"Gezockt und verloren", titelt De Standaard. "N-VA und CD&V pfeifen OpenVLD zurück", schreibt Gazet van Antwerpen. "Tommelein noch nicht Minister und schon gibt es riesigen Ärger", bemerkt Het Nieuwsblad.
Bei der flämischen Regierung hängt der Haussegen schief. Auf einer Sondersitzung hat das Kabinett gestern überraschend beschlossen, dem geplanten Biomassekraftwerk in Gent keine Fördermittel zuzusprechen. Die Entscheidung ist ohne den neuen Energieminister Bart Tommelein von der OpenVLD gefällt worden, der erst morgen sein Amt antreten wird.
Dass Nationalisten und Christdemokraten den Beschluss in Abwesenheit des zuständigen Ministers fassen, hält De Standaard für eine Retourkutsche. Das Blatt spricht sogar von einem "politischen Blutbad", das da angerichtet wurde. Het Nieuwsblad macht dafür ganz klar die Vorsitzende der flämischen Liberalen Gwendolyn Rutten verantwortlich. Die Entscheidung der Umweltagentur, dem Bau eines Biomassekraftwerks eine Abfuhr zu erteilen, stand schon vor drei Wochen fest.
"Naive Kapriolen" der OpenVLD
Doch wegen des Debakels um die Energieabgabe und des Rücktritts von Annemie Turtelboom hatte die OpenVLD sich eine Strategie ausgedacht, um den liberalen Karren in Flandern wieder aus dem Dreck zu ziehen. Nicht die ohnehin verloren geglaubte Ministerin Turtelboom sollte die Entscheidung verkünden, durch die zwei Milliarden Euro Steuergeld eingespart werden kann. Mit der guten Neuigkeit, die vorübergehend in einer Schublade "geparkt" wurde, sollte der neue Minister Tommelein glänzen können. Eine Polit-Strategie, wie man sie sonst nur aus Fernsehserien wie "House of Cards" kennt, findet Het Nieuwsblad.
Allerdings ist der Schuss jetzt komplett nach hinten losgegangen. Es war wirklich naiv von OpenVLD-Chefin Gwendolyn Rutten, zu glauben, dass ihre beiden Koalitionspartner diesen Plan nicht durchschauen würden, fügt De Standaard hinzu. Der Zusammenhalt gehörte bislang ohnehin nicht zu den Stärken der flämischen Koalition. Dank der "liberalen Kapriolen" wird die Stimmung in der Regierung von Geert Bourgeois sicher nicht besser werden, meint Het Nieuwsblad. Durch ihre Blutgrätsche haben die Koalitionspartner N-VA und CD&V die OpenVLD noch einmal deutlich spüren lassen, dass die flämischen Liberalen in dieser Mehrheit mathematisch überflüssig sind.
Zaventem: "Zustände unhaltbar"
"Chaos in Zaventem", titelt La Libre Belgique. "Riesige Warteschlangen am Brussels Airport", schreibt Het Laatste Nieuws auf Seite eins. Wegen der strengen Kontrollen kam es am Brüsseler Flughafen gestern zu langen Wartezeiten. Über zwei Stunden mussten die Passagiere teilweise Schlange stehen, bevor sie die Abflughalle betreten durften. Diese Zustände sind unhaltbar, meint De Morgen.
La Libre Belgique schreibt: Belgien hat sich mal wieder lächerlich gemacht. Die Chaos-Bilder vom Flughafen sind desaströs für unser Image. Natürlich hat es vor sechs Wochen am Brussels Airport einen Terroranschlag gegeben, und natürlich muss die Sicherheit infolgedessen erhöht werden. Allerdings müssen die Maßnahmen gut durchdacht sein und sie dürfen nicht zu einer Lähmung der belgischen Wirtschaft führen. Ein solches Trauerspiel wie gestern darf sich nicht wiederholen, ansonsten werden Zehntausende Fluggäste Zaventem schon bald den Rücken kehren.
TTIP: Irreführung, Betrug und Angst?
Nach den Enthüllungen von TTIP-Dokumenten warnt Le Soir vor dem geplanten Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA. Es wäre zu einfach, die gesamten Verhandlungen zu kritisieren und sie in der Luft zu zerreißen. Dennoch kann man den Unterhändlern Vorwürfe machen. So besteht die Gefahr, dass das Freihandelsabkommen in erster Linie den Großkonzernen zugutekommt und sie die Staaten künftig mit der Aussicht auf Jobs und Wachstum erpressen können. Außerdem besteht die Gefahr, dass wir hohe Standards etwa bei der Lebensmittelherstellung lockern. Problematisch sind nach Ansicht der Zeitung auch die Demokratiedefizite, weil die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen verlaufen. Le Soir befürchtet, dass Europas Grundwerte durch das Abkommen geschwächt werden könnten. Auch wenn die EU verspricht, dass der Verbraucherschutz verteidigt wird, wird TTIP inzwischen mit Irreführung, Betrug und Angst in Verbindung gebracht, so die Zeitung.
Rauchverbot von De Panne bis Knokke?
An Belgiens Stränden könnte es schon bald ein Rauchverbot geben, titelt La Dernière Heure. Die Bürgermeister der Küstenorte werden in der kommenden Woche über das Vorhaben beraten. Die Behörden sind die achtlos im Sand weggeworfenen Zigarettenkippen leid. Zehntausende davon müssen jedes Jahr im Sommer von den Stränden entfernt werden. In Frankreich gibt es bereits Strandabschnitte mit Rauchverbot - etwa an der Côte D'Azur oder in der Normandie.
Alain Kniebs - Bild: Bruno Fahy/BELGA