"Forest im Belagerungszustand", titelt La Libre Belgique. "Tödliche Hausdurchsuchung", so die Schlagzeile von Le Soir. "Polizei erschießt Terrorverdächtigen in Forest", schreibt De Standaard auf Seite eins. Den ganzen Nachmittag lang und bis tief in die Nacht hinein haben die Ereignisse in der Brüsseler Stadtgemeinde Forest das Land in Atem gehalten.
Le Soir fasst es wie folgt zusammen: "Routineoperation entfesselt Gewaltexplosion". Drei Polizisten sollten in einer Wohnung in Forest eine simple Überprüfung vornehmen. Die Hausdurchsuchung stand im Zusammenhang mit den Ermittlungen nach den Pariser Anschlägen vom 13. November.
"Sie suchten falsche Pässe und fanden Terroristen", resümiert Het Nieuwsblad. Fakt ist: Kaum standen die Polizisten vor der besagten Wohnung, da wurde auch schon das Feuer auf sie eröffnet. "Die Polizei wurde mit Kalaschnikows empfangen", so denn auch die Schlagzeile von Het Belang van Limburg. Drei Polizisten werden leicht verletzt, später noch ein vierter.
"Das Ganze hätte in einem Drama enden können", zitieren einige Zeitungen denn auch Premierminister Charles Michel. Sofort rückt Verstärkung an. Was folgt, das umschreibt De Morgen auf Seite eins als "Hetzjagd". Viele Zeitungen bringen Fotos, die an einen Actionfilm erinnern. Schwerbewaffnete und vermummte Spezialeinsatzkräfte, die auf den Dächern von Forest nach den Flüchtigen suchen. Es gibt mehrere Schusswechsel; dabei wird einer der Verdächtigen erschossen, von einem Scharfschützen, wie La Dernière Heure erfahren haben will.
Terrorverdächtige von Forest waren der Polizei bereits bekannt
"Der Tote ist nicht Salah Abdeslam", unterstreicht L'Avenir auf Seite eins. La Dernière Heure glaubt zu wissen, wer da die Polizei in Atem gehalten hat: "Hier sind die Terroristen, die für Panik in Brüssel gesorgt haben", schreibt das Blatt. Demnach handelt es sich um Khalid und Ibrahim El Bakraoui. Die beiden 27- und 30-jährigen Brüder sind offensichtlich polizeibekannt. Einer von ihnen war schon 2010 zu einer längeren Haftstrafe verurteilt worden, weil er mit einem Sturmgewehr auf Polizisten geschossen hatte. Und diese beiden sollen über die Dächer entkommen sein. "Zwei Terroristen sind noch flüchtig", kann denn auch Het Nieuwsblad nur feststellen. "Das Land hat zwei Staatsfeinde mehr", notiert Het Laatste Nieuws.
Das Viertel in Forest um die Place Saint-Denis, unweit des Audi-Werks, war gestern stundenlang abgeriegelt worden. Innerhalb des Sperrgebiets befanden sich unter anderem auch zwei Schulen und zwei Kinderkrippen. Viele Zeitungen bringen Fotos von Kindern, die manchmal erst in den Abendstunden ihren Eltern wieder übergeben werden konnten. "Mein Sohn hat Todesängste ausgestanden", sagt ein sichtlich schockierter Vater in Het Nieuwsblad.
Und es wird weitere Forests geben, warnt Le Soir. Das normalerweise so ruhige Stadtviertel hat gestern einen Albtraum erlebt. Die Ereignisse zeigen, dass man die terroristische Bedrohung nicht mehr wegdiskutieren kann. Wir müssen mit dieser Gefahr leben, sie darf aber nicht unser Leben bestimmen. Und noch etwas: Diese Bedrohung ist auch nicht an einzelnen Orten festzumachen. Forest ist nicht das neue Molenbeek. Zu glauben, die Gefahr eingrenzen zu können, ist naiv.
La Dernière Heure sieht das ähnlich: Die Gefahr ist immer und überall, meint das Blatt sinngemäß. Es gibt wohl keinen Ort in Belgien, an dem man vor Terroristen wirklich sicher wäre.
Der Kummer von Brüssel
Und doch lautet das beißende Fazit auf Seite eins von Gazet van Antwerpen: "Brüssel ist wieder einmal Terror-Hauptstadt". Das Ganze ist wohl ein neuer, schwerer Schlag für das Image der Hauptstadt, meint auch De Morgen in seinem Leitartikel. Es ist zu erwarten, dass die Weltpresse jetzt einmal mehr Brüssel zur Drehscheibe des islamistischen Terrorismus stempeln wird. "Es ist der Kummer von Brüssel", meint das Blatt in Anlehnung an einen bekannten Roman von Hugo Claus.
Het Laatste Nieuws ist da nicht ganz so wohlwollend. Brüssel ist weit davon entfernt, von gemeingefährlichen Dschihadisten gesäubert zu sein. Die bedrohliche Unterwelt ist ganz offensichtlich lebendiger denn je. Da werden konspirative Wohnungen angemietet, in deren Kellern sich dann die Waffen stapeln. In der Vergangenheit haben immer wieder mal Politiker vollmundig versprochen, "aufzuräumen", "die Hauptstadt zu reinigen". "Paroles, paroles", schreibt die flämische Zeitung auf Französisch, nichts als heiße Luft.
Auch La Libre Belgique wird inzwischen von Zweifeln beschlichen, was die Effizienz der belgischen Sicherheitskräfte angeht. Gerade in letzter Zeit gab es Hinweise auf tiefe Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Anti-Terror-Einheit der Föderalen Polizei. Spätestens die gestrigen Ereignisse sollten alle Beteiligten aufrütteln.
Haushaltskontrolle: Glaubt ihnen nicht!
Einige Zeitungen kommen doch noch auf den derzeitigen Stand der laufenden Haushaltskontrolle zurück. Die Regierung hat ja das erforderliche Sparvolumen deutlich nach unten korrigiert. Im Moment wird davon ausgegangen, dass 1,4 Milliarden Euro gefunden werden müssen, damit Belgien seine Haushaltsziele erreicht. Das bedeutet, dass die Anstrengungen mal eben mehr als halbiert werden.
Die Folge wird mal wieder ein Sammelsurium an kleinen und noch dazu halbherzigen Maßnahmen sein, ist De Standaard überzeugt. Das entspricht nicht den Erwartungen der Bürger, die sich gesunde Staatsfinanzen wünschen.
"Glaubt ihnen nicht!", mahnt Het Nieuwsblad. Da hat die Regierung ganz tief in die Trickkiste gegriffen. Zugleich will man uns weismachen, dass sich am Ziel einer Schwarzen Null im Jahr 2018 nichts ändert. Glaubt ihnen nicht!
Het Belang van Limburg sieht das ähnlich: Bis zur Wahl 2019 wird nichts mehr so sein wie es scheint.
rop - Bild: Dirk Waem (belga)