"Zugreisende schauen in die Röhre", titelt Le Soir. "Nach den Gefängniswärtern streiken jetzt die Bahnmitarbeiter", schreibt De Standaard. "Gesamter Zugverkehr in Belgien lahmgelegt – wegen eines Urlaubstags", so die wütende Schlagzeile von Het Laatste Nieuws.
Aus Protest gegen die geplante Streichung eines sogenannten "Ausgleichstags" hat das SNCB-Personal gestern Abend spontan die Arbeit niedergelegt. Die Mitarbeiter wollen bis zum "bitteren Ende" streiken, wie L'Avenir auf seiner Titelseite hervorhebt. Will heißen: bis die Bahnleitung die umstrittene Maßnahme zurücknimmt. In der Wallonie verkehrt seit heute Morgen kein Zug mehr, auch in Flandern kommt es zu zahlreichen Behinderungen.
Leidtragende sind Tausende von Pendlern und Reisenden. Grund für den Sozialkonflikt: Bisher erhalten Bahnmitarbeiter pauschal zusätzlich zu ihrem Urlaub 13 Ausgleichstage, weil sie statt der vertraglich festgeschriebenen 36 Stunden pro Woche tatsächlich 40 Stunden leisten. Diese Ausgleichszeit wird nach der alten Regelung auch auf Tage angerechnet, an denen gar nicht gearbeitet wird – zum Beispiel bei Krankheit oder Urlaub. Künftig soll es nur noch Ausgleichstage für tatsächlich geleistete Überstunden geben. Dadurch können SNCB-Angestellte bis zu zwei freie Tage pro Jahr verlieren.
Wilder Bahnstreik führt Imagekampagne Belgiens ad absurdum
Het Nieuwsblad hat überhaupt kein Verständnis für das Ausmaß der Protestaktion. Der Grund für den SNCB-Streik sorgt schon in Belgien für Kopfschütteln – wie soll man das bloß gestrandeten ausländischen Geschäftsleuten und Touristen erklären? Het Laatste Nieuws hält den wilden Streik ebenfalls für völlig unverhältnismäßig. Der Anlass ist so unerträglich lächerlich und dazu noch leichtsinnig.
Auch Le Soir kritisiert die Bahngewerkschaften heftig. Das reflexartige Zücken der Streikwaffe ist mehr als verwerflich, oft übereilt und völlig überzogen. Und das Ganze wird wieder einmal auf dem Rücken der Reisenden ausgetragen. Die Zeitung kritisiert aber auch die Haltung der Regierung, die der Bahn einen strikten Sparkurs verordnet hat, und die SNCB-Leitung, die genau wusste, was für eine explosive Wirkung ihre Maßnahme bei den Beschäftigten der Bahn haben würde.
Lediglich De Morgen sieht die Sache etwas nuancierter: Den gesamten Bahnverkehr zu blockieren hält das Blatt zwar auch für unsinnig, dennoch kann man nicht den SNCB-Mitarbeitern die Schuld für das desaströse Management der Eisenbahngesellschaft in den letzten Jahrzehnten in die Schuhe schieben.
Der Bahnstreik kommt zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Erst gestern hatten Föderalregierung und Teilstaaten eine große Werbekampagne beschlossen, um das ramponierte Image Belgiens im Ausland wieder aufzupolieren. Was bringt die beste Werbung, wenn jetzt die belgischen Streikbilder um die Welt gehen?, fragt Het Nieuwsblad. Het Laatste Nieuws fügt hinzu: Es würde ja schon helfen, wenn die Streiks im Öffentlichen Dienst, zum Beispiel bei Gefängniswärtern, Fluglotsen oder Bahnmitarbeitern, endlich aufhören würden.
Mutmaßliche Terrorzelle in Antwerpen ausgehoben
"Terroranschlag in Antwerpen vereitelt", titelt Gazet van Antwerpen. "Jugendliche Islamisten planten neues Attentat", berichtet Het Belang van Limburg. Bei Razzien in der Antwerpener Islamistenszene hat die Polizei gestern eine sechsköpfige mutmaßliche Terrorzelle ausgehoben. Die jungen Dschihadisten im Alter zwischen 17 und 19 Jahren sollen in direktem Kontakt mit der Terrorgruppe IS in Syrien gestanden haben.
Bei den Durchsuchungen im Problemviertel Borgerhout wurden zwar weder Waffen noch Sprengstoff sichergestellt, den Männern wird aber vorgeworfen, konkrete Anschlagspläne gehabt zu haben. Wie Het Nieuwsblad schreibt, sollen sie es auf den Antwerpener Hauptbahnhof abgesehen haben. Außerdem sollen sie Kämpfer für den Krieg in Syrien angeworben haben.
Gazet van Antwerpen lobt die erfolgreiche Ermittlungsarbeit. Soldaten in unseren Straßen erhöhen vielleicht das subjektive Sicherheitsgefühl einiger Bürger. Für mehr tatsächliche Sicherheit kann aber nur die Arbeit von Polizei und Geheimdiensten im Hintergrund sorgen, die Terroristen schon unschädlich machen, bevor sie zuschlagen können.
Gewalt gegen Polizisten – härteres Durchgreifen gefordert
La Libre Belgique nimmt den brutalen Angriff auf einen Polizisten am Rande der Gewerkschaftsdemo zum Anlass, um das Phänomen Gewalt gegen Sicherheitskräfte zu beleuchten. In den letzten beiden Jahren gab es insgesamt 8.000 Übergriffe gegen Beamte, aber nur in 300 Fällen konnten die Täter belangt werden. Die Zeitung ruft Politik und Justiz dazu auf, härter durchzugreifen.
Der Job eines Polizisten ist zwar gefährlich, aber unerlässlich für ein funktionierendes Zusammenleben. Dem Brüsseler Beamten, der am Dienstag mit einem Pflasterstein niedergeschlagen worden war, geht es übrigens besser. Nachdem die Wunde am Kopf mit 24 Stichen genäht worden war, konnte er das Krankenhaus wieder verlassen. Dem Täter drohen bis zu 20 Jahre Haft wegen versuchten Mordes.
Alain Kniebs - Foto: Thierry Roge/BELGA