Marie-Christine Marghem ist längst eine der Lieblingszielscheiben der Opposition. Und oft genug ist sie selbst es, die durch kleinere und größere Fehler die Kritik fast schon heraufbeschwört.
Diesmal war es erstmal nicht der politische Gegner, sondern gleich die unabhängige Regulierungsbehörde Creg, die der Ministerin nachdrücklich auf die Finger gehauen hat. Die Creg übt fast schon vernichtende Kritik an einem Gesetzesvorschlag der Energieministerin. Der Text soll die Atomabgabe regeln, die die Kernkraftwerksbetreiber in den nächsten zehn Jahren abzuführen haben.
Reaktorblöcke "vergessen"
Für die Creg gibt es zwei Probleme. Erstens: Die Summe, die für das Jahr 2015 erhoben wird, wurde viel zu niedrig angesetzt - unter anderem, weil man die damals gerade erst verlängerten Reaktorblöcke Doel 1, Doel 2 und Tihange 1 schlichtweg ausgeklammert hat. "Sagen wir, wie es ist: Vergessen hat man sie", wetterte der Ecolo-Abgeordnete Jean-Marc Nollet in der RTBF.
Ähnlich äußerte sich auch die PS-Abgeordnete Karine Lalieux. Die Energieministerin hatte in ihrem Gesetz ein Geschenk für die Atomkraftwerksbetreiber versteckt. Nicht umsonst hätten der Staatsrat und jetzt auch die unabhängige Regulierungsbehörde schon den Text abgeschossen.
Und das Schlimme ist, sagt Lalieux: die Ministerin versuche, sich zu rechtfertigen. Und selbst das schaffe sie nicht. Das sei doch ein peinliches Schauspiel, beklagte auch Kristof Calvo von Groen. Die Ministerin vergesse mal eben, drei Kraftwerke zu besteuern und rede sich danach auch noch um Kopf und Kragen.
Marie-Christine Marghem ist derweil dafür bekannt, dass sie sich nicht ins Bockshorn jagen lässt, legt dabei allerdings manchmal eine Sturheit an den Tag, die an Selbstzerstörung grenzt. Und auch diesmal schaltete sie auf Durchzug, fegte die Argumente der Opposition vom Tisch - allerdings ohne wirklich plausible Richtigstellungen oder Gegenargumente.
Oft redete sie viel, um doch nichts zu sagen, mit am Ende einer Botschaft: Wir können meinetwegen diskutieren, wir machen es aber am Ende so, wie wir es machen. Punkt. "Redet ihr nur", sagt Marghem mit besonders vielen Worten und mit dem Hochmut, für den sie bekannt ist.
Juristisch nicht wasserdicht
Wenn es da nicht noch ein zweites Problem gäbe: Die Regulierungsbehörde Creg äußert auch nachdrücklich ihre Bedenken, was die Formulierung des Textes angeht. So sei insbesondere die Rechtfertigung für die Atomabgabe juristisch nicht wasserdicht.
Anders gesagt: Hier bestehe die Gefahr, dass die Atomkraftwerksbetreiber am Ende mit Erfolg gegen die Atomabgabe klagen. Genau davor warnen auch die Grünen.
Und die Mehrheit in dem Ganzen? Nun, seit einiger Zeit schon kann man beobachten, dass die Regierungsparteien nicht unbedingt leidenschaftlich hinter Marie-Christine Marghen stehen. Man übt sich da vielmehr in einer Form von "Zweckpragmatismus".
Bei der N-VA fand sich Bert Wollants, ein eher unbekannter Parlamentarier, um zu Besonnenheit aufzurufen: "Lasst uns doch bitte schnell eine Einigung finden", sagte Wollants in der VRT. "Wenn das Gesetz nicht bis Ende des Jahres verabschiedet ist, dann geht dem Staat nämlich zusätzlich Geld durch die Lappen."
Für Marie-Christine Marghem war es also wieder einmal ein ungemütlicher Tag im Parlament. Längst gilt sie auch innerhalb der Regierung als angezählt. Und nicht vergessen: Zu viele Hunde sind des Hasen Tod.
Roger Pint - Archivbild: Eric Lalmand/Belga