Das Flüchtlingslager von Zaatari zählt zu den größten Flüchtlingslagern der Welt. Inzwischen ist das Lager eine kleine Stadt geworden. Es gibt Straßen, Häuser, Schulen, Supermärkte. Und insgesamt 80.000 Einwohner. Menschen, die vor dem Krieg in ihrer Heimat Syrien geflohen sind. Zelte gibt es hier kaum noch, die Flüchtlinge leben größtenteils in Containern oder zusammengeschusterten Wellblechhütten. Das Elend ist groß. Trotzdem sind die Menschen froh, weil sie hier in Sicherheit sind. Dafür sorgen der jordanische Staat und die vielen Hilfsorganisationen, darunter das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR.
"Die meisten Menschen sind aus Syrien geflohen und haben gehofft, nach ein paar Wochen wieder zurück nach Hause zu können", sagt Nida Yassin von UNHCR. Doch dann sei das böse Erwachen gekommen. Einige seien nun seit mehr als vier Jahren in dem Camp. Und alle hätten nur einen Wunsch: Endlich in ihre Heimat zurückkehren.
30 Schulen im Flüchtlingslager
In Zaatari leben besonders viele Frauen und Kinder. Rund 20.000 besuchen eine der knapp 30 Schulen des Flüchtlingslagers. In zwei Schichten: Mädchen morgens und Jungs am Nachmittag, sagt Ghaith Aljalabneh von Unicef. Auf dem Stundenplan stehen aber nicht nur Fächer wie Arabisch und Mathe, sondern auch Psychologie. "Wir muntern die Kinder auf", sagt Lehrerin Abeer Madi. "Sie sollen endlich vergessen, was sie zu Hause im Krieg erlebt haben." Ziel sei es, an neuen Träumen zu arbeiten, an einem neuen Leben.
Aus Belgien fließen insgesamt 65 Millionen Euro für dringende Hilfsmaßnahmen in und um Syrien - das ist ein Drittel der Gesamtausgaben im Bereich Entwicklungshilfe. Zehn Millionen davon fließen nach Jordanien. Einem Land, das trotz enormer wirtschaftlicher Schwierigkeiten, vorbildliche Arbeit leiste, sagt der für Entwicklungszusammenarbeit zuständige Minister Alexander De Croo.
65 Millionen Euro von Belgien für Hilfsmaßnahmen
Belgien setzt allerdings nur bedingt auf klassische Hilfsgüter wie Nahrungsmittel. Stattdessen werden moderne Projekte gefördert - wie eine monatliche Geldausgabe an die Flüchtlinge... Mit den klassischen Reis- und Mehlsäcken helfe man den Flüchtlingen zwar kurzfristig, langfristig zerstöre man aber die lokale Wirtschaft, erklärt De Croo. Wenn man den Flüchtlingen hingegen Geld gibt, können sie Lebensmittel von Händlern und Landwirten aus der Umgebung kaufen. In den offiziellen Supermärkten des Flüchtlingslagers wird übrigens nicht bar bezahlt, sondern hochmodern per Augen-Scanner.
Mehr als 650.000 syrische Flüchtlinge im Land - das sorgt immer wieder für Spannungen mit der lokalen Bevölkerung. Es kommen außerdem kaum noch Touristen ins Land, die Arbeitslosigkeit ist hoch und die Kosten der Flüchtlingskrise drängen den finanzschwachen Staat an den Rand des Abgrunds. Außerdem spitzt sich die Wasserknappheit im Land durch den von Flüchtlingen bedingten Bevölkerungsanstieg zu.
Auch die Angst vor radikal-islamischen Extremisten wächst in Jordanien. Nach mehreren Zwischenfällen ist die Grenze zu Syrien im Sommer geschlossen worden. Die Folge: Bis zu 70.000 Menschen sitzen in einer Art Niemandsland zwischen Syrien und Jordanien fest. Eine weitere Herausforderung für das ohnehin schon schwer getroffene Land...
Alain Kniebs - Bild: Benoit Doppagne/BELGA