Bei den letzten Gemeinderatswahlen im Jahr 2012 hatte die SP.A ein Viertel ihrer Wähler in den Kommunen verloren. Und von diesem Debakel haben sich die Sozialisten auf lokaler Ebene wohl nicht erholt. Im Gegenteil: Die Spannungen haben zugenommen. Die Großstädte waren früher einmal die Hochburgen der SP.A: Antwerpen, Hasselt, Gent, Brügge, Löwen.
Doch nach und nach fallen diese Machtausübungsorte wie kleine Dominosteine um. In erster Linie sind es Personalprobleme, die die Partei plagen. Zu viele alte Gesichter, zu wenig frisches Blut. Die Spitzenkräfte Johan Vande Lanotte in Ostende, Daniel Termont in Gent, Louis Tobback in Löwen, Vater und Tochter Claes in Hasselt sind seit einer gefühlten Ewigkeit im Amt.
Alles erfolgreiche Stimmenkanonen, die aber kaum jemand neben sich geduldet haben. Das heißt: Zwei Jahre vor der nächsten Wahl hat die Partei ein mächtiges Nachwuchsproblem. Und solche Skandale wie aktuell in Hasselt oder der Ärger von Gents Bürgermeister wegen möglicher Verstrickungen in die Pleite der Optima-Bank helfen da nicht wirklich weiter.
Dazu der lange Konflikt an der Parteispitze zwischen John Crombez und Bruno Tobback - das alles ist schädlich für das Image der Partei. Statt Inhalte geht es bei der SP.A seit längerem scheinbar nur noch um Pöstchen und Personalfragen. Dieser Eindruck ist tödlich für die Außenwirkung.
"Türken-Problem"
Es gibt ein weiteres Problem, das Problem eigentlich alle Parteien haben, die unter ihren Wählern Menschen mit Migrationshintergrund haben. Die türkische Gemeinschaft in Belgien ist nach dem gescheiterten Putsch in Ankara ja in zwei Lager gespalten: die Erdogan- und die Gülen-Anhänger.
Weil ein SP.A-Politiker aus Limburg aber zu heftige Positionen vertrat, die absolut nicht im Einklang mit den Werten der Partei waren, wurde er kurzerhand aus der Partei geworfen. Und das sorgt seit Wochen für weitere Rücktritte. Das könnte die SP.A gerade in Einwanderungsvierteln in den limburgischen Städten viele Stimmen kosten.
Alle Beobachter sind sich einig: Der Rauswurf war erforderlich, aber er hat natürlich schwere Folgen für die SP.A. Und in der Haut von deren Parteichef John Crombez will in diesen schwierigen Zeiten wohl niemand stecken.
Alain Kniebs - Bild: Nicolas Maeterlinck/Belga