Nur noch knapp vier Wochen trennen uns vom Urnengang des 13. Juni. Vor diesem Hintergrund beleuchten die meisten Zeitungen in ihren Kommentaren die Bemühungen der Parteien um die Gunst der Wähler, die Wahlversprechen und die Frage was deren Umsetzung kosten würde.
Parteien versprechen das Blaue vom Himmel
So titelt De Standaard mit „Wer soll das bezahlen?“. Niemand sollte glauben, dass teure Wahlversprechen durch den Kampf gegen den Steuerbetrug finanziert werden können. Niemand sollte glauben, dass die Banken oder Stromproduzenten bezahlen werden, denn sie reichen das, was von ihnen finanziell verlangt wird, an die Verbraucher weiter. Es gibt eben keine finanziellen Wunder. Steigen die Pensionen, dann wird man die Gesundheitskosten verringern müssen. Mit anderen Worten: Wenn einer mehr bekommt, wird ein anderer dafür weniger erhalten.
Im gleichen Zusammenhang plädiert Gazet Van Antwerpen dafür, die Wahlversprechen der Parteien auf ihren Preis hin durch eine unabhängige Organisation, wie z.B. das Planbüro, berechnen zu lassen. Würde man dies zur Regel machen, dann würden die Parteien uns nicht länger mit uferlosen und nichtssagenden Versprechungen begießen.
Drastischer Sparkurs unumgänglich
De Morgen zufolge gibt es nur ein einziges glaubwürdiges Wahlversprechen, nämlich, dass Belgien nach dem Urnengang auf gar keinen Fall an einem drastischen Sparkurs vorbei kommen wird. Wenn es nicht gelingt, in den nächsten zwei Jahren mindestens zehn Milliarden Euro jährlich in den Staatsausgaben einzusparen, dann wird nach Griechenland, Portugal und Spanien mit Sicherheit Belgien das nächste Ziel der Spekulanten werden. Gegen deren Angriffe schützt uns zurzeit noch die gigantische Sparquote der Bevölkerung. Doch bei einem Budgetdefizit von fast 5% und einem Schuldenberg von 100% des Bruttoinlandsproduktes ist auch das keine ewig dauernde Garantie.
Het Belang van Limburg kommentiert die zurzeit schwache Position des Euro im Kontext der internationalen Finanzkrise. Es ist höchste Zeit, dass Europa ein deutliches Signal dafür gibt, dass man entschlossen ist, die Gemeinschaftswährung durch dick und dünn und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verteidigen. Dies ist umso wichtiger, als der Euro acht Jahre nach seiner Einführung aus der europäischen Geschichte nicht mehr weg zu denken ist.
Nicht wählen ist keine Lösung
La Libre Belgique zeigt in ihrem Kommentar Verständnis für jene, die sagen, dass sie am 13. Juni ihre Stimme nicht abgeben werden. Trotzdem macht es keinen Sinn, den Kopf in den Sand zu stecken. Außerdem ist den Nicht-Wählern nach dem Urnengang nicht mehr die geringste Kritik erlaubt, wenn sie es nicht einmal für nötig halten, mit ihrer Stimme zu sagen, was sie wollen. Am 13. Juni kommt es mehr denn je darauf an, sich für jene auszusprechen, die noch etwas aufbauen wollen, und jene zu bestrafen, die nichts anderes im Kopf haben, als zu zerstören.
La Derniere Heure lässt in einem ausführlichen Interview die ausscheidende sozialistische Vize-Premierministerin Laurette Onkelinx zu Wort kommen. Ihres Erachtens wird ein großer flämisch-wallonischer Dialog nach dem Wählerurteil unumgänglich sein. Dabei müssen die Frankophonen auf jegliche Arroganz und Provokation verzichten, dafür jedoch umso mehr Entschlossenheit an den Tag legen. Für eine große Staatsreform könnte sich, nach Ansicht der sozialistischen Spitzenpolitikerin, eine Regierung der nationalen Einheit als die beste Lösung erweisen. Diese oder eine andere Koalition müsste ihres Erachtens im Idealfall spätestens im September die Arbeit aufnehmen können.
Nicht alle Frankophonen zur Staatsreform bereit
Was die Verhandlungsbereitschaft der Frankophonen über die von Flandern gewünschte Staatsreform betrifft, äußert Het Laatste Nieuws in seinem Kommentar deutliche Zweifel. Mit den frankophonen Sozialisten wird wahrscheinlich zu reden sein, sicherlich wenn sie zur stärksten Formation des Landes werden und somit ihr Parteichef Di Rupo der erste französischsprachige Premierminister seit nunmehr 36 Jahren werden könnte. Dagegen sieht es mit der Verhandlungsbereitschaft der cdH-Vorsitzenden Joëlle Milquet schon ganz anders aus. Sie hat in der Vergangenheit alles getan, um eine deutliche Kompetenzerweiterung der Regionen und Gemeinschaften zu verhindern. Bisher deutet nichts darauf hin, dass sich an dieser Haltung etwas geändert hat.
Vers l'Avenir befasst sich mit den Wahlslogans, die bei der Urteilsbildung der Wähler oft eine entscheidende Rolle spielen. Nach dem Urteil von Experten scheint im französischsprachigen Landesteil diesmal die PS das Rennen mit ihrem Slogan zu machen, der da lautet: „Ein stabiles Land und sichere Arbeitsplätze“. Diese Aussage trifft sowohl die Sorgen der Menschen um den Fortbestand Belgiens als auch um ihre persönliche Zukunft.