"Lebenserwartung: die soziale Bruchlinie", titelt Le Soir. Eine Studie der Katholischen Universität Löwen (UCL), bestätigt das, was man eigentlich schon ahnen konnte: Reiche leben länger als Arme. Demnach können Menschen, die einen Job haben und darüber hinaus sich finanziell wenig Sorgen machen müssen, bis zu 14 Jahre länger leben als sozial Minderbemittelte. Die Forscher gehen davon aus, dass sich das Phänomen noch zuspitzen könnte in Folge der Wirtschaftskrise, die nach 2008 eingesetzt hat.
Dazu passt die heutige Aufmachergeschichte von La Dernière Heure: "365.000 Belgier können ihre Kredite nicht mehr zurückzahlen", so die Schlagzeile. Demnach waren die Belgier noch nie so überschuldet wie heute. Innerhalb von zehn Jahren stieg die Zahl der Privatinsolvenzen um 30 Prozent.
Europäischer Gedanke - mit Füßen getreten
Viele Leitartikler beschäftigen sich heute mit dem Zustand der Europäischen Union. "Lasst uns verhindern, dass Europa beschmutzt wird", so etwa der Appell von L'Echo. Aus der Union der Völker ist eine Zwietracht der Nationen geworden, konstatiert das Blatt. Immer mehr Staaten suchen ihr Heil in nationalen Alleingängen.
Dabei wird der europäische Gedanke ein ums andere Mal mit Füßen getreten. Ungarn und Polen dekretieren die Diktatur der Mehrheit; Dänemark will die Mittel von Flüchtlingen beschlagnahmen; einige Staaten wollen Familienzusammenführungen aussetzen. Seit dem Ende des Naziregimes war Europa der Kontinent der Aufklärung und des Humanismus. Inzwischen haben viele dieses Fundament aus den Augen verloren.
De Standaard schlägt in dieselbe Kerbe. Die Flüchtlingskrise ist zu einer europäischen Identitätskrise herangewachsen. Und inzwischen fällt ein Tabu nach dem anderen. Jüngstes Beispiel: Österreich verhängt eine Obergrenze für Flüchtlinge. Das ist das falsche Signal, meint De Standaard. Denn was signalisiert man da? Es geht doch! Warum noch 30.000 aufnehmen, wenn auch 20.000 gehen? Heute gehts über Quoten, morgen über die Einrichtung von Lagern, übermorgen um einen groß angelegten Rausschmiss.
Kostbare Errungenschaften lösen sich in Luft auf
Die Schengen-Zone jedenfalls steht kurz vor dem Zerfall. Und schuld daran sind alleine die von Egoismus geleiteten EU-Länder, wettert Het Laatste Nieuws. Bislang war die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel da mit gutem Beispiel vorangegangen. Schon viele haben ihren Sturz vorhergesagt, noch hält sie sich aber. Selbst wenn sie heute zugeben müsste, dass sie einen Einschätzungsfehler gemacht hat, dann sollten zumindest die vielen anderen EU-Staaten einräumen, dass sie ein gehöriges Maß dazu beigetragen haben.
Die Geschwindigkeit, mit der sich in der Europäischen Union derzeit kostbare Errungenschaften in Luft auflösen, ist beängstigend. Was ist der Preis für ein Ende der Schengen-Zone? Kosten in Milliardenhöhe oder grenzenlose Schamesröte?
"Moslem-Exekutive hält sich zu sehr zurück"
Le Soir plädiert seinerseits für die schnellstmögliche Schaffung eines "belgischen Islam". Hintergrund ist unter anderem ein Projekt, das die Regierung Brüssel angestoßen hatte. Einige namhafte Muslime sollten Maßnahmen zur Bekämpfung von Radikalisierung ausarbeiten. Zwei der Verantwortlichen haben aber bereits das Handtuch geworfen, weil sie nach eigener Aussage unter Druck gesetzt wurden. Beobachter sehen darin ein Indiz für die tiefe Spaltung der Muslime in Belgien; der Graben zwischen Progressiven und Konservativen sei einfach zu tief.
Jetzt muss die Moslem-Exekutive ihrer Verantwortung gerecht werden, fordert Le Soir. Das Gremium ist der einzige offizielle Ansprechpartner der muslimischen Gemeinschaft in Belgien. Und gerade wegen der internen Spannungen hat sich die Moslem-Exekutive viel zu lange viel zu sehr zurückgehalten.
Aus "Samira" wird "Cécile" - und schon klappts
La Dernière Heure bringt die verstörende Geschichte einer Frau aus Brüssel. Die 32-Jährige hatte sich an einer Brüsseler Schule als Französischlehrerin beworben. Ihre Kandidatur wurde aber abgelehnt. Am nächsten Tag sieht sie wieder die Annonce und bewirbt sich unter anderem Namen und mit anderem Foto: Aus der dunkelhaarigen "Samira" wurde dann plötzlich die blonde "Cécile". Resultat: Sie wurde zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen.
"Die Börse liegt falsch in punkto Ölpreis", glaubt De Standaard. Seit einigen Wochen sind die Börsen bekanntlich auf Talfahrt. Und wenn man genau hinschaut, dann stellt man fest, dass die Kurve quasi parallel mit dem Ölpreis läuft, also: der Ölpreis zieht die Kurse nach unten. Nur, das ist unlogisch, meint De Standaard. Bislang war es in der Regel so, dass die Börsen jubelten, wenn der Ölpreis sank. Und das weist darauf hin, dass die Märkte den Kopf verloren haben: Es herrscht Panik.
"Mache deiner Tochter keine falschen Versprechen!"
Viele Zeitungen bringen heute auch die Meldung über ein - wie man sagt - freudiges Ereignis: "Charles Michel ist Papa von der kleinen Jeanne", schreibt etwa Het Belang van Limburg auf Seite eins. La Dernière Heure und Gazet van Antwerpen können nur feststellen, dass Charles Michel der erste Premier ist, der im Amt Vater wird.
Einige Zeitungen wie Het Belang van Limburg sprechen denn auch vom "First Baby", wenn doch die Mutter die First Lady ist. Auf Seite eins von Het Laatste Nieuws unterstreicht der Regierungschef aber, dass er jetzt keine Geschenke zu diesem freudigen Anlass erwartet. "Wer wirklich etwas geben will, der möge doch für die SOS-Kinderdörfer spenden", sagt Michel.
In Het Nieuwsblad geben einige Politiker-Kollegen dem jungen Vater gut gemeinte Tipps. Der wohl wichtigste kommt von dem früheren SP.A-Minister Johan Vande Lanotte: "Mache deiner Tochter keine falsche Versprechen, gelobe nicht, da zu sein, wenn du es am Ende doch nicht schaffst."
rop - Bild: Jens Kalaene (afp)