"Hat sie gelogen oder nicht?", fragt Het Nieuwsblad auf Seite eins. "Maximaler Druck auf Verkehrsministerin Galant", titelt Le Soir. "Galant wird zum Problem für Michel", schreiben sowohl De Standaard als auch L'Écho auf ihren Titelseiten. "Wie lange bleibt Galant noch im Amt?", fragt sich unterdessen De Morgen.
Die föderale Verkehrsministerin Jacqueline Galant steht vor einem Schicksalstag. Am Nachmittag wird sie in der Kammer Rede und Antwort stehen müssen. Die zentrale Frage lautet: Wusste die Ministerin von den vertraulichen EU-Berichten über die Mängel bei den Prüfverfahren der Sicherheit an den belgischen Flughäfen? Geleckte E-Mails legen nahe, dass Galant von der Kritik an der Luftfahrtaufsicht gewusst haben muss.
Die Opposition, allen voran die Grünen, fordern lautstark den Rücktritt der Verkehrsministerin. Het Nieuwsblad hält fest: Wegen Inkompetenz ist noch kein Minister gefeuert worden, wohl aber wegen einer Lüge. Galant hat jetzt nur noch eine einzige Chance, ihre Haut zu retten.
Galant wird zum Problem für Michel
Die Angelegenheit wird zunehmend zum Problem für Premierminister Charles Michel; hatte er doch gestern in der Kammer erklärt, erst aus der Presse von den EU-Berichten erfahren zu haben. L'Écho kann nicht verstehen, warum der Regierungschef seine Ministerin zum Teil noch schützt und für sie in die Bresche gesprungen ist. Er bringt sich damit nur selbst in Gefahr. Und die Opposition bekommt die Munition gegen die Regierung auf dem Silbertablett geliefert.
Genauso sehen es Gazet van Antwerpen und L'Avenir: Galant bringt Michel noch in Teufels Küche. Von Patzer zu Patzer schwächt sie nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Partei, die MR, und am Ende die gesamte Regierung. Nach dem Zahlen-Chaos bei der SNCB, der Anwalts-Affäre um die Flugrouten, dem Debakel um das Brüsseler S-Bahn-Netz und dem jüngsten Schnitzer bei der Flughafen-Sicherheit hält La Libre Belgique den Rücktritt von Verkehrsministerin Galant für alternativlos.
Het Laatste Nieuws ist nicht ganz so radikal und wirft den Kritikern sogar Populismus vor: Wer den Rücktritt der Ministerin fordert, tut so, als hätten die Anschläge vom 22. März verhindert werden können, wenn die Verkehrsministerin zusätzliche Mittel für die Sicherheit an den Flughäfen des Landes bewilligt hätte. Dem ist aber nicht so.
Zur Verdeutlichung: Die Kritik der EU-Kommission an der belgischen Luftfahrtaufsicht richtet sich nicht gegen etwaige Mängel bei der Sicherheit in der Abflughalle von Zaventem - dort, wo die Bomben explodiert sind. Bemängelt werden die staatlichen Prüfverfahren in Sachen Sicherheit im Flughafenbereich hinter den Check-in-Kontrollen. Trotzdem: Sollte sich heute Nachmittag herausstellen, dass Jacqueline Galant das Parlament angelogen hat, dann war's das für sie, meint De Standaard.
"Der Staat dreht nicht rund"
Für De Morgen steht fest: Die Terroranschläge von Brüssel waren kein Zufallsprodukt oder einfach nur "Pech". Wenn man alle Pannen und Fehler der letzten Jahre aufzählt, dann drängt sich die Frage nach der politischen Verantwortung immer mehr auf. De Standaard fügt hinzu: Jetzt, wo es Tote gab, wird dieses Hin-und-Her-Geschiebe von Verantwortung unerträglich. Die Schlussfolgerung kann für die Politik verheerend sein: Ein Staat, der so zusammengeschustert ist, kann nicht vernünftig funktionieren.
Le Soir findet den Verlauf der Diskussionen um Jacqueline Galant bedenklich. Während die Opposition den Rücktritt der Ministerin herbeiführen will und der zurückgetretene Leiter des Verkehrsministeriums, Laurent Ledoux, öffentlich mit Galant abrechnet, bleibt die wichtigste Frage weiter offen: Sind die nötigen Maßnahmen ergriffen worden, um die Sicherheit der belgischen Flughäfen zu gewähren?
Außerdem muss geklärt werden, wie es sein kann, dass eine Ministerin und ihr Verwaltungschef sich monatelang bekriegen, ohne das jemand dazwischen geht und dafür sorgt, dass die Behörde wieder "normal" funktionieren kann. Es ist diese Störung des Staates, die dazu führt, dass heute nicht nur eine Ministerin geschwächt ist, sondern die gesamte Regierung und damit auch das ganze Land, schlussfolgert Le Soir.
Wieder Streiks in Sicht
"Beamte streiken", titelt Het Laatste Nieuws. Die sozialistische Gewerkschaft plant am 26. April einen 24-stündigen Arbeitsausstand im öffentlichen Dienst. Die FGTB will damit gegen die geplante Reform der Beamtenpensionen protestieren.
Het Belang van Limburg meint: Zum Teil hat sich die Föderalregierung den Protest selbst zuzuschreiben. Die übergroße Mehrheit der Belgier versteht, dass wir in Zukunft länger arbeiten müssen. Die Bevölkerung ist aber nur bereit, dieses Opfer zu bringen, wenn alle ihren Beitrag leisten. Deshalb fragt die Zeitung: Worauf wartet die Regierung Michel, um endlich für mehr Steuergerechtigkeit zu sorgen?
Alain Kniebs - Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)