Wie viel Sparpotenzial bei den Zuschlägen tatsächlich vorhanden ist, weiß Luc Van Gorp, der Chef der Christlichen Krankenkasse, selbst nicht so recht. Es ist mehr ein Wutschrei, den er da loslässt, um auf das Problem aufmerksam zu machen und eine öffentliche Debatte zu provozieren.
Die Tarifstruktur der Fachärzte sei jedenfalls so intransparent, dass niemand mehr den Durchblick habe. Mit Zuschlägen und Sonderleistungen würden sich einige Fachärzte dumm und dämlich verdienen, sagt Van Gorp. Nicht, dass er es den "Halbgöttern in Weiß" nicht gönnen würde, aber viele Krankenpfleger in Belgien seien gleichzeitig unterbezahlt - und das sei total ungerecht.
Sogar unter Fachärzten gebe es große Unterschiede. Kinderärzte und Onkologen, also Krebs-Spezialisten, würden "nur" 150.000 Euro brutto im Jahr verdienen. Während Nephrologen, also Fachärzte für Nieren, locker 600.000 Euro und mehr im Jahr verdienten.
Viel Sparpotenzial
Würde man die Gehälter angleichen und das System etwas gerechter machen, es bestünde viel Sparpotenzial, sagt Van Gorp. Bislang hätten aber weder die Krankenkassen noch die Politik den Mut gehabt, das Problem zu thematisieren. Deswegen prescht die Christliche Krankenkasse also jetzt vor.
Die Fachärzte halten sich bisher verständlicherweise zurück. Einer hat sich allerdings zu Wort gemeldet, ein Neurochirurg aus Antwerpen. Guido Dua hatte bereits vor ein paar Jahren schon mal sein Gehalt genannt: 250.000 Euro brutto im Jahr. "Nicht zu wenig, aber auch nicht zu viel", hatte er damals erklärt und auch am Donnerstag lieferte er im VRT-Radio wieder Argumente, um sein hohes Einkommen zu rechtfertigen: Erstmal sei er ein Spezialist und habe sich eine Fachkenntnis angeeignet. Er habe bis 32 studiert und sei dann mit 25.000 Euro Schulden ins Berufsleben gestartet. Außerdem müsse er sich als Neurochirurg ständig weiterbilden und an teuren Studienreisen teilnehmen, so Dua.
An den riesigen Besoldungsunterschieden zwischen Fachmedizinern könne man sicherlich etwas tun. Den Vergleich zwischen Entlohnung Facharzt und Krankenpfleger will Dua dagegen nicht stehen lassen. Er spielt den Ball zurück an den Chef der christlichen Krankenkasse. Van Gorp verdiene schließlich auch mehr als seine Sekretärin.
De Block will mehr Transparenz schaffen
Gesundheitsministerin Maggie De Block findet es gut, dass die Debatte zu den undurchsichtigen Tarifen und Gehältern der Ärzte angestoßen wurde. Falls man als Patient den Eindruck habe, dass der Facharzt ein viel zu hohes Honorar verlange, solle man das immer bei der Krankenkasse melden. Nur so könne man Problemfälle lösen, sagt Maggie De Block.
Auf der anderen Seite warnt sie aber davor, sich von den Beträgen blenden zu lassen. Das sind alles Brutto-Einkommen, sagt sie. Und: Die Fachärzte müssen einen nicht unbeträchtlichen Teil der Einnahmen an ihr Krankenhaus abgeben. Da ist vieles sehr undurchsichtig. Da will die Ministerin mehr Transparenz schaffen. Ihr Kabinett arbeitet zur Zeit an einem System, mit dem deutlicher werden soll, wie viel Ärzte verdienen und welchen Anteil davon sie an das Krankenhaus abtreten müssen. Außerdem will De Block, dass Hausärzte besser verdienen. Auch in diese Richtung seien bereits Schritte unternommen worden.
Alain Kniebs - Illustrationsbild: Adam Ihse (afp)