"Mit einer Maut wäre das Tunnel-Problem in Brüssel schnell gelöst", titelt L'Echo. Die Zeitung beruft sich auf ein Expertenbüro, das die Machbarkeit einer Benutzungsgebühr für die Tunnel der Hauptstadt untersucht hat. Würde jeder Autofahrer, der in die Innenstadt will, drei Euro am Tag zahlen, kämen pro Jahr über 300 Millionen Euro zusammen. Innerhalb weniger Jahre wäre die Sanierung aller Brüsseler Tunnel damit gegenfinanziert, rechnet der Fachmann von Stratec vor. Außerdem warnt er vor der Schließung des Leopold II-Tunnels, der den Brüsseler Norden mit dem Autobahnring verbindet. Eine Sperrung hätte einen wirtschaftlichen Schaden von mehr als 100 Millionen Euro pro Jahr zur Folge.
Le Soir und De Standaard veröffentlichen eine Übersicht zu allen Problemtunneln der Hauptstadt. Das Urteil der Experten fällt besonders kritisch aus. Sie berichten von Stabilitätsproblemen, unvollständigen Plänen und hohlklingendem Beton.
Frankophoner Dauerstreit gefährlicher als flämische Separatisten
De Standaard meint: Die Finanzierung und der Unterhalt von Brüssels Tunneln sorgen seit Tagen für Streit zwischen den Regionen und dem Föderalstaat. Premierminister Charles Michel hat am Donnerstag zu mehr Zusammenarbeit aller Ebenen aufgerufen. Trotzdem hat es beim Konzertierungsausschuss, der alle Ministerpräsidenten des Landes vereint, am Donnerstag wieder geknallt.
Nach Ansicht der Zeitung geht die größte Gefahr für Belgiens Zukunft derzeit nicht etwa von der Flämischen Bewegung oder der N-VA aus, sondern von den Grabenkämpfen innerhalb des frankophonen Lagers. Es ist der Dauerstreit zwischen PS, CDH und MR, der als tickende Zeitbombe Belgien bedroht, urteilt De Standaard. L'Avenir bedauert die ständigen Schlagabtausche zwischen den Französischsprachigen ebenfalls.
Wenn ein Richter gefährlicher wird als die Kriminellen
Über eine erneute peinliche Panne der Justiz berichtet De Morgen. "Der unglaubliche Schnitzer des Richters", titelt La Dernière Heure. Weil ein Brüsseler Untersuchungsrichter vergessen hatte, einen Haftbefehl zu unterschreiben, musste ein dringend des Mordes Tatverdächtiger am Donnerstag aus der U-Haft entlassen werden. Bei dem Verdächtigen handelt es sich um den flämischen Défi-Abgeordneten Christian Van Eyken. Der soll den Mann seiner Geliebten erschossen haben.
Der verantwortliche Oberrichter Luc Hennart verteidigt den Fauxpas mit den Worten: "Zum Glück handelt es sich bei dem aus der U-Haft Entlassenen um einen Politiker und nicht um einen Terroristen." Für Gazet van Antwerpen ist das der eigentliche Skandal. Diese Haltung eines Richters ist noch viel unerträglicher als der Fehler an sich.
Genauso sieht es Het Laatste Nieuws: Wenn Gerichtsvorsitzender Hennart die Fehler der Justiz jedes Mal durch die prekäre Finanzlage seiner Behörde rechtfertigt, dann betreibt er Politik und keine Rechtsprechung mehr. Diese Haltung macht ihn inzwischen gefährlicher als die Kriminellen, über die er richten soll, findet die Zeitung.
Ex-EU-Kommissar fordert "bessere, zur Not kleinere" EU
Im Gespräch mit Le Soir ruft Etienne Davignon die europäischen Entscheider dazu auf, zu handeln. Entweder mehr Europa oder weniger - so wie jetzt könne es jedenfalls nicht weitergehen, sagt der ehemalige EU-Kommissar und erfolgreiche belgische Geschäftsmann. Er fordert eine bessere, zur Not kleinere EU.
Die Zeitung pflichtet dem 83-Jährigen bei: Davignon weiß, wovon er spricht. Er war die rechte Hand von Paul-Henri Spaak als 1957 die Römischen Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft unterzeichnet wurden. Ungarn, Polen, Dänemark: In immer mehr Mitgliedsländern geraten die europäischen Werte unter Druck. Dabei brauchen wir die EU jetzt mehr denn je, findet Le Soir. Auf sich gestellt können die Länder der Union den Herausforderungen der globalisierten Welt nämlich nicht trotzen.
Auch Belgien gefordert für mehr europäische Steuergerechtigkeit
La Libre Belgique befasst sich mit den Plänen der EU-Kommission für mehr Steuergerechtigkeit. International operierende Unternehmen sollen ihre Steuern künftig dort zahlen, wo sie auch den Gewinn erwirtschaften. Das Blatt wertet den Vorschlag von Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici zwar als einen Schritt in die richtige Richtung. Allerdings sind die Handlungsspielräume der EU-Kommission beschränkt und die Eingriffe angesichts der bis zu 70 Milliarden Euro, die den europäischen Steuerbehörden jedes Jahr durch die Lappen gehen, zu klein.
L'Echo fügt hinzu: Belgien ist ebenfalls gefordert. Um Großkonzerne ins Land zu locken, sollte die Regierung lieber auf die vielen anderen Vorzüge hinweisen als weiter mit dubiosen Steuerdeals zu werben.
Belgien im Radcross-Fieber
Het Laatste Nieuws blickt schon einmal auf das sportliche Großereignis des Wochenendes. Im limburgischen Zolder findet die Weltmeisterschaft im Radcross statt - in Belgien ein Mega-Event. Insgesamt werden 80.000 Zuschauer erwartet, so viele wie an einem Tag bei Rock Werchter.
Auch andere Zahlen sind rekordverdächtig: zehn Kilometer Absperrgitter, 40.000 Parkplätze, zwanzig Großleinwände und 100.000 Liter Bier.
Alain Kniebs - Archivbild: Olivier Vin/BELGA