In Brüssel am Hauptgebäude der Steuerverwaltung stehen sich viele Menschen im wahrsten Sinne des Wortes die Beine in den Bauch. In aller Herrgottsfrühe sind sie aufgestanden. Um 4:20 Uhr waren die ersten da, andere gegen fünf. "Und da stand hier schon eine Schlange", sagt eine Frau.
"Gibt es da was umsonst?", mag man sich da fragen, "habe ich irgendwas verpasst?" Nein - nichts gibt es umsonst, eigentlich im Gegenteil: Die Menschen stehen nämlich Schlange, um zu bezahlen. Genau gesagt stehen diese Leute vor dem Zentralgebäude der Steuerverwaltung in Brüssel an, der sogenannten Tour des Finances, gegenüber dem Kulturzentrum "Botanique". Sie alle brauchen Hilfe beim Ausfüllen ihrer Steuererklärung. "Ich kann das Dokument sicher nicht alleine ausfüllen", sagt ein Mann in der RTBF, "das ist einfach zu kompliziert."
Um 5:00 Uhr muss man da sein
Viele Belgier sind in seinem Fall. Zu viele eben, und deswegen stellen sich die Menschen auch so früh in die Warteschlange. "Eigentlich macht die Dienststelle erst um 8:45 Uhr auf", sagt eine der Wartenden, "wenn man aber hier nicht um spätestens 5:00 Uhr ankommt, dann steht die Schlange schon 'bis dahinten.'"
'Bis dahinten' das ist verdammt lang, in den letzten Tagen mussten viele aufgeben und unverrichteter Dinge wieder gehen. "Drei Mal waren wir schon hier", sagt ein Mann, "und da haben wir festgestellt: Wer sich um 8:00 oder 9:00 Uhr anstellt, der hat keine Chance, an die Reihe zu kommen."
Ein anderer bestätigt: Zwei Mal schon habe er hier in der Schlange gestanden. Zwei Mal vergeblich Es seien zu viele Leute da gewesen und er sei nicht mehr an die Reihe gekommen. Deswegen sei er jetzt eben um 4:00 Uhr aufgestanden und zu Fuß zum Steueramt gekommen; um die Zeit fährt ja noch kein Bus und keine Bahn.
Fristverlängerung in Ostbelgien
Also, zusammengefasst: Wer sich in Brüssel nicht vier Stunden vor der Öffnung der Dienststelle in die Schlange stellt, der braucht erst gar nicht zu kommen. Und Brüssel steht da nur stellvertretend für viele andere Steuerämter, die gerade jetzt buchstäblich überrannt werden.
Denn nicht vergessen: Heute (Donnerstag) ist Deadline, Zapfenstreich, Schluss: Spätestens Donnerstagabend müssen die Steuererklärungen, die auf Papier eingereicht werden, beim Amt sein.
Nur ist Ostbelgien gibt es eine Fristverlängerung, und das bis zum 8. Juli: Das gilt aber nur für Vordrucke auf Deutsch, die ja wegen Verzögerungen aufgrund der Übersetzung zu spät bei den Steuerpflichtigen angekommen sind.
rp/est - Foto: Siska Gremmelprez/BELGA