"Wir stecken in der Klemme", titelt De Standaard. "Streik im Öffentlichen Dienst: Chaos vorprogrammiert", bemerkt L'Avenir. "Wallonische Streiks ohne Ende", so die Schlagzeile von Le Soir auf Seite eins.
Der belgienweite Aktionstag der Gewerkschaften im Öffentlichen Dienst wird heute vor allem bei den öffentlichen Verkehrsmitteln zu spüren sein. Die Gewerkschaften protestieren gegen die Sparmaßnahmen im Öffentlichen Dienst sowie gegen die geplante Rentenreform.
De Morgen bemerkt: Die zum Teil legitimen Sorgen werden von den wilden und durch nichts mehr zu rechtfertigen Streikaktionen der Gefängniswärter und Eisenbahner im Süden des Landes völlig überschattet. Die Zeitung spricht denn auch von "Kamikaze-Gewerkschaftern".
De Standaard fügt hinzu: Die Streikenden in den Haftanstalten und bei der SNCB sind inzwischen so radikalisiert, dass die wallonischen Gewerkschaftsdelegierten bei den Verhandlungen nicht mehr den geringsten Spielraum haben. Die Folge: Wir stecken in einer Sackgasse und die Fronten drohen weiter zu verhärten.
"Genug verhandelt"
Het Laatste Nieuws begrüßt die Entscheidung von Justizminister Koen Geens, eine Einigung im Gefängnisstreik erzielt zu haben. Vier der sechs Gewerkschaften haben das Abkommen unterzeichnet. Die frankophonen Flügel von sozialistischer und christlicher Gewerkschaft setzen ihren Protest allerdings fort. Fünf Wochen lang hat Minister Geens mit den Arbeitnehmervertretern verhandelt. Bei jeder der unzähligen Schlichtungsrunden saß er persönlich am Tisch. Fünf Wochen hat er zugehört und ist ihnen entgegengekommen. Jetzt ist Schluss und das ist auch gut so, findet das Blatt.
Die Forderung der wallonischen und Brüsseler Gefängniswärter nach mehr Mitteln war einst legitim. Inzwischen ist ihr Dauerstreik aber nur noch lächerlich, findet De Morgen. Schlimmer noch: Er wird auf dem Rücken der Häftlinge ausgetragen, die seit fünf Wochen in ihren Zellen ausharren müssen. Auch wenn man eine Haftstrafe absitzt besteht so etwas wie Menschenwürde. Und es gibt kein Argument mehr, diese weiterhin anzutasten, moniert De Standaard.
Le Soir warnt vor endlosen Streiks in der Wallonie. Den Bürgern dieses Landes wird bald die Hutschnur platzen. Schuld daran sind die unangekündigten Streikaktionen bei der Bahn und die daraus resultierenden Monsterstaus im Berufsverkehr. Schuld sind aber auch die Gewerkschaftsbosse, die ihre streikende Basis nicht mehr im Griff haben. Dazu droht ein weiterer Clash, weil nur im Süden des Landes gestreikt wird.
Het Belang van Limburg meint: Davon hätten die flämischen Nationalisten von der N-VA nicht einmal gewagt zu träumen: Dass ausgerechnet frankophone Gewerkschafter ihnen die Gemeinschaftspolitik auf dem Silbertablett servieren.
Le Soir gibt zu bedenken: Mehr und mehr droht diese Streikwelle zu eskalieren, weil sie niemand mehr unter Kontrolle hat und keiner mehr weiß, wie das Ganze enden soll. Am Ende werden die Bürger die Zeche zahlen müssen und daran ist nicht nur die Regierung Schuld, sondern zunehmend auch die Gewerkschaften, so Het Nieuwsblad.
"Kamikaze-CGSP?"
L'Avenir geht besonders hart ins Gericht mit der sozialistischen Gewerkschaft im Öffentlichen Dienst. Die CGSP hatte ja angekündigt, bis zum Sturz der Regierung streiken zu wollen. Diese Haltung ist selbstmörderisch, findet die Zeitung. Erstens hat sich die CGSP als Verhandlungspartner diskreditiert. Zweitens fügt sie der gewerkschaftlichen Gemeinschaftsfront großen Schaden zu. Sogar innerhalb der FGTB brodelt es und halten immer mehr flämische Mitglieder ihre wallonischen Kollegen für unverantwortlich. Und drittens erweckt die CGSP den Eindruck, primär ein politisches Ziel zu verfolgen und nicht mehr für die Interessen der Arbeitnehmer einzutreten.
La Dernière Heure meint: Die Belgier wollen nur eins: zurück zur Normalität. Und zwar so schnell wie möglich.
"Hätte Labille den Mund halten sollen?"
L'Écho kommt auf die geplatzte Übernahme von PostNL durch Bpost zurück. Die Börsenaufsicht geht der Frage nach, ob man Ex-Minister Jean-Pascal Labille strafrechtlich verfolgen kann. Der PS-Politiker hatte am Freitag Gerüchte über die geheimen Fusionspläne gestreut. Gazet van Antwerpen fragt sich, ob Labille - Geschäftsführer der sozialistischen Krankenkasse - mit seinen Infos nicht einen Streik bei Bpost vom Zaun brechen wollte, um der sozialistischen Gewerkschaft unter die Arme zu greifen und der sozialistischen Partei im Kampf gegen die Mitte-Rechts-Regierung zu helfen. Bpost geht geschwächt aus der gescheiterten Fusion hervor, die Aktie des Unternehmens hat an Wert verloren.
Het Nieuwsblad blickt zurück auf die stürmischen Regenfälle von Montag. Innerhalb von nur zwölf Stunden sind in Belgien 600 Milliarden Liter Wasser vom Himmel gefallen - soviel wie sonst im ganzen Monat Mai.
Alain Kniebs - Bild: Philippe Francois/BELGA