"Jeder muss sein Gesicht scannen lassen", titelt Het Laatste Nieuws. Hier handelt es sich um einen Vorschlag der föderalen Innenministers Jan Jambon (N-VA). Demnach soll die Maßnahme am Brussels Airport in Zaventem eingeführt werden und für nicht europäische Flüge gelten. Bislang müssen sich schon Nicht-EU-Ausländer, die von außerhalb der Schengen-Zone nach Belgien einreisten, einem Gesichtsscan unterziehen. Die Maßnahme soll künftig für alle gelten, auch für Belgier.
Apropos Schengen-Zone. Führende EU-Politiker hatten ja in den letzten Tagen vor einem Zerfall des "Europa ohne Grenzen" gewarnt. Hintergrund ist, dass zahlreiche EU-Staaten wieder Grenzkontrollen eingeführt haben. De Standaard und Het Nieuwsblad stellen sich jetzt die Frage nach der Zukunft der Schengen-Zone. Und da gibt es demnach nicht so furchtbar viele Möglichkeiten.
Lösung liegt in der Mitte
De Standaard vermutet die Lösung buchstäblich in der Mitte: In der derzeitigen Phase dürfte wohl kaum jemand, der die Kontrollen wegen der Flüchtlingskrise eingeführt hat, die Maßnahme morgen wieder rückgängig machen. Vor diesem Hintergrund dürfte es wohl eine Übergangsphase bis 2018 geben. Heißt konkret: In den kommenden zwei Jahren würden die bestehenden Grenzkontrollen im Wesentlichen beibehalten.
Und das erlaubt auch das Schengen-Abkommen; laut Artikel 26 sind demnach Grenzkontrollen unter gewissen Umständen für den Zeitraum von zwei Jahren möglich. Offensichtlich wird über ein solches Szenario auch schon auf Ebene des EU-Innenministerrats diskutiert.
De Standaard widmet seine Titelseite im Übrigen der deutschen Bundeskanzlerin und fragt sich: Wie stark ist die einsame Angela Merkel? Das Blatt kann nur feststellen, dass Merkel zunehmend alleine dasteht. Das gilt nicht nur für die innenpolitische Bühne in Deutschland, sondern auch für das europäische Parkett. Was Deutschland angeht, so konstatiert De Standaard, dass zum ersten Mal in ihrer zehnjährigen Amtszeit offen über einen, so wörtlich, "Kanzlerinnen-Sturz" spekuliert wird. Der Punkt ist nur: Niemand kennt eine Alternative für Merkel.
"Wir verhandeln nicht über das Ende Belgiens"
Innenpolitisch sorgt nach wie vor das mögliche Comeback der Gemeinschaftspolitik für Schlagzeilen. N-VA-Chef Bart De Wever hat kürzlich die Fraktionsspitze seiner Partei in der Kammer ausgetauscht. Der bisherige Fraktionschef Hendrik Vuye wurde abgezogen; er soll sich jetzt parteiintern mit der künftigen gemeinschaftspolitischen Agenda der N-VA befassen. Konkret soll er die Forderungen ausarbeiten, mit denen die Partei 2019 in den Wahlkampf gehen will.
Gegenwind gibts da aber heute von CD&V-Chef Wouter Beke. "Wir verhandeln nicht über das Ende Belgiens", macht Beke auf Seite eins von Le Soir klar. Seine Partei werde zudem dafür sorgen, dass die Gemeinschaftspolitik in dieser Legislaturperiode nicht die Arbeit der Regierung stört. "Der Schwerpunkt liegt ganz klar bei der sozio-ökonomischen Wiederbelebung", betont Beke.
Der MR-Vizepremier Didier Reynders empfiehlt den Frankophonen dennoch, vorbereitet zu sein. "Die nächste gemeinschaftspolitische Runde kommt bestimmt", sagt Reynders in L'Echo. Die Wirtschaftszeitung hebt eine andere Aussage des Vizepremiers auf Seite eins hervor: "Warum sollte man das Unterrichtswesen nicht den Regionen überlassen?", fragt sich Didier Reynders.
Hier hat der MR-Politiker wohl in erster Linie die Situation auf frankophoner Seite vor Augen. Sein Gedanke liefe also auf eine Abschaffung der Französischen Gemeinschaft hinaus. Die institutionelle Zukunft folgt für Didier Reynders einer "Logik zu viert": Flandern, die Wallonie, Brüssel und die Deutschsprachigen.
10.000 Flüchtlinge abgeschoben - ein Erfolg?
De Standaard beschäftigt sich heute in seinem Leitartikel mit den jüngsten Zahlen, die Asylstaatssekretär Francken (N-VA) präsentiert hat. Demnach wurden im vergangenen Jahr etwas mehr als 10.000 Menschen ausgewiesen. Rund 4.000 verließen freiwillig das Land, der Rest wurde unter Zwang abgeschoben. Dahinter verbergen sich menschliche Schicksale, gibt De Standaard zu bedenken.
Die meisten der Menschen, die in Belgien um ein Bleiberecht bitten, sind vor Krieg oder Armut geflohen. Sicher: Es muss Regeln geben; die einen haben Anrecht auf Asyl, andere eben nicht. Problematisch ist da allerdings die Wortwahl von Theo Francken: Die Ausweisung von 10.000 Menschen als "Erfolg" in den Himmel zu loben, mag aus seiner Sicht nachvollziehbar sein. Wenn es aber in der Praxis um Schulkinder geht, die unsere Sprache als ihre Muttersprache betrachten und kein anderes Land kennen, dann klingen solche Worte irgendwie deplatziert, findet De Standaard.
Drohender Verkehrsinfarkt statt Party
"Die langzeitkranke Brüsseler Mobilität", beklagt Le Soir auf Seite eins. Die gestrige Mitteilung der Brüsseler Regionalregierung dürfte so manchem Brüsseler Autofahrer einen Schock versetzt haben. Der so genannte "Stéphanie-Tunnel" wird für mindestens ein Jahr gesperrt. Der Tunnel stellt, vom Zentrum aus betrachtet, die südliche Ausfallstraße dar. Als Folge der Sperrung dürfte die Ringstraße um das Brüsseler Stadtzentrum in nächster Zeit noch verstopfter sein, als sie ohnehin schon ist.
Grund für die Sperrung ist der offensichtlich jämmerliche Zustand der Konstruktion: Die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer konnte aufgrund der inzwischen erodierten Betondecke nicht mehr gewährleistet werden. Für die Brüsseler Stadtväter ist das ein empfindlicher Rückschlag, meint Le Soir in seinem Leitartikel. Gerade erst wollte man in der neuen Fußgängerzone eine große Party steigen lassen, um den so genannten Lock-Down nach der Terrorwarnung im November vergessen zu machen.
Stattdessen droht jetzt der neue Verkehrsinfarkt. Grund allen Übels ist wohl mangelnder Unterhalt an dem Bauwerk. Die ganze Geschichte zeigt jedenfalls, wie fragil und anfällig die Brüsseler Mobilität inzwischen ist: Beim kleinsten unvorhergesehenen Problemchen bricht alles zusammen.
L'Echo sieht das ähnlich. Hier haben wir ein treffendes Anschauungsbeispiel für den so genannten Schmetterlingseffekt. So wie der Flügelschlag des Flattermanns dem Sprichwort nach einen Orkan auslösen kann, so sorgt inzwischen schon der kleinste Vorfall in Brüssel für ein Monsterchaos. Die Schuld liegt eindeutig bei der Politik. Man hat die Stadt immer "falsch gedacht". Es galt immer nur "Klein-Klein"; ein Gesamtkonzept, das einer Metropole würdig gewesen wäre, das suchte man vergebens. Resultat: Jetzt wird ein Tunnel fast schon zu einem nationalen Problem.
S-Bahn als i-Tüpfelchen
Da ist die Schlagzeile auf Seite eins von L'Avenir quasi noch das Tüpfelchen auf dem i: "Die Brüsseler S-Bahn liegt auf Eis", schreibt das Blatt. Diese S-Bahn, der Frankophone spricht vom RER, die sollte eigentlich längst die Hauptstadt an ihre Peripherie anbinden. Laut L'Avenir ist es so, dass fast alle neuen Schienenverbindungen auf flämischer Seite zwar schon fertig sind, aber eben nicht in der Wallonie. Und anscheinend liegts nicht nur an den schleppenden Verfahren, sondern auch am Geld: Der Bahn fehlen 685 Millionen Euro, und deswegen könnte sich das Projekt wieder um Jahre verzögern.
rop - Bild: Sandor Ujvari (epa)