Es hört sich erst einmal schlimm an: Antibiotika sind jetzt teurer - und die Preissteigerung ist saftig. Mir nichts, dir nichts hat sich der Preis verdoppelt. Was gäbe es für einen Aufschrei, wenn das beim Kraftstoff für Autos passieren würde? Bei den Antibiotika hält sich der Aufschrei dagegen ziemlich in Grenzen. Große Proteste gab es kaum. Und ein Blick in die Apotheke macht schnell deutlich, woran das liegen könnte. Denn horrende Summen werden auch künftig nicht von dem Patienten verlangt.
Das Praxisbeispiel von Anne Franck, Apothekerin in der Brüsseler Stadtgemeinde Schaerbeek, macht das deutlich. Sie nimmt als Beispiel das gern verschrieben Antibiotikum für Kinder, Biclar junior. Der Preis für ein Paket, bzw. das, was die Eltern dafür zahlen müssen, ist zum 1. Mai von vormals 2,05 Euro auf 4,09 Euro gestiegen.
Anderes Beispiel: Für den Wirkstoff Amoxicillin, einer der am häufigsten verschriebenen Wirkstoffe von Allgemeinärzten, steigt der Preis je nach Produkt und Packung von circa ein bis zwei Euro auf etwa fünf Euro, sagt seinerseits Michaël Bernier von der belgische Ärztevereinigung ABSYM.
Antibiotika werden zu schnell verschrieben
Sind das unzumutbare Preise? Vier Euro, fünf Euro für ein Medikament, das ja auch nicht immer unumstritten ist? Apothekerin Franck meint: "Grundsätzlich ist das vielleicht nicht zu viel. Aber es bestraft diejenigen, die wirklich darauf angewiesen sind."
Und Apothekerin Franck fügt hinzu, was Gesundheitsministerin Maggie De Block ebenfalls als Unsitte erkannt haben möchte: Antibiotika werden zu häufig zu schnell verschrieben. Viele Ärzte, oft auch unter Druck der Patienten, würden Antibiotika verschreiben. Dabei seien diese Antibiotika nicht immer notwendig, sagt die Apothekerin. So sieht es auch Ärztevertreter Michaël Bernier. Ein bis zweimal pro Jahr brauche ein Patient vielleicht Antibiotika. Nicht öfters.
Antibiotika gelten als Allheilmittel gegen Entzündungen. Kritiker sehen sie skeptisch. Statt gezielt eine bestimmte Entzündung zu bekämpfen, würden sie einfach alle Bakterien im menschlichen Körper zerstören - auch die guten Bakterien, die der Mensch zu seiner normalen Funktion braucht.
Weniger ist mehr
Gesundheitsexperten warnen aber nicht nur deshalb vor dem zu häufigen Einsatz von Antibiotika. Dieser würde auch dazu führen, dass die Bakterien resistent würden gegen die Medikamente. Und das könne verheerende Folgen bei schweren Krankheiten sein, die nur mit Antibiotika geheilt werden können.
Das hatte auch Maggie De Block mit ihrer Maßnahme im Auge. Ärzte sollen künftig weniger häufig Antibiotika verschreiben, Patienten seltener Antibiotika verlangen. Ganz nach dem Motto: Weniger ist mehr. Ob De Block das mit der jetzt erfolgten Preissteigerung erreichen wird, die sich zwar saftig anhört, aber doch im Grunde maßvoll ausfällt, muss sich erst noch zeigen.
Kay Wagner - Illustrationsbild: Siska Gremmelprez/BELGA