"Brexit", titelt De Morgen. "Noch eine Woche Bangen", schreibt Le Soir. "Die Angst vor der ungewollten Scheidung", liest man im GrenzEcho. Sieben Tage vor der entscheidenden Abstimmung in Großbritannien blicken die Zeitungen mit Sorge nach London. Derzeit haben die Befürworter des Austritts aus der Europäischen Union auf der Insel laut Umfragen die Nase vorn.
Daran ist der britische Premier David Cameron nicht ganz unschuldig, meint Le Soir. Mit der Drohkulisse, die er und Finanzminister George Osborne aufgebaut haben, haben sie den Bogen möglicherweise überspannt. Ihre Warnungen vor den unvorhersehbaren Folgen und einem Zusammenbruch der britischen Wirtschaft klingen für viele noch Unentschlossene wie ein Erpressungsversuch und treibt sie erst recht in die Arme der Brexit-Befürworter.
De Morgen meint: In der Brexit-Debatte geht es schon lange nicht mehr um Fakten. Emotionen beherrschen die Diskussionen seit Wochen. Die Europagegner schüren die zum Teil unbegründete Angst vor Zuwanderern und das Gefühl, von Brüssel aus fremdregiert zu werden. Die Zeitung hält außerdem fest, dass die britische Regierung das Feuer selbst gelegt hat. Durch ihre scheinheiligen Angriffe auf EU-Entscheidungen, die sie selber mitgetroffen hat, und das Wahlversprechen, ein Referendum abzuhalten, hat sich Cameron selbst in Teufels Küche gebracht.
"Ein Brexit würde Belgien wehtun", prophezeit ebenfalls De Morgen. Auf mehr als zwei Milliarden Euro wird der Verlust für die belgische Wirtschaft im Falle eines Austritts Großbritanniens aus der EU geschätzt. "Wir müssen uns auf schwere Zeiten einstellen", erklärt Wirtschaftsminister Kris Peeters. Neben Belgien, das enge Beziehungen zum Vereinigten Königreich unterhält, würden auch besonders die Niederlande und Irland von einem Brexit betroffen sein.
Terrorangst: Alles und jeder ist verdächtig
"Jeden Tag ein neues mögliches Ziel", titelt Het Nieuwsblad. "Weitverbreitetes Angstklima", bemerkt De Standaard. Nach dem Blutbad von Orlando und den Polizistenmorden nahe Paris wächst die Furcht vor weiteren Terroranschlägen, insbesondere durch Einzeltäter.
Eine Versicherungsgesellschaft in Brüssel hat ihren Angestellten sogar geraten, während der Mittagspause nicht mehr auf die Straße zu gehen, berichtet Het Laatste Nieuws. Wie blank die Nerven liegen, zeigt auch ein internes Dokument der Polizei, in dem mögliche Anschlagsziele in der Hauptstadt aufgelistet werden. Neben Einkaufszentren, Fastfoodketten und Polizeiwachen sollen nun auch Schwulenbars im Visier der Islamisten sein.
Für L'Avenir ist derzeit alles und jeder verdächtig. Doch wie sollen die Sicherheitsbehörden es schaffen, aus der Flut von Hinweisen die ernstzunehmenden herauszufiltern – gerade vor dem Hintergrund des Phänomens der sogenannten einsamen Wölfe?
Het Nieuwsblad fügt hinzu: In Belgien leben elf Millionen potentielle Anschlagsziele. Es wird uns nichts anderes übrigbleiben, als diese Tatsache zu akzeptieren und im Vorfeld so viele Bedrohungen wie möglich auszuschalten.
Brüsseler Fußgängerzone
La Libre Belgique befasst sich mit der nicht enden wollenden Saga um die Brüsseler Fußgängerzone. Nach heftigen Protesten will der Bürgermeister jetzt doch einlenken und die Größe der autofreien Zone verringern – oder, wie Yvan Mayeur es formuliert, "überdenken". Na also, geht doch, freut sich das Blatt. Die Fußgängerzone ist prinzipiell eine gute Idee, ihre Umsetzung war aber eine Katastrophe. Schade, dass es ein Jahr gedauert hat, bis auch Bürgermeister Mayeur zu dieser Einsicht gelangt ist.
Sanktionen, Isolation, Ächtung – und nun Olympia-Ausschluss?
Het Laatste Nieuws kommt zurück auf die gewalttätigen russischen Hooligans bei der EM in Frankreich. Moskau leidet unter den westlichen Sanktionen, der internationalen Isolation und allgemeiner moralischer Ächtung. Doch die russische Seele und der Nationalstolz bleiben davon unberührt, angefeuert durch Putins Propagandamaschine. Russen lassen sich weder durch besoffene englische Fußballfans, noch durch nüchterne Präsidenten in Washington oder Paris die Leviten lesen.
Sollte der russische Leichtathletikverband jetzt wegen systematischen Dopings von den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro ausgeschlossen werden, dann könnte das der berühmte Tropfen zu viel sein. Dann kann sich Toulouse, wo das nächste Russland-Spiel stattfindet, schon mal auf eine heiße Nacht einstellen.
Mehr Senioren – mehr Kosten
L'Avenir befasst sich mit der wachsenden Zahl von Rentnern im Land. Bis 2050 soll es 1,5 Millionen Senioren mehr als jetzt geben. Besonders in Flandern wird die Alterung der Gesellschaft zu spüren sein: Bereits in zehn Jahren wird es mehr Senioren als Jugendliche geben. Das bedeutet nicht nur erhöhte Ausgaben für die Sozialsysteme, auch auf die Kommunen kommen mehr Belastungen zu. Einerseits bringen Rentner weniger Steuereinnahmen, andererseits steigen die Kosten für seniorengerechte Infrastruktur.
Alain Kniebs - Foto: Chris J. Ratcliffe/AFP