Die belgischen Medien haben die Präsidentschaftswahlen in Frankreich sehr intensiv verfolgt. Am Sonntagabend waren die Wahlen das große Thema in den Fernsehnachrichten, immer wieder gab es Live-Schaltungen nach Frankreich und aktuelle Analysen der Ergebnisse. Am Montag sind die Zeitungen voll mit den Wahlen, und auch belgische Politiker äußerten sich am Sonntag und Montagvormittag zu dem Ergebnis, das von den meisten wohl mit Erleichterung aufgenommen wurde.
Man war ja fast schon davon ausgegangen, dass Le Pen es schaffen würde. Von daher war die Überraschung oder sogar Empörung darüber jetzt eher gering - ganz anders noch als vor 15 Jahren, als damals der Vater von Marine Le Pen, Jean-Marie Le Pen, als damaliger Chef des Front National, völlig überraschend in die zweite Runde einzog - und dann ja bekanntlich haushoch gegen den bürgerlichen Chaque Chirac verloren hatte.
Das ist jetzt anders. Mit Le Pen hatte man gerechnet und deshalb überwiegt auch die Erleichterung darüber, dass es mit Macron jetzt einen Herausforderer für Le Pen gibt, der nicht oder jedenfalls kaum polarisiert. Mit Macron können irgendwie alle leben. Warum? Nun, er verkörpert das, was viele aus der demokratischen Mitte gut finden bzw. auch teilweise machen würden oder gerade in Regierungsverantwortung machen. Macron ist klar europäisch ausgerichtet, er ist wirtschaftsfreundlich, er will aber auch sozial sein. Er will einen und nicht entzweien. Das sind Dinge, die den meisten Politikern hier in Belgien gefallen.
Premierminister Charles Michel twitterte zum Beispiel schon kurz nach der ersten offiziellen Hochrechnung seine "Herzlichen Glückwünsche" an den Sieger Emmanuel Macron. Michel wünscht Macron alles Gute für sein - wörtlich - "europäisches, optimistisches und zukunftsorientiertes Projekt".
MR-Präsident Olivier Chastel rief die Franzosen dazu auf, einen Sieg von Marine Le Pen in der zweiten Wahlrunde auf jeden Fall zu vermeiden. PS-Präsident Elio Di Rupo tat das gleiche. Nachdem er in der ersten Runde den weit abgeschlagenen Sozialisten Benoît Hamon unterstützt hatte, rief er jetzt zu einer Wahl für Macron auf. Denn es gehe jetzt um "die Zukunft von Frankreich, von Europa, und damit um unserer aller Zukunft", twitterte Di Rupo.
Dass Hamon so schlecht abgeschnitten hat, ist für Di Rupos flämischen Amtskollen, S.PA Präsident John Crombez übrigens kein Wunder. Bei der VRT sagte er, wenn jemand wie François Hollande Gesetze gemacht hat, durch die es den französischen Arbeitnehmern schlechter immer schlechter gegangen ist, dürfe man sich nicht wundern, dass die Partei, für die er steht, so abgewatscht wird. Hamon habe damit quasi die Zeche für einen Präsidenten gezahlt, der auf beiden Beinen hinke.
Unterstützung für Macron gibt es auch von Außenminister Didier Reynders. Im flämischen Rundfunk sagte Reynders, dabei gehe es ihm einerseits um den Kampf gegen den rechtsextremen Front National, andererseits aber auch um eine Unterstützung des europäischen Projekts von Macron.
Auch die Präsidenten von CDH, Benoît Lutgen, sowie den beiden liberalen Parteien Défi, Olivier Maingain, und OpenVLD, Gwendoline Rutten, zeigten sich erfreut über den Sieg von Macron.
Applaus für Le Pen gab es vom Vlaams Belang. Der Vlaams Belang ist sozusagen die einzige Partei, die sich über das Ergebnis von Le Pen freut. Der Vlaams Belang sieht jetzt nämlich Themen wie Identität, Nationalität, Souveränität, Widerstand gegen Massenzuwanderung etc. wieder auf die große politische Bühne gebracht.
Die PTB freute sich über das gute Abschneiden von Jean-Luc Mélenchon. Die 19 Prozent des linksradikalen Mélenchon seien eine "gute Basis für eine wirkungsvolle Opposition gegen den künftigen Präsidenten", teilte PTB-Präsident Peter Mertens mit.
Keine Tweets zur Frankreichwahl setzten am Sonntag Bart de Wever (N-VA) und sein flämischer Gegenspieler Kris Peeters (CD&V) ab. Beide konzentrierten sich bei Twitter lieber auf den Marathon in Antwerpen. Als Bürgermeister der Stadt nahm De Wever am Marathon teil. Sein erster überhaupt. "Herzlichen Glückwunsch an Bart De Wever für eine starke Vorstellung", twitterte nach dem Lauf Kris Peeters zu den respektablen 4 Stunden und 13 Minuten des N-VA-Präsidenten.
Auslandsfranzosen in Belgien: Macron an der Spitze - Le Pen abgeschlagen
In Belgien lebende Franzosen haben bei den französischen Präsidentschaftswahlen zu 35,5 Prozent den sozialliberalen Emmanuel Macron gewählt. Marine Le Pen, die in Frankreich selbst gegen Macron in die Stichwahl einzieht, erhielt von den Auslandsfranzosen in Belgien eine klare Absage: 7,3 Prozent von ihnen stimmten für Le Pen, die damit in Belgien den fünften Platz belegt.
An zweiter Stelle rangiert der konservative Kandidat François Fillon mit 22,5 Prozent der Stimmen. Der Kommunist Jean-Luc Mélanchon belegt mit 20,4 Prozent Rang drei.
Insgesamt haben 46.184 Franzosen sich in Belgien an den französischen Präsidentschaftswahlen beteiligt. In Brüssel, Lüttich, Mons, Mouscron, Charleroi und Antwerpen waren die Wahlbüros geöffnet.(rtbf/dop)
Kay Wagner - Bild: Eric Fefferberg/AFP