"Die Hintertürchen von Ikea", titelt De Standaard. "Die Steuervermeidung von Ikea muss untersucht werden", schreibt De Morgen auf Seite eins.
Der schwedische Möbelgigant Ikea steht ins Zwielicht. Nach einer Studie, die die europäischen Grünen im Auftrag gegeben haben, hat das Unternehmen es geschafft, über eine Milliarde Euro an Steuern zu sparen. Der Konzern spielt dabei konsequent die verschiedenen EU-Staaten gegeneinander aus. Mehr noch: Bei seinem Steuer-Hopping kombiniert das Unternehmen Steuerregelungen von verschiedenen Ländern, um seine Ersparnis zu optimieren. Allein in Belgien hat man über die so genannten Fiktivzinsen 500 Millionen Euro an Steuern vermieden. Das Alles ist - wohl bemerkt - legal.
De Standaard spricht dennoch in seinem Leitartikel von einer Trickkiste Marke "Eigenbau". Die EU-Staaten liefern sich hier gerade einen unseligen Konkurrenzkampf. Klar ist es legitim, wenn man versucht, große, internationale Konzerne anzulocken. Die schaffen schließlich Wachstum und Jobs. Danach müssen die Politiker aber ihre Bevölkerung davon überzeugen, dass das Steuersystem doch gerecht und ausgewogen ist. Das wird bei dem allgemeinen Tiefstapeln allerdings immer schwieriger. Auf Dauer unterminieren die Staaten die Legitimität ihrer Steuersysteme. Dieses Steuerhopping muss endlich aufhören, fordert De Standaard.
SNCB aus der Spur
"Warum die SNCB entgleist", so derweil die Aufmachergeschichte von La Libre Belgique. Die Zeitung bringt heute den Auftakt zu einer großen Serie über die nationale Eisenbahngesellschaft, die die ganze nächste Woche über fortgesetzt werden soll. Dabei will die Zeitung offensichtlich zur Sache gehen. Erste Frage: "Ist die belgische Bahn virtuell bankrott?".
In ihrem Leitartikel kann La Libre Belgique nur feststellen, dass die SNCB nach wie vor nicht den Platz einnimmt, der ihr eigentlich gebührt. Im Augenblick stellt sie für viele nicht wirklich eine Alternative dar: Zu geringe Regelmäßigkeit, zu schlechter Komfort, zu häufige Verspätung, endlose Streiks. Dabei ist die Bahn mehr denn je der Schlüssel für eine vernünftige Verkehrspolitik: Weniger Umweltbelastung, weniger Staus, weniger Unfälle, weniger Stress. Erst, wenn Politiker, Bahnverantwortliche, Gewerkschaften und auch der Steuerzahler all das eingesehen haben, ist die Bahn gerettet.
Auch Le Soir befasst sich mit der SNCB, genauer gesagt mit der Brüsseler S-Bahn, dem so genannten RER. Das Urteil der Zeitung ist erbarmungslos: "Der RER ist die gigantischste aller 'unnützen Arbeiten' in diesem Land". Das Schlimme ist, fügt Le Soir in seinem Kommentar hinzu. Es ist ein Skandal ohne Gesicht. Verantwortliche können nicht benannt werden, schlicht und einfach, weil es nie jemanden gegeben hat, der das Megaprojekt zentral koordiniert und verwaltet hätte. Da muss man der föderalen Mobilitätsministerin Jacqueline Galant ja fast schon dankbar sein, dass sie in dieser Sache mal - wenn auch ungewollt - Klartext geredet hat. Immerhin wissen wir jetzt, was viele schon ahnten, nämlich dass kein Geld mehr da ist.
Feuerpause für Syrien - ein Selbstbetrug?
Viele Zeitungen beschäftigen sich heute auch mit der Feuerpause, die für Syrien vereinbart worden ist. Das Abkommen von München sorgt für einen Hauch von Optimismus, wobei aber die Skepsis überwiegt, wie unter anderem De Standaard festhält. "Syrien geht in den 'Pausenmodus', aber die russischen Bomben nicht", schreibt das Blatt. Russland scheint jedenfalls keine Luftangriffe fortzusetzen.
Es ist wie ein "Tanz mit den Wölfen", konstatiert De Morgen in seinem Leitartikel. Internationale Kriegsdiplomatie ist wohl die heikelste Übung. Dabei sollte man auch kleine Schritte zu würdigen wissen. Nicht vergessen: Der Krieg in Syrien hat nach Schätzungen 470.000 Menschen das Leben gekostet. Elf Millionen Syrier sind obdachlos und auf der Flucht. Und die meisten der Opfer, nämlich drei Viertel, gehen auf das Konto der Truppen von Baschar-al-Assad.
Het Laatste Nieuws sieht in der Vereinbarung von München einen einzigen Selbstbetrug. Genau in dem Moment, wo die Feuerpause angekündigt wird, schwadroniert Baschar-al-Assad darüber, dass er jetzt ganz Syrien wieder zurückerobern will. Insbesondere die Europäer wollen sich aber offensichtlich in der Gewissheit wiegen, dass sie etwas zur Lösung des Konflikts beigesteuert haben. Dabei kann man nur feststellen, dass ein gestrandeter Syrer weniger Mitgefühl erzeugt als ein gestrandeter Pottwal. Die einzige Lösung für Syrien ist eine Lösung ohne Assad. Aber das ist dem Westen offensichtlich zu anstrengend. Dann nimmt man sogar noch den Dritten Weltkrieg vor der Haustüre im Kauf.
Le Soir bescheinigt insbesondere den Europäern eine zwiespältige Haltung. Inzwischen schauen die europäischen Staaten durchaus interessierter auf die Ereignisse in Syrien. Jetzt hat nämlich auch der letzte verstanden, dass das, was in Aleppo passiert, durchaus morgen auch Folgen für uns haben könnte. Leider kann man hier nicht mehr vom "Faktor" Flüchtling sprechen, sondern vielmehr von einer "Schreckensvision". Seit Köln haben wir ein erhebliches Maß an Empathie und Mitgefühl verloren. Besonders tragisch ist dabei, dass die Ermittlungen inzwischen gezeigt haben, dass die Vorfälle in Köln nur in den seltensten Fällen auf Flüchtlinge zurückgingen.
Domenico
Bange Frage auf Seite eins von L'Avenir: "Steigert die Nähe zu einem Atomkraftwerk das Leukämie-Risiko?", schreibt das Blatt. Eben genau diese Gefahr wird derzeit jedenfalls im Rahmen einer Studie untersucht. Das Problem mit Langzeitstudien ist: das dauert; aussagekräftige Ergebnisse gibt es erst 2025, in knapp zehn Jahren...
"Der Lütticher Fußball trauert", schreibt schließlich La Dernière Heure. Gestern verstarb Domenico D'Onofrio. Er war unter anderem Trainer von Standard Lüttich. D'Onofrio starb an einem Herzinfarkt. Er wurde nur 62 Jahre alt.
Roger Pint - Illustrationsbild: Michel Krakowski (belga)
Sie meinen - betreffs IKEA - sicher Steuer-Hopping, und nicht -Shopping, oder?