"Abschied von Didier Bellens", schreibt De Standaard auf Seite eins. "Ex-Belgacom-Chef Bellens stirbt im Alter von 60 Jahren nach einer langen Krankheit", so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws.
Didier Bellens ist tot. Und "er hinterlässt ein kontrastiertes Image", schreibt L'Avenir auf Seite eins. Auf der einen Seite war Bellens der Mann, der Belgacom aufgerüttelt hat, meint Le Soir auf Seite eins. "Bellens war ein brillanter, aber auch widerspenstiger Chef", schreibt ihrerseits La Libre Belgique. Für De Morgen war er "der einsame CEO".
Didier Bellens: Licht und Schatten
Didier Bellens verfügte über zwei Facetten: "Licht und Schatten", wie es L'Avenir formuliert. Er galt als Zahlengenie, wurde vom belgischen Industriellen Albert Frère schon in jungen Jahren in Verantwortungspositionen gehievt. Bellens war unter anderem Hauptgeschäftsführer der RTL-Gruppe, bevor er 2003 nach Belgacom wechselte. Er führte die frühere RTT zweifellos ins 21. Jahrhundert.
Auf der anderen Seite gab's da aber auch den Menschen Didier Bellens. "Der Visionär trieb es ein bisschen zu bunt", urteilt De Morgen. Het Laatste Nieuws nennt ihn das "Top-Talent, das sich unmöglich machte". Bellens galt in der Tat als kalt und arrogant. Viele Zeitungen bringen heute noch einmal das Zitat, das ihn sein Amt kostete: "Premierminister Elio Di Rupo wartet auf die Belgacom-Dividende wie ein kleines Kind auf den Nikolaus". Das war im November 2013; und gut eine Woche später wurde er von der Regierung seines Amtes enthoben.
"Der Staat als Verbündeter"
Der Staat hat sich in dieser Geschichte schizophren verhalten, meint Le Soir in seinem Leitartikel. Erst ruft man als Mehrheitsaktionär nach einem "starken Mann", der in einem angestaubten Unternehmen, wie es Belgacom damals war, Ordnung schaffen soll. In ruhigen Zeiten wünscht man sich dann aber einen möglichst gefügigen Befehlsempfänger. Insbesondere das Beispiel Bellens zeigt: Der Staat sollte sich in allen Zeiten als Verbündeter der Staatsbetriebe und ihrer Verantwortlichen zeigen.
"Die föderale Polizei ist personell stark unterbesetzt", titelt derweil De Standaard. Demnach fehlen derzeit 3.000 Beamte. Das entspricht einem Fünftel des theoretischen Stellenplans. Die Gewerkschaften werden denn auch langsam ungeduldig: Insbesondere vor dem Hintergrund der Antiterror-Maßnahmen sollte die Regierung jetzt endlich ihre Versprechen einlösen, heißt es da.
Europa stirbt
Einige Zeitungen sorgen sich um den Zustand der Europäischen Union. "Europa stirbt vor unseren Augen", meint La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Mit jedem Tag verliert die Europäische Union ein Stück ihres Herzens, ihrer Seele, ihrer Energie. Kaum jemand spielt heute noch freiwillig die "Ode an die Freude", das Europa-Lied. Gedrängt von ihrer öffentlichen Meinung igeln sich viele Mitgliedsstaaten ein. Die Lage ist nicht ernst, vielmehr ist es fünf vor zwölf. Wenn die politisch Verantwortlichen nicht sehr bald zu Mut und Vision zurückfinden, wird Europa wieder aufhören, ein Raum des Friedens zu sein.
Europa leidet unter Auflösungserscheinungen, meint auch Het Laatste Nieuws. Dabei hätte die Flüchtlingskrise mit ein bisschen Weitsicht abgefedert werden können. Es war zu erwarten, dass sich die Flüchtlinge irgendwann in Richtung Europa in Bewegung setzten würden. Diese Entwicklung hätte man vorbereiten können. Statt einer kohärenten Politik gab es eine großmütige Geste der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Nur ging ihre Rechnung nicht auf: Viele EU-Staaten lassen die Deutschen alleine.
Und jetzt braut sich in Griechenland eine humanitäre Katastrophe zusammen. "Gestrandet an der Grenze", schreibt De Standaard auf Seite eins. Die so genannte Balkan-Route ist ja teilweise geschlossen. 7.000 Flüchtlinge sind an der Grenze zu Mazedonien blockiert. "Und vielleicht sind es bald 70.000", so die bange Prognose von Het Belang van Limburg. Offenbar wird schon an einem Notfall-Plan gearbeitet.
Trump made in Europa
Einige Zeitungen blicken auch mit Sorge auf den amerikanischen Vorwahlkampf. "Frankenstein for President?", fragt sich Gazet van Antwerpen. Die Rede ist natürlich von Donald Trump, der gute Aussichten hat, der Präsidentschaftskandidat der Republikaner zu werden. Dieser Mann ist die fleischgewordene Anti-Politik, meint das Blatt. Trump ist populistisch und fremdenfeindlich, hat beinahe alle Bevölkerungsgruppen beleidigt, glaubt, dass Waterboarding eine prima Verhörtechnik ist. Bald liegt es wohl an Hillary Clinton: Sie muss die enttäuschten Wählern mobilisieren.
Wir in Europa wären aber gut beraten, das Getrommel um Donald Trump nicht als eine neue amerikanische Marotte abzutun, warnt De Morgen. Das Phänomen ist gar nicht so weit von uns entfernt, wie wir es vielleicht denken könnten. Auch wir in Europa haben unsere autoritären Populisten. Marine Le Pen in Frankreich oder Pegida in Deutschland sind der Beweis dafür, wie schnell Angst und Unsicherheit dazu führen können, dass den Falschen zugejubelt wird. Nicht auszuschließen ist, dass man bei den Wahlen in Frankreich und Deutschland im nächsten Jahr Echos von Donald Trump hören wird.
De Standaard sieht einen Grund für den Erfolg der Populisten im mangelnden Weitblick der politisch Verantwortlichen. Viele von ihnen fürchten sich allein vor dem Urteil ihrer Wähler; entsprechend vor- und kurzsichtig agieren sie. Gegenbeispiel ist der frühere deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder, dessen Politik heute Früchte abwirft. Politiker sollten also auch immer vor Augen haben, welchen Platz sie letztlich in der Geschichte einnehmen werden. Das gilt auch für unsere Föderalregierung: Wir brauchen jetzt entschlossene, konsequente Richtungsentscheidungen. Zumal: Gewählt wird erst in drei Jahren.
Roger Pint - Archivbild: Johanna Geron (belga)