"Belgien 0, Italien 2 - Drama!", titelt Gazet van Antwerpen. "Fehlstart", schreibt De Morgen. Für La Dernière Heure war es eine "kalte Dusche". "Italienische Ohrfeige", meint La Libre Belgique. "Die Zähne ausgebissen", schreibt das GrenzEcho. "Was jetzt?", fragt Het Nieuwsblad in Großbuchstaben auf seiner Titelseite Nationaltrainer Marc Wilmots.
Die Roten Teufel sind gestern Abend mit einer bitteren Niederlage in die Fußball-Europameisterschaft gestartet. Dazu meint La Dernière Heure: Rein rechnerisch ist die Schlappe noch nicht dramatisch, nach nur einem Spiel ist noch alles drin. Der zweite Gruppenplatz wäre sogar von Vorteil angesichts der möglichen Achtelfinal-Gegner. Was der Zeitung aber große Sorgen bereitet, ist der Spielstil: Wenn die Roten Teufel sich weiter so präsentieren wie gestern Abend, dann werden sie schnell die Heimreise antreten müssen.
Genauso sieht es Het Nieuwsblad und nimmt Trainer Marc Wilmots unter Beschuss: Sowohl in der Abwehr als auch im Sturm sieht das Blatt klaffende Defizite und macht dafür die Taktik des Trainers mitverantwortlich. Weitere Schwachstellen: Die Angriffe sind zu schwach, viele Pässe kommen nicht an und das Spiel ist generell zu langsam.
Noch ist die Hoffnung für die Roten Teufel nicht verloren
"Was für ein verkorkster Start", wettert Het Laatste Nieuws und spart nicht mit Kritik. Die Squadra Azzurra hat wie ein Team gespielt, die Roten Teufel nicht. Die Squadra war effizient, unsere Jungs nicht. Wie kann es sein, dass eine Mannschaft mit soviel Talent gegen ein auf dem Papier qualitativ unterlegenes Team so hoch verliert? "Was für eine Enttäuschung!", so das ernüchternde Fazit der Zeitung.
Le Soir hält fest: Was immer weniger Belgien-Fans begreifen, ist die Diskrepanz zwischen dem Potential der Roten Teufel und ihrer Leistung. Auch wenn es dumm war, das Team im Vorfeld schon sicher im Finale gesehen zu haben, wäre es jetzt genauso dumm, nach nur einem - zugegebenermaßen schlechten - Spiel die Flinte ins Korn zu werfen. Das gilt auch für Spielmacher Kevin De Bruyne, der gestern nicht gerade glänzte. Torwart Thibaut Courtois hat die Lage nach dem Spiel richtig eingeschätzt: Italien war uns taktisch überlegen. Diese Einsicht hätte das Blatt sich auch von Marc Wilmots gewünscht...
An mangelnder Unterstützung der Fans kann die Niederlage jedenfalls nicht gelegen haben. Überall in Belgien haben Zehntausende Anhänger in schwarz-gelb-rot mitgefiebert, Blut geschwitzt und am Ende geweint. Alle Zeitungen bringen große Fotostrecken aus Fanmeilen im ganzen Land, darunter Antwerpen, Brüssel, Mons, Hasselt, Lüttich und Eupen. Nicht zu vergessen die 20.000 Belgier im Stadion von Lyon, die für beste Stimmung sorgten.
Het Nieuwsblad gibt trotz des holprigen Starts die Hoffnung noch nicht auf und erinnert daran, dass Holland 1988 sein Eröffnungsspiel ebenfalls verlor, dann aber Europameister wurde. Genauso wie Weltmeister Spanien 2010.
Orlando-Amokschütze: IS-Terrorist oder Trittbrettfahrer?
Viele Zeitungen kommen auf den verheerenden Anschlag von Orlando zurück. L'Avenir fragt sich, ob der schwulenfeindliche Attentäter tatsächlich mit der Terrorgruppe IS in Verbindung stand. Sollte es sich aber um einen Trittbrettfahrer handeln, um einen sogenannten "einsamen Wolf", dann ist der Kampf gegen den Terror damit schwieriger und diffuser geworden.
La Libre Belgique meint: So lange die muslimische Gemeinschaft das Massaker nicht unmissverständlich verurteilt und sich gegen die Instrumentalisierung ihrer Religion durch Fanatiker wehrt und eine Reform des Islam fordert, so lange werden die Extremisten Erfolg haben.
De Morgen stellt fest: Die USA haben jetzt das gleiche Problem wie Belgien nach den Attentaten vom 22. März - man wirft den Behörden Versagen vor. Der Attentäter war wegen seiner Gewalttätigkeit polizeibekannt. Gazet van Antwerpen bedauert, dass das Blutbad politisch ausgeschlachtet wird. Donald Trump wird jetzt eine noch stärkere Bewaffnung und Trennung der Bevölkerungsgruppen fordern.
Beileid für und Solidarität mit der LGBT-Gemeinschaft
Het Laatste Nieuws gibt zu bedenken: Auch im katholischen Belgien hat es Jahrzehnte gedauert, bis Homosexuelle als gleichberechtigt anerkannt wurden. Und diese hart erkämpften Gesetze hat jeder zu respektieren - ob gläubig oder nicht.
Wie L'Echo berichtet, kam es vielerorts in Europa zu Beileidsbekundungen, darunter in London und Brüssel, wo das historische Rathaus am Grand' Place in den Regenbogenfarben angestrahlt wurde. Le Soir ruft ebenfalls zur uneingeschränkten Solidarität mit der Schwulen-, Lesben- und Transgendergemeinschaft auf und zum Hissen der Regenbogenflagge. Toleranz und die Möglichkeit, seine Homosexualität frei leben zu können, gehören zu den Errungenschaften der westlichen Demokratien. Und für diese Grundwerte müssen wir jetzt einstehen.
Alain Kniebs - Bild: Emmanuel Dunand (afp)