"Abrini - Ende einer Hetzjagd", titeln La Dernière Heure und Le Soir. "Abrini festgenommen - eine Schlüsselfigur hinter Gittern", schreibt L'Avenir auf Seite eins. "Haben wir jetzt endlich alle?", fragt sich De Morgen auf seiner Titelseite.
In der Brüsseler Stadtgemeinde Anderlecht ist gestern Mohammed Abrini festgenommen worden. Er gehörte zu den meistgesuchten Terroristen Europas. Nach ihm wurde bereits seit den Pariser Anschlägen gefahndet. Bilder von Überwachungskameras zeigen ihn zusammen mit Salah Abdeslam in den Tagen vor den Attentaten vom 13. November.
Inzwischen gibt es aber auch Beweise dafür, dass er mit den Brüssel-Attentätern in Verbindung stand. Mehr noch: Abrini soll der dritte Terrorist im Brussels Airport gewesen sein, der Mann also, der sich nicht in die Luft sprengte. "Ist Abrini der 'Mann mit Hut'?", fragt sich denn auch sinngemäß das GrenzEcho. Andere Zeitungen lassen das Fragezeichen weg, wie etwas Het Belang van Limburg auf seiner Titelseite: "Terrorist mit Hut verhaftet", schreibt das Blatt.
Viele Zeitungen bringen im Übrigen Fotos von dem Polizeizugriff. Aus den Bildern geht ganz klar hervor, dass Abrini auf offener Straße festgenommen wurde. "Er spazierte mal eben durch Anderlecht", schreibt Gazet van Antwerpen. "Nach 147 Tagen auf der Flucht war Abrini einen Moment lang übermütig", notiert Het Nieuwsblad.
Die Jagd ist noch lange nicht vorbei
"Die Schlinge zieht sich zu um die Terrorzelle Paris-Brüssel", resümiert Gazet van Antwerpen. Gestern ist ja neben Abrini noch ein weiterer Terrorverdächtiger festgenommen worden, nämlich Osama Krayem. Der soll der Komplize des Metroattentäters von Maelbeek gewesen sein.
Nach Informationen von Het Laatste Nieuws soll sich der schwedische Dschihadist quasi selbst ans Messer geliefert haben: "Verraten durch eine Mitteilung auf Facebook", so die Schlagzeile auf Seite eins. Demnach soll Krayem versucht haben, Kontakt zu seinem Bruder aufzunehmen; und der schwedische Geheimdienst hat dann den belgischen Kollegen den entscheidenden Tipp geliefert.
Mit Abrini und Krayem hat die Polizei inzwischen alle Verdächtigen festgenommen, deren Namen der breiten Öffentlichkeit bekannt waren. Obendrauf wurden noch drei weitere Verdächtige verhaftet. Insgesamt waren es allein gestern also wieder fünf Verdächtige, die von der Polizei aufgegriffen wurden.
"Aber die Jagd ist noch lange nicht vorbei", warnt Het Nieuwsblad. "Die Terrorzelle wurde geköpft, die Bedrohung ist deswegen aber nicht kleiner geworden", meint auch De Standaard. Tatsächlich gehen die Ermittler davon aus, dass es möglicherweise noch andere Terrorzellen gibt, die sozusagen auf Stand-by sind; und die jetzt, als Reaktion auf die Festnahme von Abrini und Krayem, losschlagen könnten.
Kein "failed state", aber noch ein langer Weg zum "not failed"
Wir sollten uns hüten, zu laut zu jubeln, mahnt denn auch Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Nicht vergessen: Nach der Festnahme von Salah Abdeslam gab es zunächst ein stolzes Triumphgeheul; vier Tage später gingen in Zaventem und in der Metrostation Maelbeek die Bomben hoch.
Man darf aber wenigstens festhalten, dass das alles doch mal eine gute Neuigkeit ist, glaubt De Morgen. Die Tatsache, dass zwei Männer festgenommen werden konnten, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit an den Brüsseler Anschlägen beteiligt waren, macht dieses Land zumindest ein bisschen sicherer. Erleichterung ist aber fehl am Platz. Seit dem 22. März darf man nicht mehr "Uff" sagen. Hier soll keine Panik geschürt werden. Wir müssen schlichtweg begreifen, dass Sicherheit immer ein relativer Begriff ist; und das mindestens so lange, wie die Brandherde im Nahen und Mittleren Osten Terroristen inspirieren.
Auch Het Nieuwsblad hegt zumindest eine leise Freude angesichts der Festnahmen. Hier zeigt sich dann doch noch mal, dass Belgien eben kein "failed state" ist, kein gescheiterter Staat. Zumindest haben wir uns auf der Wahrnehmungsskala ein Stückchen in die richtige Richtung bewegt. Bis das Niveau "not failed" erreicht ist, ist es aber noch ein weiter Weg.
De Standaard sieht ebenfalls Anlass zu Optimismus. Die belgischen Polizei- und Justizbehörden haben sich gestern von ihrer besten Seite gezeigt. So arbeitet ein gut funktionierender Staat. Das erlaubt denn auch ein Fazit: Der Sicherheitsapparat in diesem Land muss nicht von Grund auf neu aufgebaut werden.
Panama-Papers: Steuern sind was für Arme
Le Soir ist derweil immer noch bei der Auswertung der Panama-Papers. Die Aufmachergeschichte heute: "Eine Filiale von Dexia ist Meisterin der Offshore-Firmen"; schreibt das Blatt. Die Dexia-Bank fiel ja der Finanzkrise 2008/2009 zum Opfer. Sie taucht aber rund 30.000 Mal namentlich in den Panama-Papers auf. Eine ihrer luxemburgischen Filialen hat mehr als 1.600 Briefkastenfirmen für Kunden organisiert. Das Erstaunliche: Auch nach dem Ende der Bank hat die Filiale munter weitergemacht; währenddessen hat der Staat Milliarden für die Rettung aufbringen müssen.
So, so, meint Le Soir in seinem Leitartikel. Man lässt sich von der Öffentlichen Hand retten, plündert aber auf der anderen Seite weiter munter den Staat. Wenn man sich den Zustand der Staatsfinanzen und allgemein die Folgen der Finanzkrise da vor Augen führt, kann einem schlecht werden.
L'Echo stellt auf seiner Titelseite fest, dass "die Zahl der Steuerkontrollen in Belgien drastisch zurückgegangen" ist. Hintergrund sind unter anderem wiederholte Sparmaßnahmen beim Fiskus. Hier zeigt sich einmal mehr die Mitverantwortung der Politik an dem Skandal um die Panama-Papers, meint das Blatt in seinem Kommentar.
Die Botschaft lautet ganz klar: Steuern, das ist was für arme Leute. Immer noch hat so mancher Gutbetuchter wohl den Eindruck, dass er der Gesellschaft nichts schuldig ist, weil er sie auf Grund seines Vermögens nicht braucht. Er vergisst dabei aber all die öffentliche Infrastruktur, die auch er benutzt. Jeder Staat braucht ein soziales Gleichgewicht. Und der Gesetzgeber sollte der Garant dafür sein. Im Moment sind wir davon aber weit entfernt.
La Libre Belgique bringt heute schließlich die Ergebnisse ihres jüngsten Politbarometers. Die Umfrage wurde nach den Anschlägen durchgeführt. Wichtigste Feststellung: Die Talfahrt der N-VA dauert an; die Partei von Bart De Wever landet jetzt bei 25 Prozent. Nutznießer ist vor allem der rechtsextreme Vlaams Belang.
Roger Pint - Bild: Nicolas Maeterlinck (belga)