"Hausdurchsuchungen und Festnahmen am Fließband", titelt L'Avenir. "Die Jagd geht weiter", so die Schlagzeile bei L'Echo. Und Het Belang van Limburg schreibt: "Jambon schiebt Schuld auf einen Polizisten".
Die spektakulären Razzien in Brüssel und die Aussagen von gleich drei Ministern vor Kammerausschüssen im Zusammenhang mit den Anschlägen von Brüssel wählen die meisten Zeitungen für ihre Titelgeschichten. Auch ihre Leitartikel widmen sie weiterhin den Terroranschlägen von Brüssel und deren Folgen.
La Libre Belgique versucht sich mit einer Wochenbilanz: Man könnte es kurz machen und sagen, es sieht düster aus, ganz düster. Trotzdem sollten wir einen Streifen Hoffnung am Horizont erkennen. Denn seit einer Woche erleben wir etwas Ungewöhnliches: Spontan versammeln sich Bürger in kleinen Gruppen, geben sich die Hand und umarmen sich, zeigen dem anderen ihre Sympathie. Das ist genau das Gegenteil von dem, was die Terroristen erreichen wollen. Die Anschläge sollten Gewalt hervorrufen, Hass und Angst. Halten wir also fest: Diese schwierige Woche hat auch gezeigt, dass Liebe und Solidarität immer stärker sein werden, so La Libre Belgique.
Den Terroristen die Stirn bieten
Ähnlich La Dernière Heure: Die Belgier sind kein Volk, das einfach mal so, ganz spontan, auf die Straße geht, um irgendetwas zu bekunden. Doch genau das erleben wir gerade. Und werden wir auch noch die folgenden Tage erleben: Solidaritätskundgebungen, die nicht groß organisiert und lange angekündigt sind, sondern spontan entstehen. Das ist die Art der Bürger, den Terroristen die Stirn zu bieten. Betroffenheit, Trauer und Solidarität miteinander teilen und geeint auftreten, schreibt La Dernière Heure.
Auch Le Soir zieht zum Wochenende eine Bilanz der vergangenen Tage. Fragen, Fragen, zahlreiche Fragen. Letztlich ist es immer noch das, vor dem wir stehen. Und vor Ängsten. Angst vor den Terroristen, die noch auf der Flucht sind. Angst vor anderen Terrorzellen, die in Belgien existieren könnten. Angst vor der Fähigkeit unserer Politiker, die Fehler richtig zu analysieren und sie zu beheben. Angst vor der Reaktion der Menschen auf diese Fehler. Angst vor der Gesellschaft von morgen, die aus dem Wirrwarr der aktuellen Wirklichkeit entstehen wird. Am Ende dieser schrecklichen Woche können wir uns nur eins wünschen: Wir müssen durchhalten und einen kühlen Kopf bewahren, rät Le Soir.
Angemessen reagieren
De Morgen schreibt: Ja, der Islamische Staat hat uns in die Knie gezwungen. Und mit dem Terror wird es sicher weitergehen. Die Gefahr ist noch längst nicht gebannt. Deswegen müssen wir angemessen reagieren. Die Föderalregierung sollte sich fähig zeigen, uns zu schützen. Die Schuld bei einzelnen Personen, gar bei einem einzigen Bediensteten in der Türkei zu suchen, wie das gestern Innenminister Jan Jambon getan hat, ist nicht der richtige Weg. Daneben ist es auch wichtig, uns nicht auch noch mental von IS in die Knie zwingen zu lassen. Das geht nur, wenn wir uns nicht gegeneinander ausspielen lassen, sondern zusammenhalten und Brücken bauen, so De Morgen.
L'Avenir kommentiert: Eins ist sicher. Ganz unabhängig von den fragwürdigen Auftritten der Minister Jambon und Geens in den Kammerausschüssen steht gerade die ganze Regierung Charles Michel auf dem Spiel. Sie ist zu einem Selbstmordkommando geworden. Denn erschreckende Fehler treten jetzt zutage, die Einblicke geben in die Handlungsunfähigkeit des Staates. Man darf sich also zu Recht fragen, ob die Anschläge letztlich nicht doch einem Bart De Wever Recht geben. Denn sie sind zweifelsohne das schrecklichste Symbol eines Staates, dem eine starke Führungspersönlichkeit und eine gut arbeitende Regierung fehlen. Das Drama von Brüssel ist die Feststellung eines Versagens, die Bankrotterklärung eines Landes, findet L'Avenir.
Mehr Aufklärung, weniger Schuldzuweisungen
Auch De Standaard sieht die Föderalregierung gefährdet: Die Aussagen der Minister Jambon, Geens und Reynders haben gezeigt: Es gibt keine einheitliche Erklärung für die Fehler, die gemacht worden sind. Jeder sagt etwas anderes. Und das ruft weitere Zweifel hervor. Die Regierung hat nur dann eine Chance zu überleben, wenn sie mit einer Stimme spricht, glaubt De Standaard.
Het Nieuwsblad staunt: Die Minister haben gestern so geredet, als ob es um ihr politisches Überleben ginge. Sie haben versucht, die Schuld auf andere zu schieben. Irgendwelche kleine Mitarbeiter sollen es gewesen sein, und nur weil die versagt hätten, sei es zu den schlimmen Taten gekommen. Das ist abstrus. Und lenkt vom Eigentlichen ab. Gestern ging es nicht mehr um die Köpfe der Minister. Die waren tags zuvor gerettet worden. Gestern ging es um Aufklärung. Es ist zu wünschen, dass die Minister daran künftig konstruktiver mitarbeiten, schreibt Het Nieuwsblad.
Kay Wagner - Bild: Patrik Stollarz/AFP