Lisette Immerechts aus Brüssel ist Diabetes-Patientin. Um ihren Blutzuckerspiegel im Gleichgewicht zu halten, ist die Rentnerin bereits seit Jahrzehnten auf Insulin angewiesen. Vier Mal am Tag muss sie sich eine Spritze in den Bauch setzen. Vermutlich bis zu ihrem Lebensende.
Die Brüsselerin leidet an Diabetes Typ 1, eine vergleichsweise seltene Autoimmunkrankheit. Die Allermeisten leiden aber an der anderen Diabetes-Form. Typ 2 ist eine Stoffwechselerkrankung, häufig ausgelöst durch Übergewicht. Mittlerweile sind mehr als 500.000 Belgier betroffen, darunter auch immer mehr Kinder. Oft mangelt es schon im jüngsten Alter ab Bewegung. Hinzu kommt eine ungesunde Ernährung - zu viel Fett, zu viel Zucker, zu viele Kohlenhydrate.
Fettleibigkeit ist aber nicht der einzige Auslöser. Forscher der Universität Löwen haben kürzlich herausgefunden, dass Diabetes Typ 2 auch die Folge eines genetischen Defekts sein kann. Nämlich von schwachen Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse. Die produzieren zu wenig Insulin, was dann zur Blutzuckererkrankung führt. Bislang dachte man, dass Diabetes Typ 2 ausschließlich auf ungesunde Ernährung zurückzuführen war, sagt Adrian Liston vom Forscher-Team der Uni Löwen. Labortests hätten aber gezeigt, dass Mäuse mit schwachen Beta-Zellen ebenfalls Diabetes entwickeln können.
Das sei jetzt aber kein Freifahrtschein für schlechte Ernährung, fügt Dean Franckaert hinzu. Fettleibigkeit und ein ungesunder Lebensstil bleiben die wichtigsten Ursachen für Typ 2-Diabetes. "Unsere Tests haben ebenfalls gezeigt, dass Mäuse mit starken Beta-Zellen Diabetes entwickeln können, wenn sie ausschließlich fettreich ernährt werden", so der Wissenschaftler der Uni Löwen.
Die Weltgesundheitsorganisation ist besorgt über die Zahl der Erkrankungen, die weltweit zunimmt. Diabetes werde in den kommenden Jahren zu immer mehr Todesfällen führen und spätestens 2030 zu den häufigsten Todesursachen gehören, so die WHO.
Beim geringsten Zweifel sollte man sich daher untersuchen lassen, rät Martin Buysschaert von der belgischen Diabetes-Hilfe. Der Hausarzt könne sich bei Diabetes-Verdacht durch einfache Messung des Blutzuckerspiegels rasch einen ersten Eindruck verschaffen.
Alain Kniebs - Illustrationsbild: Anthony Delhez/BELGA