entscheidungen treffen, Reformen durchführen für mehr Jobs, mehr Investitionen, mehr Sicherheit in Europa. Das muss absolute Priorität in Europa haben."
Michel will Macron schon bald treffen, um mit ihm über diese Perspektiven zu sprechen. Denn dass Macron mit seinem Projekt reüssiert, daran habe auch Belgien ein Interesse. Frankreich müsse wirtschaftlich wieder in Schwung kommen, sagte Michel. Denn Belgien sei ein Exportland. Die wirtschaftlichen Verflechtungen mit Frankreich seien groß. Je besser es Frankreich gehe, umso besser sei das für Belgien, die Bemühungen um eine Verbesserung der Wirtschaft und des Sozialwesens erfolgreich weiterzuführen.
Außenminister Didier Reynders freute sich über die außenpolitische Perspektive, die es mit dem Europafreund Macron jetzt gebe. Mit dem neuen Präsidenten bestehe die Möglichkeit, ein richtiges europäisches Projekt in der Außenpolitik auf die Beine zu stellen. Sei es gegenüber den USA, gegenüber Russland oder gegenüber anderen Partnern. Ein Projekt nämlich, bei dem jedes Land in Europa erkennt, dass es gemeinsam mit den anderen in einer europäischen Union stärker ist, als alleine.
Aber auch jenseits der Liberalen fand die Wahl von Macron Anklang. Für die flämischen Christdemokraten freute sich Parteichef Wouter Beke in den Medien. Macron sei eine gute Sache für Frankreich und Europa. Es sei gut, wenn jemand in Frankreich an der Macht sei, der das Land klar in Europa verankert sieht und zusammen mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel versuchen wolle, Europa nach vorne zu bringen.
Crombez drückt auf Euphorie-Bremse
Doch ausgerechnet John Crombez, flämischer Sozialistenführer, der sich vor zwei Wochen noch mit all den positiven Eigenschaften eines Emmanuel Macron schmückte, drückte am Montag auf die Euphorie-Bremse. Auf Macron würden inhaltlich schwere Aufgaben warten. Denn ob er mit seiner Politik auch die linken beziehungsweise radikal-linken Wähler überzeugen könne, sowohl in Frankreich als auch Europa, bleibe abzuwarten. Die Erwartungen dieser Wähler seien hoch. Sie erwarteten Verbesserungen bei grundlegenden Dingen im Leben wie Wohnung, Arbeit, Lohn und Rechnungen, sagte Crombez.
So eine Vorsicht war auch seitens der EU-Spitzen zu spüren. Schon in den ersten Twitter-Glückwünschen sprach nur EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani Gemeinsamkeiten bei einem konkreten politischen Aufgabenfeld an. Er freue sich auf die Zusammenarbeit mit Macron, den Bürgern das EU-Europa wieder näher bringen zu können.
EU-Ratspräsident Donald Tusk sowie Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker verkniffen sich jeglichen Hinweis auf konkrete politische Projekte. Wohl aus gutem Grund, wie am Montagnachmittag von Jucker bei einer Buchvorstellung in Deutschland zu erfahren war. Eine klare Ansage, dass Juncker nicht mit allem einverstanden ist, was Macron schon zur EU gesagt hat. Das klare Bekenntnis zur EU gefällt dem Luxemburger natürlich. Aber einige der Reformen, die Macron der EU angedeihen lassen will, sieht nicht nur Juncker bei der EU skeptisch.
Komplett ohne Begeisterung für Macron, aber das war auch nicht anders zu erwarten, zeigte sich am Montag Tom Van Grieken. Der Chef vom Vlaams Belang hatte noch in der Wahlnacht Marine Le Pen zu ihrem historisch guten Abschneiden gratuliert. Noch nie hätten so viele Franzosen für ein soziales, national-patriotisches Programm gestimmt, wie am Sonntag. Das könne auch die EU nicht übersehen. Macron hingegen sei nur möglich geworden, weil das bisherige System sich totgelaufen habe. Ähnlich, wie das damals mit Obama in den USA der Fall gewesen sei. Macron sei für ihn der französische Obama.
Kay Wagner - Bild: Thomas Samson (afp)