Flämische Bürgermeister sind scheinheilig
Het Laatste Nieuws weist wie viele andere Zeitungen darauf hin, dass rund die Hälfte der Bürgermeister im Wahlbezirk Brüssel-Halle-Vilvoorde die Wahlen nicht organisieren werden, weil sie nicht verfassungsmäßig sind. Das Paradoxe ist jedoch nach Ansicht der Zeitung, dass diese gleichen Bürgermeister wohl aber auf den Wahllisten kandidieren. Solche Dinge sind es, die den Bürgern die Politik versauern.
Man verspricht Dinge zu regeln, tut es dann doch nicht und zieht daraus auch keine Konsequenzen. Würden die gleichen Bürgermeister, wenn sie gewählt werden, das Amt ablehnen, und der Rest der flämischen Gewählten würde das Gleiche tun, dann wäre das Problem Brüssel-Halle-Vilvoorde sehr schnell gelöst.
Zweierlei Maß
Zum gleichen Thema notiert La Libre Belgique, flämische Bürgermeister dürfen es sich ungestraft leisten, die Organisation von Wahlen in ihrer Gemeinde abzulehnen. Begeht aber ein frankophoner Bürgermeister in einer flämischen Randgemeinde Brüssel einen Fehler, der nicht mal halb so schlimm ist, dann wird er nicht ernannt. Da wird doch eindeutig mit zweierlei Maß gemessen.
Gazet Van Antwerpen vertritt die Auffassung, dass die Bildung einer neuen Regierung ohne ein zwischengemeinschaftliches Abkommen über B.H.V und die Staatsreform so gut wie unmöglich ist. Ohne ein solches Abkommen gibt es nicht genügend Vertrauen zwischen den Partnern, um so heikle Fragen wie die Zukunft der Pensionen, das Haushaltsdefizit und die soziale Sicherheit zu regeln.
Reynders geht, wenn er die Wahlen verliert
La Derniere Heure lässt in einem Interview MR-Präsident und Finanzminister Didier Reynders zu Wort kommen. Zu seinen Kernaussagen gehört seine Bereitschaft, den PS-Vorsitzenden Di Rupo gegebenenfalls als Premierminister zu akzeptieren. Allerdings kann Reynders sich den Seitenhieb nicht verkneifen, die Sozialisten wären gut beraten, für die Finanz- und Wirtschaftskrise endlich einmal machbare Lösungen vorzuschlagen.
Auf das Verhältnis zu den Flamen angesprochen, ist er der Auffassung, unmittelbar nach den Wahlen gelte es zu klären, was die beiden großen Gemeinschaften des Landes noch gemeinsam tun wollen. Sollte Reynders die Wahlen verlieren, zieht er ernsthaft in Betracht, der Politik den Rücken zu kehren und etwas vollkommen anderes zu machen.
Wahlen hätten vermieden werden können
Le Soir meldet auf seiner Titelseite, dass es den im Ausland lebenden Belgiern nicht ermöglicht wird, sich in den flämischen Randgemeinden Brüssels in französischer Sprache für die Wahlen registrieren zu lassen. Das ist schlichtweg illegal, schlussfolgert die Zeitung, denn einem im Ausland lebenden Belgier kann man nach dem belgischen Gesetz den Gebrauch des Niederländischen nicht aufzwingen.
An anderer Stelle berichtet Le Soir, dass uns diese Wahlen erspart geblieben wären, wenn Premierminister Leterme bereit gewesen wäre, von seinem Amt zurückzutreten. Unter dieser Bedingung wären die flämischen Sozialisten in die Regierung eingestiegen, so dass man die weitere Unterstützung der flämischen Liberalen nicht nötig gehabt hätte. Angeblich hat Leterme dies jedoch abgelehnt.
De Standaard erhofft sich von dem Wählerurteil ein starkes Parlament, das heißt Abgeordnete und Senatoren, die selbständig denken und handeln. Nur solche Leute verdienen unsere Stimme und nicht die Wasserträger von Ministern und Parteien. Nur so kann die Volksvertretung wieder zum Zentrum der politischen Debatte und der politischen Macht werden.
Asylanten bringen keine Stimmen
De Morgen kommentiert einen erneute Streit in Sachen Asylbewerber. In Antwerpen verklagt das öffentliche Sozialhilfezentrum nunmehr Fedasil, die Agentur für die Aufnahme von Asylbewerben, weil diese sich weigert, die Hotels zu bezahlen, in denen sie die Asylbewerber untergebracht hat.
Für die Zeitung ist dies bezeichnend für das Scheitern der belgischen Asylpolitik. Die Wurzel des Übels ist wohl darin zu suchen, dass die Politiker dem Problem nicht die gebotene Aufmerksamkeit schenken, weil mit Asylanten keine Stimmen zu holen sind.
Deutsche Lektion
Het Belang van Limburg schließlich kritisiert die deutsche Bundeskanzlerin Merkel, die ganz Europa die von Deutschland angewendete Schuldenbremse aufzwingen will.
Frau Merkel sollte nicht vergessen, dass die europäischen Länder Deutschland zum Exportweltmeister gemacht haben, weil sie sich unter anderem dadurch verschuldet haben, dass sie deutsche Produkte kauften. Deutsche Tugend ist eine Sache, Scheinheiligkeit eine andere.