Seit Donnerstag hingen plötzlich dunkle Wolken über Caterpillar-Gosselies. Die Direktion hatte kurzfristig eine außerordentliche Sitzung des Betriebsrates angekündigt, die also keine 24 Stunden später stattfinden sollte.
Und am Freitag um 9 Uhr entlud sich dann ein Gewitter, das so mancher in dieser Heftigkeit nicht erwartet hatte. Caterpillar-Gosselies, wo derzeit 2.200 Mitarbeiter beschäftigt sind, macht dicht. Im April 2017 sollen die letzten Baumaschinen in Gosselies vom Band rollen.
Kaum hatte die Direktion des US-Baumaschinenherstellers die Information bekannt gemacht, da verließen die Arbeitnehmervertreter auch schon den Sitzungssaal. Und gleich im Anschluss blockierten Gewerkschafter die Produktionsniederlassung und besetzten Maschinen. Die Lage vor Ort ist sehr angespannt.
Schwächelnde Nachfrage für Baumaschinen
Die Geschäftsleitung begründet den drastischen Schritt mit der nach wie vor schwächelnden Nachfrage für Baumaschinen in Europa. Der weltweit operierende Konzern schreibe seit vier Jahren Verlust, heißt es von Seiten der Caterpillar-Direktion. Daher sei man gezwungen, Kosten zu senken.
Die Entscheidung sei auf Gosselies gefallen, weil es hier die größte Überkapazität gebe und die übrige Produktion an anderen Standorten günstiger zu realisieren sei. Die Produktion werde teilweise ins französische Grenoble, aber vor allem in Länder außerhalb Europas verlagert.
Gewerkschaft: Versprechen gebrochen
Erst 2013-2014 hatte die Geschäftsleitung schon einen ersten Umstrukturierungsplan in dem Werk durchgesetzt. Damals verloren über 1.300 Mitarbeiter ihren Job. Für das verbleibende Personal galten darüber hinaus verschärfte Arbeitsbedingungen. Das alles verbunden mit dem Versprechen der Direktion, dass man damit die Zukunft des Standortes langfristig sichern wollte.
"Die Mitarbeiter haben nach diesem Strohhalm gegriffen und Opfer gebracht", sagt Thierry Bodson, der Chef des wallonischen Flügels der sozialistischen Gewerkschaft FGTB. "Und jetzt müssen wir feststellen, dass das Versprechen gerade mal drei Jahre gehalten hat. Das ist ein Dolchstoß."
"Wir wurden ausgepresst wie die Zitronen, wir haben Stunden gekloppt ohne Ende. Auch die Zeiten von Kurzarbeit, wo die Leute weniger verdienten, haben wir ohne zu murren hingenommen. Und jetzt das", sagt eine Arbeiterin.
Magnette: "Das ist ein Skandal"
Der wallonische Ministerpräsident und Bürgermeister von Charleroi, Paul Magnette, hat mit großer Bestürzung auf die Schließung von Caterpillar reagiert. Magnette wird so bald wie möglich mit Vertretern der Gewerkschaften zusammentreffen. Außerdem stehen Beratungen mit Premierminister Charles Michel und dem föderalen Wirtschaftsminister Kris Peeters an.
Magnette bezeichnete die Schließung von Caterpillar als Skandal und wies auf die großen Anstrengungen hin, die die Arbeiter nach der Umstrukturierung in den letzten Jahren geleistet hätten.
Der MR-Vorsitzende Olivier Chastel sprach von einem "schwarzen Freitag" für Charleroi. Er rief zu Solidarität mit den Mitarbeitern auf, die ihre Stelle verlieren werden.
Hintergrund: Caterpillar in Gosselies
1965 hatte Caterpillar angekündigt, sich in der Region Charleroi niederzulassen - damals ein Silberstreif am düsteren Himmel des Pays Noir, wo zu der Zeit eine Kohlezeche nach der anderen dicht machte. 1968 wurde das Werk eröffnet. Caterpillar-Gosselies war lange Zeit sogar der Europa-Hauptsitz von Caterpillar. In den letzten Jahren geriet der US-Baumaschinenhersteller aber zunehmend ins Wanken. Weltweit begann die Nachfrage zu schwächeln, wohl auch eine Folge der allgemeinen Wirtschaftskrise.
Vor drei Jahren wollte man sich dann eben neu aufstellen. In Gosselies wurde etwa ein neuer, schadstoffarmer Motor produziert, der speziell für den europäischen Markt mit seinen strengen Abgasnormen bestimmt war. Doch hat Caterpillar diese Kurve nach wie vor nicht gekriegt, und Gosselies wird jetzt auf diesem Altar geopfert.
Was bleibt, ist ein Scherbenhaufen. An dem Werk im Hennegau hängen ja auch nochmal hunderte Jobs in Zulieferbetrieben - eine neue kalte Dusche für die Region, der es ohnehin schon ziemlich dreckig geht. Wenn es auch nie einen günstigen Zeitpunkt für eine solche Entscheidung geben kann, unglücklicher hätte das Timing dennoch nicht sein können. Ausgerechnet am Freitag beginnen nämlich auch die Feiern zum 350-jährigen Bestehen der Stadt Charleroi.
belga/rtbf/est/rop/okr - Bild: Virginie Lefour/BELGA