"Take off für den Brussels Airport" titelt De Standard. "Der Brussels Airport hebt ganz langsam wieder ab", so die Schlagzeile von L'Avenir. "Das ist nur der Anfang", schreibt La Libre Belgique auf Seite eins. Zwölf Tage nach den Anschlägen meldet sich der Brussels Airport zurück. Am Sonntag starteten drei Flugzeuge vom Landesflughafen aus; es waren drei Maschinen von Brussels Airlines.
"Es war der sicherste Flug aller Zeiten", bemerkt dazu Het Laatste Nieuws. "Es ist eine Wiedereröffnung unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen", schreibt auch La Dernière Heure auf Seite eins. Die Polizeigewerkschaften haben ja durchgesetzt, dass künftig alle Passagiere und auch das Gepäck vor dem Zugang zur Abflughalle ein erstes Mal überprüft werden.
Zaventem - Kampf gegen Millionenverluste
In der ersten Zeit wird der Flughafen aber nur rund ein Fünftel seiner Kapazität erreichen können. "Es ist ein Marathonlauf, von dem wir gerade mal die ersten 200 Meter zurückgelegt haben", sagt Arnaud Feist, der Geschäftsführer des Landesflughafens in De Standaard und Het Nieuwsblad. "Der Kampf beginnt erst; und es ist ein Kampf gegen Millionenverluste", notiert Het Laatste Nieuws.
Bislang fliegt ja nur die belgische Fluggesellschaft Brussels Airlines. Um den finanziellen Schaden noch einigermaßen in Grenzen zu halten, muss man jetzt dafür sorgen, dass alle Fluggesellschaften so schnell wie möglich wieder einen Fuß auf den Boden bekommen. "Schon ab Mittwoch sind alle Gesellschaften wieder willkommen", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins. Und die Zeitung beziffert auch den vorläufigen finanziellen Schaden: "Wegen der Schließung hat Zaventem beinahe 20 Millionen Euro verloren".
Molenbeek: Was ist "normal"?
Die Freude über die teilweise Wiederaufnahme der Passagierflüge am Brussels Airport steht aber in schrillem Kontrast zu den Bildern, die die Hauptstadt am Samstag produziert hat. In der Brüsseler Problemgemeinde Molenbeek gingen Jugendliche auf die Polizei los. Einige Dutzend bewarfen die Ordnungskräfte mit Steinen und sonstigen Gegenständen. Ein Tiefpunkt wurde erreicht, als zwei junge Männer mit einem Auto mit Vollgas auf die Polizei zufuhren. Zwar konnten sie daran gehindert werden, auf ihrer Flucht verletzten sie aber eine Frau, die gerade über die Straße ging. "Molenbeek einmal mehr unter Hochspannung", notiert denn auch La Dernière Heure.
Vor allem die flämische Presse reagiert empört auf die Zwischenfälle in der Brüsseler Stadtgemeinde. "Kein Wunder, dass man im Ausland den Eindruck hat, dass in Belgien alles nur noch drunter und drüber geht", meint etwa Het Laatste Nieuws."Wer sind die Steinewerfer?", fragt sich Gazet Van Antwerpen. Nicht nur, dass diese Jugendlichen einmal mehr das Image des Landes durch den Dreck ziehen; man muss sich auch fragen, inwieweit diese Leute eine Gefahr für unser aller Sicherheit darstellen. Sind unter ihnen nicht vielleicht Menschen, die binnen kürzester Zeit das Opfer von islamistischen Rattenfängern werden können? Wir müssen sie beobachten, wenn nötig strafen, in jedem Fall verhindern, dass sie genauso weitermachen.
Het Nieuwsblad ist regelrecht fassungslos. Hier ist folgendes Bild entstanden: Das Brüsseler Dschihadistennetz, das Männer und Munitionen geliefert hat, um Paris und Brüssel in Brand zu stecken, rebelliert jetzt auch noch gegen die Polizei. Am Schlimmsten war aber, dass die Polizeiverantwortlichen im Nachhinein auch noch ein gewisses Verständnis aufbrachten, nach dem Motto: "Das kann eben schon mal passieren". Diese Toleranz ist fehl am Platz. Molenbeek braucht keine Aufräumaktion sondern eine Gehirnwäsche. Ein für alle Mal muss klar sein: Was früher vielleicht "normal" war, das ist es heute nicht mehr.
Mit zwei Maßen gemessen?
Am Samstag ist die Polizei darüber hinaus auch gegen eine friedliche Kundgebung von Menschenrechtsgruppen an der Brüsseler Börse vorgegangen. Die Ordnungskräfte begründeten ihre Haltung mit dem geltenden Versammlungsverbot.
"Wieder hat die Polizei jämmerlich versagt", wettert in diesem Zusammenhang La Libre Belgique. Was für ein Kontrast: Letzten Samstag durften Hooligans ungestört den Hitlergruß machen; eine Woche später wird bei einer harmlosen Mahnwache der Präsident der belgischen Menschenrechtsliga festgenommen. Hier wird doch mit zwei Maßen gemessen.
"Das Einschreiten der Polizei war unverhältnismäßig", räumt der Brüsseler Bürgermeister Yvan Mayeur in De Standaard ein. Er lässt den Vorfall untersuchen. "Das Versammlungsverbot galt nur für Rechtsextreme", sagt Mayeur.
"Kann sich dieser Mann nicht mal endlich im Zaum halten?", fragt sich De Standaard. Man kann jedenfalls nur hoffen, dass die Mitglieder des zu schaffenden Untersuchungsausschusses besonnener sein werden.
Auch De Morgen fragt sich, wer, so wörtlich, "den Laden noch zusammenhalten soll". Das Blatt vermisst jedenfalls Politiker mit Kragenweite und staatsmännischem Auftreten. In diesem Land herrscht allenfalls kollektive Nicht-Verantwortung.
Panama-Papers
Es gibt aber noch ein zweites großes Thema heute. "Der weltweite Skandal der Briefkastenfirmen", so die Aufmachergeschichte von Le Soir. Das Brüsseler Blatt gehört zu dem Verbund von internationalen Zeitungen, die die sogenannten "Panama-Papers" ausgewertet haben. Den Medien wurden Daten von der Kanzlei Mossack Fonseca mit Sitz in Panama zugespielt. Dieses Unternehmen ist darauf spezialisiert, für die Reichen und Superreichen Scheinfirmen zu gründen, damit diese Leute ihr Geld verstecken können. Le Soir hat die belgischen Kunden dieses Unternehmens unter die Lupe genommen; und das sind immerhin 732; auf der Titelseite sieht man Franco Dragone, den Gründer des "Cirque du soleil". Gazet van Antwerpen bringt es auf den Punkt: "Diese Leute haben Milliarden weggeschleust auf ferne Inseln".
Steuerhinterziehung bekommt einen mehr und mehr "blutigen" Charakter, meint Le Soir in seinem Leitartikel. Nicht nur, dass sich auf der Kundenliste Mossack Fonseca auch Schlächter wie der syrische Präsident Baschar al-Assad befinden. Auch hierzulande sorgt Steuerhinterziehung buchstäblich für ein Ausbluten des Staates. Für die Mindereinnahmen muss dann am Ende in der Regel Otto Normalverbraucher im Rahmen von Sparmaßnahmen die Zeche zahlen. Und wer sagt, dass die Tatsache, dass unsere Justiz und unsere Sicherheitsdienste nicht auch genau aus dem Grund unterfinanziert sind? Das Ergebnis haben wir vor elf Tagen gesehen.
Roger Pint - Bild: Benoit Doppagne (belga)