Die Talfahrt des Euro, das Ausmaß von Steuerbetrugsdelikten sowie der Wahlkampf vor dem Urnengang am 13. Juni sind einige der Aufmacher-Themen in der belgischen Inlandspresse von heute.
Sorgenkind Euro
Le Soir titelt zum Kursverlust des Euro: Deutschland unnachgiebiger denn je. Bundeskanzlerin Merkel wolle ein Vetorecht für das deutsche Parlament, wenn europäische Finanzhilfen an ein Land der Eurozone gezahlt werden sollen. Die Brüsseler Tageszeitung stellt dann auch die Frage ob Deutschland sich zum Gendarmen Europas aufschwingen wolle. Bei der Diskussion zum Zustand des schwächelnden Euros sei es gestern Abend zu später Stunde in den Reihen der Finanzminister der 16 Euro-Länder wegen der Forderung Berlins, auch hoch hergegangen, meint Le Soir. Deutschlands Finanzminister Schäuble sei auf den Hilfsmechanismus zurückgekommen, der vor zwei Wochen für schuldengeplagten Euroländer entwickelt worden war, und habe erklärt, dass jedes in Gang setzen dieses Systems vorab vom deutschen Parlament gutgeheißen werden müsste. Im Leitartikel meint Le Soir kommentierend hierzu, dass Kanzlerin Merkel bei ihrem Anspruch auf Autorität wohl vergesse, dass außerhalb Deutschlands niemand einen derartigen Einfluss aus Berlin wünsche. Europäische Integration Ja, aber nicht unter dem Diktat eines Landes oder selbst einer ehrbaren Einrichtung wie des deutschen Parlaments das schließlich nur von 82 der insgesamt 500 Millionen Bürgern in der EU gewählt werde.
Das Wirtschaftsblatt L'Echo fragt sich ob Spekulanten an den Finanzmärkten schuld an der Talfahrt des Euro sind. Gestern habe die Einheitswährung ihren tiefsten Stand seit vier Jahren erreicht. Der Euro sei nur noch 1 Dollar 2235 wert gewesen. Seit Dezember 2009 und der Verschärfung der Schuldenkrise in Griechenland habe der Euro gegenüber dem US-Dollar 18% seines Werts eingebüßt. Für L'Echo ist der Kursverfall des Euro nicht die simple Konsequenz der Aktivitäten von Spekulanten. Die Talfahrt sei vor allem auf das Verhalten ausländischer Investoren zurückzuführen, die sich gegen den Wertverlust ihrer Anlangen in Euro rückversichern wollen, meint das Wirtschaftsblatt.
Milliarden-Verluste für Fiskus durch Steuerbetrug
La Libre Belgique macht ebenfalls mit einem Finanzthema auf und titelt zum Umfang des Steuerbetrugs in Belgien, der für den Fiskus hierzulande jährlich Verluste von 20 Milliarden Euro bedeute. Dies, so meint La Libre Belgique, gehe aus einer Studie hervor, die im Auftrag der FGTB Gewerkschaft von der Freien Universität Brüssel ULB erstellt wurde. Für die sozialistische FGTB gelte es derweil wenigstens einen Teil dieser Summe für die Staatskasse zurück zu bekommen. Hierzu fordere die Gewerkschaft eine komplette Aufhebung des Bankgeheimnisses im Land. Fest stehe derweil, so meint La Libre Belgique, dass Belgien deutlich über dem EU-Durchschnitt in Sachen Steuerbetrug liege und zitiert hierzu eine an der Erstellung der Studie beteiligte Wirtschaftswissenschaftlerin. Die, so schreibt La Libre Belgique, hätte auch festgestellt, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem hohen Steuerdruck und den vielen Betrugsdelikten im Steuerbereich gebe.
Viele Belgier hemmungslose Steuersünder
De Standaard greift das Thema ebenfalls auf und titelt, dass jeder fünfte Belgier bereit sei, Steuern zu hinterziehen. 20% der Belgier, so habe eine Online-Umfrage deutlich gemacht wären bereit, Geld am Fiskus vorbei zu schleusen, um so ihre finanzielle Situation zu verbessern. Die Toleranz dem Steuerbetrug gegenüber sie auffallend höher bei Männern als bei Frauen. Während Steuerhinterziehung für einen von vier befragten Männern kein Problem darstelle, würde so nur eine von sechs Frauen reagieren. Über 50jährige zeigten sich im Vergleich zu jüngeren Steuerzahlern eher bereit den Fiskus zu betrügen. Was das eigene Vermögen angeht, so bewahren 64% der Befragten hierüber indes lieber Stillschweigen, schreibt De Standaard.
BHV-Bürgermeister boykottieren Wahl
De Morgen bringt die Vorbereitungen zu den Parlamentswahlen vom 13.Juni auf die Titelseite. Mindestens 16 Kommunen im Wahlbezirk Brüssel-Halle-Vilvoorde würden den Urnengang boykottieren. Vermutlich käme noch eine weitere Gemeinde aus dem insgesamt 35 Kommunen zählenden Wahlkreis hinzu. Dort müsste die Abwicklung der Wahl dann durch den Provinzgouverneur von Flämisch Brabant sichergestellt werden. Die boykottwilligen Bürgermeister, so schreibt De Morgen, würden sich auf ein Urteil des Verfassungsgerichts berufen, demzufolge das Ausrichten von Wahlen durch ein Ausbleiben der Lösung des Problems B.H.V unmöglich ist.
Jean-Michel Javaux rauchte als Teenager Cannabis
La Derniere Heure hat zum Wahlkampf Enthüllungen zu einzelnen Politikern in petto. In der heutigen Ausgabe gibt der Co-Vorsitzende der Grünen von Ecolo, Jean-Michel Javaux in dem Blatt einige Geheimnisse preis. So gibt er in einem Interview mit La Derniere Heure zu, als 18-jähriger Cannabis probiert zu haben und Fan von Pink Floyd gewesen zu sein.
Krankenpfleger leisten oft illegal Sterbehilfe
Het Nieuwsblad hat neben dem gestern verstorbenen flämischen Sänger Bobbejaan Schoepen Informationen über die Sterbehilfe auf der Titelseite. Das Blatt meint, dass Ärzte Euthanasie oft dem Pflegepersonal überlassen. Dies obwohl aktive Sterbehilfe durch einen Krankenpfleger diesen vor Gericht bringen kann. Dennoch säßen Pflegekräfte oft zwischen zwei Stühlen. Vom Gesetz her dürften sie nicht, auf Anweisung der Ärzte müssten sie Sterbehilfe leisten.