Der Ice-Bucket-Challenge war vor zwei Jahren das Sommerlochthema Nummer eins. Und Kritiker waren der Ansicht, dass es sich wohl unterm Strich darauf beschränken werde: ein bloßer Internet-Hype, wie es deren viele gibt.
Jetzt zeigt sich: Die Aktion hat durchaus was bewegt. 200 Millionen Euro an Spenden hatte der Ice-Bucket-Challenge erbracht. Immerhin 310.000 Euro kamen allein in Belgien zusammen.
Dieses Geld ging integral an das Projekt MinE. Das besteht im Wesentlichen darin, dass Genmaterial verglichen wird, sagte Professor Philip Van Damme, Neurologe an der Universität Löwen. Auf der einen Seite nimmt man die DNA von ALS-Patienten, auf der anderen Seite das Genmaterial von gesunden Menschen. Und dann schaut man, inwieweit sich die Befunde unterscheiden, um das Gen zu ermitteln, das die Krankheit auslöst.
ALS, das steht für Amyotrophe Lateralsklerose. Die Krankheit befällt das motorische Nervensystem. Die Nerven, die die Muskeln steuern, sterben ab. Der Patient verliert also mit der Zeit die Kontrolle über seine Muskeln.
ALS ist nicht heilbar und endet tödlich. So selten ist die Krankheit nicht. Im Durchschnitt einer von 400 Menschen läuft Gefahr, in seinem Leben irgendwann an ALS zu erkranken. Nur in einem von zehn Fällen ist die Krankheit ganz klar erblich bedingt, steckt sie also in gewisser Weise in der Familie. Bei den übrigen 90 Prozent wusste man bis vor Kurzem nicht, wo die Ursache für die Erkrankung lag.
Das war vor zwei Jahren. Und genau hier ist jetzt ein erster Durchbruch gelungen. Durch den Vergleich des Genmaterials von ALS-Patienten und gesunden Menschen konnten zwei Gene identifiziert werden. Abweichungen in diesen Genen können den Ausbruch von ALS begünstigen.
Vor allem eines dieser Gene kannten die Forscher bislang nicht: NEK-1, so heißt der Übeltäter, im wahrsten Sinne des Wortes. Und die Identifizierung dieses Faktors ist ein erster, wichtiger Schritt. Jetzt müssen wir versuchen, zu verstehen, wie die Krankheit entsteht, sagt Professor Van Damme: "Jetzt müssen wir schauen, wie beide Gene interagieren, welche 'Konstellation' die Krankheit auslöst."
Und erst, wenn man diese Prozesse verstanden hat, kann man sich der dritten Stufe widmen, nämlich der Frage, wie man die Krankheit dann wirklich bekämpfen kann. Soweit ist man aber noch nicht. Vielleicht sollten bald nochmal Menschen damit anfangen, sich Eiswasser über den Kopf zu gießen.
Roger Pint - Bild: Kristof Van Accom (belga)