"So etwas haben wir noch nie gesehen", schreibt L'Avenir auf Seite eins. "Apokalyptische Szenen", so die Schlagzeile von La Dernière Heure.
Viele Zeitungen beschäftigen sich auch heute mit den verheerenden Überschwemmungen, die das ganze Land in den letzten Tagen getroffen haben. Jetzt sind überall Aufräumarbeiten angesagt. "Ein Frühjahrsputz, auf den jeder gerne verzichtet hätte", so resümiert es Het Laatste Nieuws. Het Belang van Limburg zieht eine erste Bilanz, die allein das Einzugsgebiet der Zeitung betrifft: "240 Tonnen Schutt und Müll in der Provinz Limburg", schreibt das Blatt.
Einige Zeitungen stellen sich die Frage nach den tieferen Ursachen der außergewöhnlichen Überschwemmungen: "Die Hauptschuld trägt die Urbanisierung", glaubt L'Avenir. Seit 1985 ist die bebaute Fläche in der Wallonie um ein Viertel gewachsen. Immer größere Gebiete sind buchstäblich zubetoniert. Genau in diesem Zusammenhang schlägt Het Nieuwsblad einen Lösungsansatz vor: Jedes Haus sollte möglichst über eine Regenzisterne verfügen, um das Regenwasser eben so früh wie möglich aufzufangen. "Wenn jeder seinen Beitrag leistet, dann kann so etwas künftig vermieden werden", so fasst es das Blatt zusammen.
Optimismus tut not für die Zukunft Belgiens
Eine ganze Reihe von renommierten belgischen Unternehmern veröffentlicht derweil heute einen offenen Brief in La Libre Belgique. "Lasst uns zusammen an der Zukunft arbeiten", so der Titel der freien Tribüne. Insbesondere Vertreter von Branchenverbänden rufen darin die Politik und auch die Gewerkschaften auf, ihren Dauerkonflikt beizulegen: Man sollte den Dialog suchen, dabei aber nicht die nötigen Reformen aus den Augen verlieren. "60 Bosse lancieren einen flammenden Appell", so denn auch die Schlagzeile auf Seite eins von La Libre Belgique.
Das passiert so selten, dass man es ernst nehmen muss, mahnt das Blatt in seinem Leitartikel. Nicht vergessen: Die Unterzeichner des Briefes stehen für mindestens 250.000 Arbeitsplätze. Und die Quintessenz ihres Appells, die sollte eigentlich jeder unterschreiben können: Belgien, die Belgier, müssen an ihre Zukunft glauben, müssen aus der allgemeinen Depression ausbrechen. Natürlich ist längst nicht alles rosig, man kann aber auch nicht behaupten, dass in diesem Land nichts funktioniert. Optimismus tut not!
Bei den Sozialisten brennt der Baum
Besagte "Depression" hat inzwischen aber offensichtlich auch die frankophonen Sozialisten (PS) erfasst. "Es braut sich ein Aufstand gegen Di Rupo zusammen", so jedenfalls die Aufmachergeschichte von Le Soir. Immer mehr PS-Mitglieder sind mit der Strategie der Parteispitze nicht mehr einverstanden. Viele haben den Eindruck, dass es die PS, im Gegensatz zur kommunistischen PTB, nicht schafft, Themen zu setzen. Und das Ganze rüttele gehörig am Image des Parteichefs Elio Di Rupo.
Bei der PS brennt der Baum, konstatiert Le Soir in seinem Leitartikel. Dabei war von Anfang an klar, dass Di Rupo als scheidender Premier nur schwerlich als Oppositionsführer glaubwürdig sein konnte. Schlüsselmoment war das Fernsehinterview, bei dem Di Rupo eine Entscheidung seiner eigenen Regierung plötzlich verleugnete: Ihm blute das Herz, sagte ein pathetischer Di Rupo. Und seit diesem Tag sind viele Sozialisten davon überzeugt, dass eben dieser Di Rupo nicht die Rolle des Erneuerers übernehmen kann. Und dieses Gefühl wird stärker mit jedem Tag, an dem die Furcht vor der PTB größer wird. Inzwischen beschleicht sogar die Sozialisten die Angst, dass die lange als uneinnehmbar geltende rote Trutzburg PS ins Wanken geraten ist.
Und zu allem Überfluss leisten sich die Sozialisten gerade offen ausgetragene interne Meinungsverschiedenheiten, wie L'Avenir in seinem Leitartikel hervorhebt. Kaum hatte der wallonische Ministerpräsident Paul Magnette eine Lanze für ein bedingungsloses Grundeinkommen gebrochen, da wurde die Idee auch schon nacheinander von Laurette Onkelinx und Rudy Demotte abgeschossen. Dabei wäre eine wirkliche Debatte bestimmt nicht verkehrt, meint das Blatt. Die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens scheint jedenfalls ihren Weg zu machen.
Das "eine Prozent" und eine strauchelnde Bank
"Die Hälfte der Anteile und Obligationen in Belgien wird von einem Prozent der Bevölkerung gehalten", so die Titelstory von De Standaard. Heißt also: Es ist vor allem dieses "eine Prozent" der Reichen und Superreichen, die über Anlageprodukte verfügen. Heißt auch, meint De Standaard: Wer Superreiche über eine Steuer an der Sanierung der Staatsfinanzen beteiligen will, der weiß jetzt, wo er den Hebel ansetzen kann.
Apropos Geld: Die Optima-Bank sorgt heute für dicke Schlagzeilen: "10.000 Kunden kommen nicht mehr an ihre Konten", titelt etwa Het Laatste Nieuws. Die Nationalbank hat die besagten Konten bei der Optima-Bank gesperrt, betroffen sind rund 10.000 Kunden. Hintergrund: Optima ist in Schwierigkeiten. Die Nationalbank befürchtet einen "run on the bank", dass also alle Kunden gleichzeitig ihr Geld abheben wollen. Außerdem steht aber auch der Vorwurf im Raum, dass der Chef der Bank, Jeroen Piqueur, in den letzten Tagen versucht hat, Geld aus der Bank herauszuschleusen. Piqueur ist eine schillernde Figur der Hochfinanz in Flandern. "Jetzt steckt der Party-Banker aus Gent aber richtig in der Klemme", wie es Het Nieuwsblad formuliert. "Ich habe nichts Illegales getan", verteidigt sich Jeroen Piqueur in De Standaard und Het Nieuwsblad.
"In jedem Fall wird aber die Einlagengarantie notfalls für die Optima-Kunden aufkommen", notiert L'Echo auf Seite eins. Der Staat bürgt ja für Privatkonten bis zu einem Höchstbetrag von 100.000 Euro. Bei Optima geht es offensichtlich um einen Gesamtbetrag von um die 90 Millionen Euro.
Roger Pint - Bild: Volker Krings/BRF