"Es bleibt bei Terrorwarnstufe drei auf einer Skala bis vier", sagte Premierminister Charles Michel. Niveau drei allgemein, ein Niveau 2+ für die Polizeidienste. Heißt: zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen für die Beamten und die Kommissariate. Welche Sicherheitsvorkehrungen das genau sein werden, das wurde freilich nicht bekanntgegeben.
Der föderale Regierungschef wies bei der Gelegenheit die Kritik der Polizeigewerkschaften zurück. Die liberale SLFP hatte der Regierung vorgeworfen, die Bedrohungslage für die Polizeidienste falsch eingeschätzt zu haben. "Dass man Niveau 2 für die Polizeidienste beibehalte, das war und das ist nach wie unverständlich", sagte Jean-Christophe Daems von der sozialistischen Gewerkschaft CGSP.
Premier Michel verweist in diesem Zusammenhang auf den Anti-Terrorstab OCAM, der die Analyse der Bedrohungslage unabhängig durchführe. Michel plädierte für einen Dialog zwischen OCAM und Polizeigewerkschaften, damit die Sicherheitsexperten den Beamten ihre Logik darlegen könnten. Eins sei aber klar: Es habe auch jetzt schon besondere Vorsichtsmaßnahmen gegeben. Man habe doch nicht erst eine solche Tragödie abgewartet, um zu reagieren.
"Wir werden jetzt den Dialog mit den Polizeigewerkschaften suchen", versprach Charles Michel und betonte nachdrücklich, dass die Regierung die Sorgen und Nöte der Polizeidienste ernst nehme. Man habe auch schon damit begonnen, zusätzliche Beamte einzustellen, nur brauche das eben ein bisschen Zeit. "Wir stehen voll und ganz hinter unserer Polizei", sagte Michel.
"Wir sind in Gedanken bei den verletzten Polizistinnen"
Am Samstagnachmittag hatte ein Mann in Charleroi zwei Polizistinnen angegriffen. Beide standen Wache an der Zugangsschleuse, die vor dem örtlichen Polizeikommissariat eingerichtet wurde. Als dort ein Mann vorstellig wurde, der einen Rucksack trug, wurde er gebeten, diesen zu öffnen. Dabei holte er eine Machete hervor und begann gleich, damit auf die Polizistinnen einzuschlagen. Eine der beiden wurde mit voller Wucht im Gesicht getroffen. Auch die zweite Beamtin wurde verletzt. Eine dritte Polizistin eilte herbei und eröffnete das Feuer auf den Angreifer. Er erlag später seinen Verletzungen.
Die beiden verletzten Polizistinnen, die seit 15 Jahren im Dienst sind, schweben nicht in Lebensgefahr; sie werden aber wohl auf immer gezeichnet bleiben. Beide Beamtinnen befinden sich derweil nach wie vor in einem künstlichen Koma. Die Frau, die im Gesicht verletzt wurde, habe sich bereits einer plastischen Operation unterziehen müssen, sagte David Quinaux, Sprecher der Polizei Charleroi. Die andere Polizistin müsse sich erneut einem Eingriff unterziehen, da ein Nerv verletzt worden sei.
Im Namen der Regierung hob Premier Michel nochmal den Mut und die Professionalität der Beamtinnen hervor. "Wir sind in Gedanken bei den verletzten Polizistinnen", sagte Michel.
Identität des Täters bekannt - IS bekennt sich
Die Motive des Täters sind noch unklar. Fakt ist, dass er nach übereinstimmenden Zeugenaussagen "Allahu akbar" gerufen haben soll, "Allah ist groß". Schon am Samstagabend hatte die Föderale Staatsanwaltschaft die Ermittlungen übernommen. Sie ist zuständig, sobald es um Terrorismus geht. Der Premier bestätigte, dass die Ermittlungen seit Beginn von einem terroristischen Hintergrund ausgingen.
Nach Angaben der Föderalen Staatsanwaltschaft soll es sich bei dem Täter um einen Algerier handeln, der seit 2012 im Land lebt. Er sei vorbestraft, aber nicht terrorverdächtig gewesen. In seinem Rucksack hätten sich keine weiteren Waffen befunden und auch kein Sprengstoff. Die föderale Staatsanwaltschaft kündigte an, vorerst keine weiteren Einzelheiten mitzuteilen.
Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat sich inzwischen zu der Macheten-Attacke bekannt. Der Mann sei einer ihrer "Soldaten" gewesen.
"Wir behalten einen kühlen Kopf", sagte Michel. "Wir bleiben aber auch wachsam. Wir wissen, dass wir mit einer neuen Herausforderung konfrontiert sind." Und Belgien stelle da leider keine Ausnahme dar...
rop/fs - Bild: Fred Dubois/BELGA