"Der neue Staatsfeind Nummer eins", titeln Het Nieuwsblad, Gazet van Antwerpen und Le Soir. "Und er kommt schon wieder aus Brüssel", fügt Het Nieuwsblad hinzu. "Auch nach der Festnahme von Salah Abdeslam ist die Jagd nicht vorbei", schreibt La Dernière Heure auf Seite eins.
Die Fahndung konzentriert sich jetzt auf Najim Laachroui. Der Name ist neu in der Akte, nicht aber der Verdächtige an sich. Der Mann war bislang unter dem Namen "Soufiane Kayal" bekannt. Er war einer der beiden Unbekannten, die im Herbst letzten Jahres aus Syrien nach Europa zurückkehrten und in Ungarn von Salah Abdeslam abgeholt wurden. Lange Zeit war er ein Phantom, bis er jetzt eben als Najim Laachroui identifiziert werden konnte. Der 24-Jährige stammt aus Schaerbeek und ist schon 2013 nach Syrien in den Krieg gezogen. La Libre Belgique nennt ihn auf Seite eins denn auch einen "Dschihadisten der ersten Stunde".
"Die Schlüsselfigur hat jetzt endlich einen Namen", notieren De Standaard und Het Nieuwsblad. Najim Laachroui gilt in der Tat als einer der Strippenzieher der Anschläge vom 13. November. "Er baute die Bomben für Paris", schreibt Het Belang van Limburg auf Seite eins. In jedem Fall wurden seine Fingerabdrücke auf zwei Sprengstoffgürteln entdeckt, mit denen sich die Pariser Attentäter in die Luft gesprengt hatten.
Sein jüngerer Bruder Mourad entschied sich im Übrigen für einen ganz anderen Lebensweg, wie unter anderem De Standaard und Het Nieuwsblad berichten. Der 21-Jährige steht vor einer internationalen Karriere im Taekwondo. Er ist Mitglied der belgischen Nationalmannschaft und hätte um ein Haar an den Olympischen Spielen in diesem Jahr in Rio teilgenommen. Auch deswegen hat sich die Familie von dem jetzt gesuchten Najim Laachroui längst distanziert.
Syrienheimkehrer im Visier
Die belgischen Behörden gingen bislang davon aus, dass er sich noch in Syrien aufhielt. Ein weiteres Indiz dafür, dass das Problem der Syrienheimkehrer nach wie vor nicht gelöst ist, notiert dazu Le Soir. Auch vor diesem Hintergrund will die Regierung offenbar eine härtere Gangart einschlagen: "Syrienheimkehrer werden womöglich schon bald systematisch inhaftiert", berichtet die Zeitung. Inoffiziell ist das bereits der Fall, eine "automatische Inhaftierung" soll aber schon bald gesetzlich festgeschrieben werden.
Zwei Zahlen sprechen da Bände, notiert Le Soir in seinem Leitartikel. Von den 451 Belgiern, die nach Syrien in den Krieg gezogen sind, sind 117 inzwischen wieder nach Hause zurückgekehrt. Viele von ihnen, wenn auch nicht alle, hegen nach ihrer Rückkehr einen noch größeren Hass auf die westliche Lebensweise. Und leider bleibt da fast nichts anderes übrig, als diese Leute permanent im Auge zu behalten, beziehungsweise erst einmal wegzusperren. Das ist das Ende einer gewissen Sorglosigkeit und zugleich wohl der größte Sieg von IS.
Kronzeuge Abdeslam?
"Dürfen wir mit Abdeslam verhandeln?", fragt sich De Morgen auf Seite eins. Seit seiner Festnahme wird jedenfalls wieder über die Einführung einer Kronzeugenregelung diskutiert. Das würde ja bedeuten, dass man einem Verdächtigen eine mildere Strafe versprechen kann, wenn er im Gegenzug umfassend aussagt. Gerade in Terrorismusdossiers ist das allerdings eine heikle Frage.
"Damit das klar ist", meint De Morgen in seinem Leitartikel, "Salah Abdeslam kommt in jedem Fall nicht für eine solche Regelung in Frage." Hätte er die Behörden vor dem 13. November über die Anschlagspläne informiert, dann sähe das vielleicht anders aus. Das hat er aber nicht getan. Und deswegen gebührt ihm auch kein Dank.
Wurden Bilder von Molenbeek-Ausschreitungen unterschlagen?
In Flandern schwelt derweil eine Polemik zwischen dem flämischen Ministerpräsident Geert Bourgeois und dem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender VRT. Bourgeois wirft der VRT vor, Bilder bewusst unterschlagen zu haben. Nach der Festnahme von Salah Abdeslam hatten mehrere Dutzend Jugendliche in Molenbeek die Sicherheitskräfte mit Steinen und Flaschen beworfen. Die VRT hatte die Bilder nicht gezeigt. "Das erinnert an die Ereignisse in Köln", wetterte Bourgeois.
Und er hat nicht ganz Unrecht, glaubt Het Nieuwsblad. Nicht nur, dass sich ein Terrorist wie Salah Abdeslam 126 Tage lang in Brüssel verstecken kann, was ohne Hilfe unmöglich wäre. Die Sympathie für diese Mörder ist so groß, dass sogar bis zu 200 junge Menschen sie unverhohlen bei einer Demo zum Ausdruck bringt. Das ist kein Kinkerlitzchen, sondern der Beweis für ein wirklich ausgewachsenes Problem.
Het Belang van Limburg sieht das etwas nuancierter. Die wahren Beweggründe der Unruhestifter sind unklar. Viele haben eher genug davon, dass Molenbeek ständig in den Schlagzeilen ist. Der Vorfall kann durchaus als eine Fußnote betrachtet werden. Die Reaktion des flämischen Ministerpräsidenten war in jedem Fall übertrieben.
Haushaltskontrolle und EU-Gipfel
Die Regierung hat ihre Haushaltskontrolle unterdessen erst einmal vertagt. "Premier Michel fährt ohne Abkommen nach China", bemerkt etwa De Morgen. Am Mittwoch bricht Michel zu einem ohnehin schon verschobenen Besuch nach Peking auf. Dass keine Einigung zustande kam, ist auch die Schuld von "N-VA-Chef und Schattenpremier Bart De Wever", wie es Het Nieuwsblad formuliert. De Wever hatte drastische Einschnitte gefordert, die man nicht übers Knie brechen dürfe.
Einige Zeitungen schließlich kommen heute noch einmal auf den EU-Gipfel vom vergangenen Freitag zurück, der bei all dem ziemlich untergegangen war. Die Urteile sind ziemlich vernichtend. Die EU betreibt ein Outsourcing ihrer Asylpolitik und das mit einem Partner, der es mit Menschenrechten und Demokratie nicht so genau nimmt, wettert etwa De Standaard.
Für L'Echo hat Europa ein "humanitäres Recht zum Rabattpreis" erfunden. Eigentlich muss man Menschen ihre Würde geben und ihre Sicherheit garantieren. In diesem Punkt hat Europa jämmerlich versagt.
Roger Pint - Bild: HO/AFP