"Hier sind die 24 Roten Teufel, mit denen wir die EM gewinnen!", titelt vollmundig La Dernière Heure. "Hey Marc, mit dieser Mannschaft kommen wir doch mindestens im Finale", notiert etwas bescheidener auch Het Nieuwsblad.
Nationaltrainer Marc Wilmots und seine Roten Teufel bevölkern heute fast alle Titelseiten. Wilmots hatte gestern die Liste der 24 Spieler bekannt gegeben, die er für die EM nominiert hat. Dabei fällt auf, dass sich der Coach für eine offensive Equipe entschieden hat. "Wilmots setzt voll auf Angriff", stellt etwa De Morgen auf seiner Titelseite fest. "Lukaku, Batshuayi UND Benteke sind dabei", notiert auch L'Avenir. Heißt also: drei Stürmer.
Mit drei Stürmern ins Sommermärchen
"Mit seiner Auswahl hat der Nationaltrainer nicht wirklich überrascht", meint Het Laatste Nieuws in einem Kommentar. "Viel Lärm um nichts", könnte man fast schon behaupten. Denn seien wir mal ehrlich: Im Grunde sind in dieser Mannschaft nur zwei Namen nur wirklich entscheidend, über die gestern eigentlich gar nicht gesprochen wurde, nämlich Eden Hazard und Kevin De Bruyne.
Das GrenzEcho sorgt sich derweil über die doch große Erwartungshaltung. Dass Belgien erneut als Geheimfavorit auf den Titelgewinn durchgeht, kann auch schnell zur Gefahr werden, meint das Blatt. Die Messlatte für Belgien liegt erschreckend hoch. Im Grunde spricht jeder schon vom Endspiel in Paris; alles andere wäre eine Enttäuschung. Frage ist, was passiert, wenn am Ende des belgischen Sommermärchens doch kein Happy End steht?
Wenig Verständnis für Streik der Gefängniswärter
Der allerletzte Vorschlag an die Adresse der Gefängniswärter", titelt derweil De Morgen. Justizminister Koen Geens hat noch ein letztes Mal zusätzlichen Spielraum von seinen Regierungskollegen bekommen. Und auf dieser Grundlage wird er jetzt also ein letztes Kompromissangebot ausarbeiten. Ob damit aber Streik beendet werden kann, ist noch völlig offen.
Einigen flämischen Zeitungen fehlt inzwischen fast schon jegliches Verständnis für den Streik in den wallonischen und Brüsseler Haftanstalten. Die Gefängniswärter fordern die Einstellung von mindestens 400 neuen Mitarbeitern. Doch kann man objektiv nicht behaupten, dass ihr Dienst unterbesetzt ist, glaubt etwa Het Belang van Limburg. In Belgien gibt es einen Gefängniswärter für 1,6 Häftlinge; in Frankreich ist es im Durchschnitt einer für 3 Gefängnisinsassen. Eine wirkliche dramatische Situation sähe wohl anders aus.
Die Lage hinter den Gefängnismauern spottet inzwischen jeder Beschreibung, findet De Morgen. Die Lebensbedingungen der Häftlinge sind unmenschlich. Wenn das Streikrecht auch in diesem Land zu den Grundrechten gehört, dann darf es dafür immer noch nicht die Menschenrechte aushebeln. Wenn Koen Geens weiter an den sozialen Dialog glaubt, dann wirkt das inzwischen fast schon naiv, meint die linksliberale Zeitung. Dass die Regierung inzwischen ernsthaft über die Einführung eines Minimaldienstes im Streikfall in den Haftanstalten nachdenkt, ist mehr als richtig.
Minimaldienst in Gefängnissen?
Genau das hat Premierminister Michel gestern in der Kammer angekündigt. Schon heute soll demnach über einen entsprechenden Gesetzesvorschlag beraten werden. "Wenn die Gefängniswärter nicht arbeiten wollen, dann will Michel sie zwangsverpflichten", so resümiert es Het Laatste Nieuws.
Wenn das Ergebnis eines Streiks die Einführung eines Minimaldienstes ist, dann kann man wohl schwerlich von einem großen Erfolg der Gewerkschaften sprechen, frotzelt Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel.
Besonders bei diesem Sozialkonflikt fällt auf, wie einspurig und rückwärtsgewandt die Forderungen der Streikenden sind. Sie verlangen eine Rücknahme der Sparmaßnahmen und zusätzliches Personal; und das war's schon. Das war im Übrigen auch das Leitmotiv von anderen Sozialkonflikten in der letzten Zeit. Es ist schon beängstigend, wie häufig und wie konsequent solche Debatten aus alten Schützengraben heraus geführt werden. Statt wirkliche Alternativvorschläge zu unterbreiten und mit darüber nachzudenken, wie die Arbeit effizienter werden kann, beschränken sich die Gewerkschaften auf uralte, sterile Forderungen. Die Rezepte von gestern, vertreten mit der Sturheit von vorgestern, das kann im 21. Jahrhundert nicht funktionieren.
Steuer für kollaborative Wirtschaft
Einige Zeitungen beschäftigen sich mit den Plänen der Regierung in Bezug auf eine Besteuerung der so genannten kollaborativen Wirtschaft. Gemeint sind hier Dienstleistungen, die über Internetplattformen wie Airbnb oder Uber angeboten werden. In der Regel erfolgt der Kontakt ausschließlich zwischen Einzelpersonen und damit an jeglicher Steuer vorbei. Der zuständige Vizepremier Alexander De Croo will jetzt insbesondere Einkünfte unter 5.000 Euro pro Jahr mit einer Abgabe von zehn Prozent belegen.
L'Écho begrüßt das Vorhaben. Es wird Zeit, dass Licht in diese Grauzone kommt. Selbst diejenigen, die ihre Einkünfte angeben wollten, wussten oft nicht, wie sie das anstellen sollten. Die meisten, freilich, steckten das Geld unversteuert ein. So konnte es nicht weitergehen.
Het Laatste Nieuws hingegen sieht in den Ganzen ein verzweifeltes Rückzugsgefecht. Vor allem Arbeitgeberverbände hatten für eine Besteuerung der kollaborativen Wirtschaft plädiert; das dürfte übrigens das erste Mal sein, dass man sich höhere Steuern wünscht. Aufhalten wird man damit aber nichts. Diese "neue Wirtschaft" wird sich etablieren. Und die klassischen Unternehmen wären gut beraten, sich an diesen neuen Mitspielern zu inspirieren, statt sie zu bekämpfen.
Von Rockfestivals und dem ESC
"Rockfestivals werden genauso streng gesichert wie der Flughafen", so die Aufmachergeschichte von Het Nieuwsblad. Die großen Festivals in Flandern wie Werchter, Tomorrowland oder Pukkelpop haben sich darauf geeinigt, unter anderem Metalldetektoren an der Eingangskontrolle einzusetzen. "Keine Scanner in den Bahnhöfen, dafür wohl auf Musikfestivals", stellt Het Laatste Nieuws fest.
Ein Foto sieht man schließlich auf ziemlich vielen Titelseiten, nämlich das von Laura Tesoro. Laura Tesoro vertritt Belgien beim Eurovision Song Contest; sie musste gestern im Halbfinale antreten. "Die mitreißende Laura packte das Publikum", schreibt Het Belang van Limburg. Dann wurde es aber ziemlich spannend: Laura wurde als letzte für das Finale nominiert; "Die fröhliche Laura schafft's auf der Ziellinie", schreibt denn auch sinngemäß Het Nieuwsblad. "Laura ist im Finale", jubelt L'Avenir.
Roger Pint - Foto: Virginie Lefour (belga)