"Galant rudert zurück", titelt La Libre Belgique. "Die Kehrtwende der Verkehrsministerin", schreibt Le Soir. "Die Wallonie bekommt jetzt doch den vierspurigen Ausbau der S-Bahntrassen", so die Schlagzeile auf Seite eins von L'Avenir.
Die unendliche Geschichte der Brüsseler S-Bahn geht in die nächste Runde: Nachdem Verkehrsministerin Jacqueline Galant noch am Dienstag erklärt hatte, dass die Bahn wegen fehlender Finanzmittel auf den vierspurigen Ausbau der Verbindungen nach Nivelles und Namur verzichten würde, ruderte sie am Mittwochabend nach heftigen Reaktionen zurück. Sie sei falsch verstanden worden, erklärte die MR-Politikerin. Der vierspurige Ausbau der wallonischen S-Bahnstrecken genieße höchste Priorität und werde schnellstmöglich umgesetzt.
La Libre Belgique meint: Galants plötzlicher Sinneswandel kommt nicht von ungefähr. Die Strecken von Brüssel nach Nivelles und Namur führen größtenteils durch die Provinz Wallonisch-Brabant - eine Hochburg der MR. Die dortigen Bürgermeister, darunter Premierminister Charles Michel, gleichzeitig Stadtoberhaupt von Wavre, haben Galant deutlich zu verstehen gegeben, dass nicht der Eindruck entstehen dürfe, die Regierung lasse die wallonischen Pendler im Stich. In Flandern ist der Ausbau längst abgeschlossen. Da die Arbeiten auch in der Wallonie bereits in vollem Gange sind, würde eine Einstellung des Ausbaus von zwei auf vier Spuren bei den Bürgern zudem den desaströsen Eindruck hinterlassen, dass hier Geld aus dem Fenster geworfen wurde.
Galants Job ist auch ohne ihre Patzer schon kompliziert genug
Le Soir fügt hinzu: Galant hat es also geschafft, ihr eigenes Lager gegen sich aufzubringen. Es ist nicht der erste Patzer der Verkehrsministerin. Dabei ist ihr Verantwortungsbereich schon kompliziert genug, ohne dass man andauernd in Fettnäpfchen tritt: Ob S-Bahn, Flugrouten über Brüssel oder andere Verkehrsprobleme - Klarheit und eine nachhaltige Strategie sind unbedingt erforderlich.
Die französischsprachige Opposition sollte sich mit ihrer Kritik aber zurückhalten, mahnt La Libre Belgique. Schließlich war die PS in der vergangenen Regierung für den Ausbau der Brüsseler S-Bahn zuständig. Und auch sie hat sich nicht mit Ruhm bekleckert. Jetzt geht es darum, im Sinne der Pendler gemeinsam nach Lösungen und Finanzierungsquellen zu suchen.
Euthanasie erneut in der Kritik
Gazet van Antwerpen befasst sich mit der neu entbrannten Debatte um die Sterbehilfe. Hintergrund ist die Klage von zwei Frauen um den Euthanasiefall ihrer Schwester. Bei der 38-Jährigen war 2010 nach schwerem psychischen Leiden aktive Sterbehilfe geleistet worden. Die Schwestern sind aber der Meinung, dass die zuständigen Ärzte ihre Sorgfaltspflicht verletzt haben. Sie hätten nicht ausreichend versucht, die Frau von ihrem Vorhaben abzubringen und ihr Alternativen zur Euthanasie vorzuschlagen.
Het Belang van Limburg findet: Nach 14 Jahren ist eine Überprüfung des Sterbehilfegesetzes durchaus angebracht. Es geht darum, es entsprechend anzupassen, um Missbrauch zu verhindern.
Auch Gazet van Antwerpen fordert gewisse Änderungen. Der Begriff "psychisches Leiden" etwa sollte besser definiert werden. Allerdings darf es nicht darum gehen, das Gesetz ganz zu kippen. Die endgültige Entscheidung über Leben und Tod muss dem Patienten überlassen werden.
Keine selektive Empörung
Het Laatste Nieuws berichtet über den Vergewaltigungsfall einer 17-Jährigen in Ostende. Zu den Tätern gehören fünf irakische Flüchtlinge sowie zwei Belgier. Dieses Verbrechen ist furchtbar und die Täter müssen die volle Härte des Gesetzes spüren, fordert Het Nieuwsblad. Allerdings sollte unsere Empörung nicht selektiv sein. Die Schwere einer Vergewaltigung ist nicht abhängig von der Hautfarbe des Täters.
Die Zeitung spielt damit auf ein Gerichtsurteil an, über das De Morgen auf seiner Titelseite berichtet. In Gent ist ein Mann freigesprochen worden, obwohl er nachgewiesenermaßen eine Frau vergewaltigt hatte. Die Begründung des Richters: Der Geschlechtsverkehr sei zwar nicht einvernehmlich gewesen, die Frau habe aber zuvor mit dem Mann geflirtet... Für die Zeitung ist diese Skandalentscheidung der Beweis dafür, dass selbst einige Richter hierzulande sexuellen Missbrauch immer noch nicht ernstnehmen.
Autolobby setzt höhere Abgasgrenzwerte durch
"Autoindustrie fährt Sieg ein", titelt De Standaard. Das Europäische Parlament hat am Mittwoch beschlossen, dass Neufahrzeuge bis 2021 doppelt so viele Stickstoffoxide ausstoßen dürfen wie bisher. Erst danach sollen die NOx-Grenzwerte wieder gesenkt werden. De Standaard spricht von einem "Skandal". Die Entscheidung des Parlaments ist beschämend.
L'Echo ist ebenfalls entrüstet: "Europa spielt mit Ihrer Gesundheit". Stickstoffoxide stehen ja im Verdacht, krebserregend zu sein. Dass die Abgeordneten dem Druck der Autolobby nachgegeben haben, verringert außerdem die Motivation der Fahrzeugbauer, schnell sauberere Autos auf den Markt zu bringen.
Pünktlich zum Start des Straßenkarnevals titelt das GrenzEcho: "Jetzt geht’s los!" Auch das BRF-Studio Brüssel wünscht allen "Alten Weibern" ein dreifach kräftiges Ostbelgien Alaaf.
Alain Kniebs - Bild: Nicolas Maeterlinck/BELGA