Seit vierzehn Jahren hat es solche Bilder in Belgien nicht mehr gegeben. In Brüssel standen sich am Dienstag Polizei und Militärangehörige gegenüber. Es knallt, Pflastersteine fliegen, Wasserwerfer sind im Einsatz. Die Militärs sind wütend: "Einfach so mittendrin die Spielregeln ändern, das geht gar nicht", sagt ein Demonstrant. Ein niedriger Lohn, dafür aber eine gute Pension und das schon mit 56 Jahren - das sei schließlich für viele ausschlaggebend für eine Karriere beim Militär gewesen.
Andere Voraussetzungen
"Das sind ja jetzt ganz andere Voraussetzungen", findet auch ein Soldat. Dann hätte er ja auch eine ganz andere Wahl treffen können. Im Privatsektor hätte er einen Firmenwagen bekommen, und ein Mehrfaches verdienen können.
Auch die Gewerkschaften sind unzufrieden. Für einige bedeutet Vandeputs Pensionsreform, dass sie sage und schreibe sieben Jahre länger arbeiten müssen als geplant.
Gilles van Oosthuijze, von der Militärgewerkschaft kann den Aufruhr verstehen. Während auf der einen Seite die Älteren immer länger arbeiten sollen, gebe man den Jungen nur befristete Verträge. Das findet er schlicht und einfach paradox.
Verteidigungs-Stabschef General Marc Compernol hat jedenfalls Verständnis für seine Untergebenen, sagte er in der VRT. Man sei sich aber auch der gesellschaftlichen Debatte um längeres Arbeiten bewusst. Und auch das Militär müsse seinen Beitrag leisten, wie alle anderen auch. Es gebe da aber noch einige Unklarheiten.
Schwere Berufe
Fakt ist nämlich: Man kann einen 60-Jährigen schwerlich in einen Kampfeinsatz schicken. Deshalb muss für Ältere eine angepasste Arbeit gefunden werden. Stichwort schwere Berufe. Verteidigungsminister Steven Vandeput will sich das noch genauer anschauen. Er sieht ein, dass die Arbeit eines Soldaten in einigen Punkten als schwerer Beruf eingestuft werden kann.
Für General Compernol muss hier schnellstens Klarheit geschaffen werden. Erstens müssten die Menschen wissen, wie lang sie jetzt tatsächlich arbeiten müssen. Und zweitens ist auch die strategische Vision der belgischen Armee bedroht.
Und in der Tat: Vandeputs Pensionspläne widersprechen seinen Plänen zur Armeereform. Die soll eigentlich kleiner, effizienter und auch jünger werden. Indem man gleichzeitig aber das Pensionsalter nach oben schraubt, ist das wohl schwierig umzusetzen. Hinzu kommt: Die Nato verlangt von ihren Mitgliedsländern mehr Anstrengungen bei den Rüstungsinvestitionen. Bei immer älter werdendem Personal fehlt dafür dann wiederum das Geld.
Sozialdialog
Das letzte Wort ist jedenfalls in dieser Angelegenheit noch nicht gesprochen. Verteidigungsminister Vandeput gab am Dienstag zu verstehen, die Demonstrationen seien wohl ein ziemlich deutliches Signal gewesen. Er will jetzt Pensionsminister Daniel Bacquelaine (MR) auffordern, so schnell wie möglich mit dem Sozialdialog zu beginnen und dabei den Eigenheiten des Militärberufes auch Rechnung zu tragen.
Volker Krings - Foto: Nicolas Maeterlinck/BELGA