Von richterlichem Aktivismus könne keine Rede sein. Der betreffende Richter habe belgisches, europäisches und internationales Recht abgewogen und in Ehre und Gewissen entschieden, sagt Bamps. Sie erinnert daran, dass es gegen diese Sicht ihres Gerichts eine Berufungsmöglichkeit beim Staatsrat als höhere Instanz gibt.
Die Vorsitzende des Rats will sich nicht darüber aussprechen, welche Gesetzgebung in der Sache Anwendung findet. Die VRT zitiert sie mit den Worten: "Ich bin da vorsichtig. Vielleicht sollte sich der Europäische Gerichtshof darüber aussprechen."
Sie bedauert den Wirbel um die besagte Entscheidung. Ihr Gericht fälle mehr als 20.000 Urteile im Jahr, nicht nur dieses eine. Darunter seien auch solche, die im Sinne von Staatssekretär Francken (N-VA) seien. Dann höre man aber keine Kritik.
In der Sache um das Visum für die Familie in Aleppo hatte sich das Verwaltungsgericht auf den Europäischen Vertrag für Menschenrechte berufen. Nach Ansicht der Juristen im Staatssekretariat Francken ist das eine Fehldeutung.
Unterdessen steht Francken unter Druck eines Berufungsurteils eines ordentlichen Gerichts, das Visum zu verleihen oder ein Zwangsgeld von 1.000 Euro pro Person - somit 4.000 Euro - pro Tag zu zahlen. Bis der Staatsrat in zweiter Instanz entscheidet, kann es noch recht lange dauern.
Vor diesem Hintergrund ruft Premier Michel (MR) dazu auf, die Sache mit Ruhe und Abgeklärtheit anzugehen, ohne nähere Stellungnahme.
vrt/fs - Bild: Jasper Jacobs/Belga