Die Journalisten haben Aufzeichnungen von Telefongesprächen veröffentlich, die die Eltern von Stijn Saelens kurz nach seinem Verschwinden 2012 unter anderem mit einem Brugger Magistrat geführt haben. Die Brügger Staatsanwaltschaft steht jetzt unter Verdacht, dass sie sich bei ihren Ermitlungen hat beeinflussen lassen und mit der Familie Saelens unter einer Decke steckte.
31. Januar 2012: Stijn Saelens verschwindet spurlos aus seinem Schloss im westflämischen Wingene. Die Ermittler hören Telefongespräche aus dem persönlichen Umfeld des Verschwundenen ab. Aus einem Gespräch der Eltern von Stijn Saelens untereinander geht hervor, dass sie einen hohen Brügger Magistraten mit familiären Verbindungen um Hilfe bitten wollen.
Mutter Saelens bittet ihren Mann, doch mal ihren anderen Sohn, den Bruder des Verschwundenen und dessen Schwiegervater anzurufen. Der sei ein einflussreicher Staatsanwalt. Die sollen ihn festnehmen und ins Gefängnis stecken, so Mutter Saelens. Das ist gut, das geht in die richtige Richtung antwortet ihr Mann. Und mit "ihn" und der "richtigen Richtung" ist die Verhaftung von Doktor André Gyselbrecht gemeint, der Schwiegervater des Verschwundenen und dessen Sohn Peter Gyselbrecht.
Bereits 2013 hatte die Genter Staatsanwaltschaft entsprechende Ermittlungen wegen Einflussnahme der Familie Saelens aufgenommen. Die brisanten Telefonaufzeichnungen hatte die Brügger Staatsanwaltschaft aber zurückgehalten.
Denn mit der Kontaktaufnahme mit dem Brügger Magistraten hätte die Familie den Versuch einer Einflussnahme auf die Ermittlungen unternommen. Ein möglicher Beweis: Der betreffende Magistrat ruft später bei der Familie Saelens an, um ein Treffen zu vereinbaren.
Noch am selben Abend empfängt der Staatsanwalt die Familie Saelens in seiner Villa in Knokke-Heist. Dort eröffnet er ihr, dass er Beweise habe, dass André und Peter Gyselbrecht etwas mit dem Verschwinden ihres Sohnes zu tun haben.
Die beiden Gyselbrechts werden verhaftet. Dabei kommen aber auch andere unangenehme Wahrheiten auf den Tisch. Es gab eine Klage wegen Vergewaltigung gegen Stijn Saelens. Seine Familie will den Magistrat einschalten um den Ruf ihres Sohnes wiederherzustellen. Vater Saelens meldet sich bei seinem anderen Sohn.
Er werde den Schwiegervater seines Sohnes anrufe, dass er den für den Fall zuständigen Staatsanwalt bitten soll, eine Pressekonferenz zu geben. Darin soll der sagen, dass sehr viele Lügen über Stijn verbreitet würden. Auf Dauer könne Stijn keinen weiteren Prozess gebrauchen, er mache zwielichtige Dinge, deale mit Drogen, habe kein Geld…
Außerdem wird bekannt, dass seine Frau, Tochter von Doktor Gyselbrecht, Klage wegen Missbrauchs der eigenen Kinder eingereicht hatte. Passieren tut aber nichts. Wahrscheinlich, weil Familie Saelens auf ihre Schwiegertochter und auf ein Kindermädchen, das den Missbrauch gesehen haben soll, Druck ausübte, um die Klage bzw. Aussage zurückzuziehen. Auch der Anwalt der Familie brüstete sich damit, dass er gute Kontakte zur Staatsanwaltschaft habe. Dass die Klage im Sande verlief, gilt als Tropfen, der das Fass bei Andre Gyselbrecht überlaufen ließ und der seinem Schwiegersohn eine Lektion erteilen wollte.
Als Stijn Saelens später erschossen aufgefunden wird, werden André Gyselbrecht und sein Sohn Peter als mutmaßliche Auftraggeber und drei weitere Personen festgenommen. Einer von Ihnen, ein Niederländer wird später per DNA-Analyse als mutmaßlicher Täter überführt, er verstarb aber zwischenzeitlich. André Gyselbrecht steht ab kommender Woche vor Gericht. Beobachter vermuten, dass die jüngsten Enthüllungen damit zu tun haben könnten.
VK - Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)