Zunächst war es nur ein Verdacht, der sich dann aber bestätigte. Die Opfer des Verkehrsunfalls am Dienstag bei Vilvoorde waren Illegale. Das erklärt auch die wilde Flucht, die der Fahrer begonnen hatte, nachdem er bei Nivelles als Falschfahrer auf der Autobahn auf eine Polizeistreife stieß. Sofort wendete der Fahrer seinen Lieferwagen und raste in hohem Tempo davon. Zum Schluss fuhr er Zick-Zack, um die Polizeiautos aus dem Weg zu räumen. Vergeblich.
Wohin der Fahrer mit den 14 Menschen unterwegs war, ist noch unklar. Für Wim Bontinck gibt es allerdings keinen Zweifel: Sie wollten zur Küste, und von da aus nach Großbritannien. "Wenn sie auf die Küstenregion schauen", so der Spezialist für Menschenschmuggel bei der Föderalpolizei, "da haben sie regelmäßig Lieferwagen mit Migranten drin, die nach Großbritannien geschmuggelt werden sollen. Das ist nicht ungewöhnlich."
Denn Belgien sei so eine Art Transitland für Menschenschmuggler. Fast alle Autobahnen mit ihren Rastplätzen würden sich gut dafür eignen, Menschen illegal an die Küste zu bringen. Immer mit dem gleichen Ziel: Großbritannien. Das wisse man auch deshalb, weil einige Schmuggler den Polizisten manchmal auch in die Hände fallen. Davon ausgehend könne man berechnen, dass ungefähr knapp 700 Menschen pro Monat durch Belgien geschmuggelt werden, oder durch die Niederlanden und Deutschland, immer nach Großbritannien, sagt Wim Bontick.
Der Kampf gegen diese illegalen Menschentransporte sei schwierig. Gerade bei den offenen Grenzen in der EU. Deshalb könne Belgien alleine auch kaum etwas gegen diesen Handel unternehmen. Das sei klar eine europäische Aufgabe, auch deshalb, weil es ein europäisches Problem sei. Frankreich, die Niederlande, Deutschland, die Küste von Marokko - das Problem ziehe sich durch ganz Europa.
Dass der Fahrer des am Dienstag verunglückten Fahrzeugs wohl minderjährig war, sei eher die Ausnahme. Minderjährige würden zumindest nicht regelmäßig hinter das Steuer von Lieferwagen gesetzt. Typisch gewesen sei dagegen, dass der Lieferwagen voll gefüllt war. Menschenschmuggler würden immer das Maximale aus dem Platz herausholen wollen, der ihnen zum Transport zur Verfügung steht. Wenn dann ein Unfall passiere, sei das natürlich eine Katastrophe.
Von den insgesamt 15 Menschen, die am Dienstag bei dem Unfall verletzt wurden, schwebten fünf in Lebensgefahr. Darunter zwei Minderjährige.
Kay Wagner - Illustrationsbild: Anthony Dehez/BELGA