"Und er versucht's doch schon wieder", wird sich wohl der eine oder andere gedacht haben. Ja! Johan Van Overtveldt startet wieder einen neuen Vorstoß, um die Körperschaftssteuer zu senken. Dazu ließ man erstmal am Morgen einen Testballon in den Medien starten: Gleich vier Zeitungen brachten "exklusiv" die neuen Pläne des Finanzministers, was dann doch eher wie eine einstudierte Choreographie, denn wie eine exklusiv recherchierte Story aussah.
Die Quintessenz zunächst in zwei Zahlen: Dem Finanzminister schwebt vor, die Körperschaftssteuer von derzeit 33 Prozent auf 20 Prozent zu senken - und das würde dann für alle Betriebe gelten, ob groß oder klein. Im Klartext würde das also heißen: Alle Unternehmen zahlen weniger Steuern.
Damit verbunden wäre dann aber zugleich, dass allerlei Abzugsmöglichkeiten wegfallen würden, angefangen bei den umstrittenen Fiktivzinsen, oder auch den noch umstritteneren Steuerdeals mit Großunternehmen.
Van Overtveldt erklärte das in der VRT so: Diese staatlich organisierten Steuervorteile seien inzwischen ohnehin im Fadenkreuz der EU-Kommission. Um da Problemen aus dem Weg zu gehen, sei also eine Vereinfachung nötig, nach dem Motto: Wir senken den Basistarif und damit sind wir dann nicht mehr verpflichtet, Unternehmen quasi durch die Hintertür über Steuervorteile anzulocken. Das sei auch eine Frage der Gerechtigkeit, sagt Van Overtveldt: Es sei doch besser, alle zahlten weniger, als dass die Großen sich alleine die Rosinen herauspickten.
Allerdings gibt es da einen Haken: Bei der derzeitigen Haushaltslage gibt's kein Vertun: Was man mit der einen Hand gibt, muss man sich mit der anderen wieder zurückholen. "Gegenfinanzierung", nennt man das. Laut Het Laatste Nieuws und L'Echo würde Van Overtveldt seine Reform finanzieren, indem er die Quellensteuer anhebt, also die Abgabe auf gewisse Kapitalrenditen. Die würde also im Gegenzug von jetzt 27 Prozent auf 30 Prozent angehoben.
Kaum stand diese Idee im Raum, da gingen aber die flämischen Sozialisten schon an die Decke: Ach so? Die Steuern auf Firmengewinne werden gesenkt, die Steuern fürs Spargeld angehoben... Das könnte dem Herrn Van Overtveldt natürlich so passen, tobte SP.A-Chef John Crombez in der VRT. Die Unternehmen kriegen mal wieder ein Geschenk und wer darf's - mal wieder - bezahlen: die Allgemeinheit! "Der Herr Van Overtveldt hat wohl die Hitze nicht gut vertragen", redet sich Crombez weiter in Rage. "Unglaublich!"...
"Gemach, gemach!", reagiert aber der Mann, dem da gerade der Sonnenstich unterstellt wird. Er habe ja nicht gesagt, dass die Quellensteuer auf sämtliche Kapitalrenditen erhöht werden müsse. Also, er habe da nicht die Sparbücher oder Obligationen im Blick; denkbar wäre vielmehr, dass man die Abgaben auf Dividenden anhebt, also - grob gesagt - Steuern auf Gewinnausschüttungen an Aktionäre. Andere Bereiche, die die Quellensteuer betreffen, die könne man da durchaus ausklammern.
Doch auch das kann die sozialistische Opposition nicht wieder von der Palme runterholen. Van Overtveldt mache hier doch nur wieder das, was er ohnehin am besten könne: Er produziere neue Haushaltslöcher, wetterte SP.A-Chef John Crombez. Der Tax-Shift sei schon um fünf Milliarden unterfinanziert und die angedachte Senkung der Unternehmenssteuer würde wohl nochmal ein ähnliches Loch in die Kasse reißen. So oder so: Am Ende zahlt der Kleine Mann die Zeche, so das rote Fazit...
Naja, noch sind's ja ungelegte Eier. Doch kommt der Vorschlag von Van Overtveldt nicht zufällig gerade jetzt aufs Tapet. Hinter den Kulissen ist die Regierung längst mit dem Haushalt beschäftigt. Die Koalition hat eigentlich versprochen, den Haushalt bis 2018 ins Gleichgewicht zu bringen. Bleibt's dabei, dann müssen 2,4 Milliarden Euro gefunden werden. Das allerdings wird ein Kraftakt; einige Parteien, angefangen bei MR und CD&V, plädieren da inzwischen für einen Aufschub auf 2019. Mit dem Vorschlag einer neuen Steuerreform will die N-VA da also möglicherweise die Verhandlungsmasse vergrößern und damit den Druck auf die Partner erhöhen.
Kein Zweifel: die politische Sommerpause, die ist zu Ende...
Roger Pint - Bild: Nicolas Maeterlinck/Belga