"Endlich!" titelt Gazet van Antwerpen. "Gefasst", schreibt Het Belang van Limburg auf seiner Titelseite. "Ende einer langen Flucht", heißt es gleichlautend bei La Libre Belgique und L'Avenir. "Wir haben ihn", so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. "126 Tage auf der Suche und letztendlich in Molenbeek gefunden", titelt Het Nieuwsblad.
Die Festnahme von Europas meistgesuchtem Terroristen, Salah Abdeslam, ist das alles beherrschende Thema. Bei einer Razzia in der Brüsseler Gemeinde Molenbeek wurde der 26-Jährige gestern Nachmittag verletzt und anschließend festgenommen. Het Laatste Nieuws glaubt zu wissen, wie die Polizei dem mutmaßlichen Paris-Attentäter auf die Schliche gekommen ist. Durch die Hausdurchsuchung am Dienstag in Forest, bei der auf Polizeibeamte geschossen worden war, sind die Ermittlungen in eine Stromschnelle geraten.
Bei der gründlichen Spurensuche stieß die Polizei in der Wohnung auf Abdeslams Fingerabdrücke. Anschließend haben die Nachrichtendienste alle Handymasten der Umgebung durchleuchtet und sind auf eine Nummer gestoßen, die sich einmalig in das Netz eingewählt hatte. Dieselbe rätselhafte Nummer tauchte später in den Daten eines Mobilfunkmastes in Molenbeek auf. "Durch einen dummen Fehler hat sich Abdeslam selbst verraten", bemerkt De Morgen. Die Sicherheitsdienste haben dann zwei Tage in Molenbeek auf der Lauer gelegen, bevor am Freitag um 16:40 Uhr der Zugriff erfolgte und der Gesuchte in weniger als zehn Minuten überwältigt werden konnte, erklärt Het Nieuwsblad.
"Die Gefahr ist noch nicht gebannt"
Mit viel Erleichterung reagiert die Politik auf die gelungene Festnahme, berichtet La Libre Belgique. Premierminister Charles Michel spricht von einem "großen Fahndungserfolg", einem "wichtigen Schritt im Kampf gegen den Terrorismus". Lob für die Arbeit der belgischen Polizei kommt unter anderem vom französischen Präsidenten François Hollande. Sogar von US-Präsident Barack Obama hat Charles Michel am Freitagabend einen Anruf erhalten.
Gazet van Antwerpen meint: Endlich sorgt Belgien wieder für positive Schlagzeilen in der Welt. Die Gefahr ist aber noch längst nicht gebannt, fügt das Blatt hinzu. Es gibt noch andere Terrorzellen, andere Syrien-Rückkehrer. Das Problem mit dem Terrorismus ist, dass ein einziger Radikaler ausreicht, um ein Blutbad unvorstellbaren Ausmaßes anzurichten.
So sieht es auch Het Laatste Nieuws: Für jeden ausgeschalteten "Abdeslam" schaltet die Terrorgruppe IS einen neuen, potentiellen Attentäter ein. Deswegen findet Het Belang van Limburg: Abdeslams Festnahme ist nicht das Ende, sondern der Anfang einer langwierigen Arbeit. Wie kann es sein, dass der meistgesuchte Terrorist des Kontinents so lange untertauchen konnte? Und wer sind diese Menschen, die ihm Unterschlupf gewährt haben?
De Morgen fügt weitere Fragen hinzu: Wie groß ist Abdeslams Netzwerk und welche Pläne hatte er? De Standaard schreibt: Die weiteren Ermittlungen werden aufzeigen müssen, welche Rolle Salah Abdeslam im Zusammenhang mit den mörderischen Anschlägen von Paris am 13. November 2015 tatsächlich gespielt hat. War er eine Schlüsselfigur, einer der Hauptdrahtzieher oder nur ein Mitläufer?
Wer sind die Handlanger von Abdeslam?
Het Nieuwsblad hält fest: Um so lange unter dem Radar der Sicherheitskräfte bleiben zu können, muss Salah Abdeslam auf die Unterstützung vieler Handlanger zurückgegriffen haben. Die Festnahme beweist einmal mehr, dass Teile der Brüsseler Problemgemeinde Molenbeek rechtsfreie Räume sind. Alles weist darauf hin, dass es dort noch weitere Terroristenverstecke gibt. Höchst problematisch ist auch der Umgang einiger Jugendlicher aus Molenbeek mit dem ganzen Thema. Offenbar gibt es dort noch immer Menschen, die finden, dass die Polizei in ihrem Viertel nichts zu suchen hat. Selbst dann nicht, wenn sich alles um einen Terroristen dreht, der das Blut der vielen Opfer von Paris an den Händen kleben hat.
Auch Le Soir meint: Für Molenbeek war das am Freitag ein rabenschwarzer Tag. Ein ganzes Viertel gerät jetzt in Verruf und steht unter dem Generalverdacht der Mittäterschaft. Abdeslam hat es geschafft, sich genau dort zu verstecken, wo ihn alle Welt gesucht hat.
Problemfelder Molenbeek und Islam
L'Écho bemerkt: Für gewisse Jugendliche ist Salah Abdeslam so etwas wie ein Vorbild. Für diejenigen, die bereits islamistischen Hasspredigern in die Arme gelaufen sind. Die Behörden werden hart und repressiv auftreten müssen, fordert De Morgen. Gleichzeitig werden sie aber noch mehr Präventionsarbeit leisten müssen. Denn nur durch eine bessere Integration in die Gesellschaft kann man dem Terrorismus den Nährboden entziehen. L'Écho fügt hinzu: Die Politik wird sich auch trauen müssen, heikle gesellschaftliche Themen anzusprechen. Über den Platz, den man der Religion im öffentlichen Leben einräumt, muss debattiert werden. Ebenso über die Unverträglichkeit einiger Aspekte des Islams mit unseren demokratischen Grundwerten.
Alain Kniebs - Karikatur: Valentine Lilien