"Bereits im Februar wählt die CD&V einen neuen Vorsitzenden", titelt Het Belang van Limburg. "Kommunalwahlen in drei Jahren werfen bereits ihre Schatten voraus", bemerkt Gazet van Antwerpen.
Eigentlich sollten die flämischen Christdemokraten erst im Herbst einen neuen Vorstand wählen, doch Parteipräsident Wouter Beke hat die Wahl um mehr als ein halbes Jahr vorgezogen. Offiziell, damit der CD&V-Zukunftskongress am Ende des Jahres nicht von dem parteiinternen Urnengang überschattet wird. Viel mehr dürften aber die Kommunalwahl vom Oktober 2018 sowie die Föderal- und Regionalwahlen 2019 die Hauptrolle spielen. Beke will sein eigener Nachfolger werden und seine Partei für die anstehenden Herausforderungen wappnen.
Kaum zu glauben, schreibt Gazet van Antwerpen, da hat Belgien noch ganze drei wahlfreie Jahre vor sich. Und woran denken die Parteien? Richtig: an die nächste Wahl. Übrigens nicht nur die CD&V. In der N-VA-Parteizentrale wird bereits über Wohnortwechsel von Spitzenkräften wie Finanzminister Johan Van Overtveldt und Staatssekretär Theo Francken nachgedacht. Es sieht so aus, als könnten wir nicht ohne, als seien unsere Politiker süchtig nach Wahlen, hält die Zeitung fest.
Post-Köln-Debatte: Zwischen Einseitigkeit und Aufrichtigkeit
Auch neun Tage nach den sexuellen Übergriffen in Köln beschäftigen sich die Blätter weiter mit den Nachwehen. Kölns Polizeipräsident wird in den einstweiligen Ruhestand versetzt und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel verschärft den Ton, berichtet De Morgen. In Berlin hört man immer mehr Kritik an der nordrhein-westfälischen Landesregierung. Das Bundesland habe die größten Probleme bei der ordnungsgemäßen Registrierung von Flüchtlingen. Auch das könnte ein Grund dafür sein, warum die Täter der Silvesternacht nur schwer zu identifizieren sind. Merkel fordert außerdem härtere Gesetze. Straffällig gewordene Asylbewerber sollen schneller abgeschoben werden.
Het Belang van Limburg findet, dass unsere Kritik an der problematischen Einstellung muslimischer Männer Frauen gegenüber ziemlich einseitig ist. Auch einige belgische Männer begegnen Frauen anno 2015 wenig respektvoll, sei es auf der Straße, am Arbeitsplatz oder bei Familienfesten. Schon vor Köln galt, dass Frauen nicht zu kurze Röcke tragen oder abends alleine nach Hause gehen sollten, ruft das Blatt in Erinnerung.
Het Nieuwsblad wiederspricht dem vehement. Warum darf man das Problem, das gewisse muslimische Männer erwiesenermaßen haben, nicht beim Namen nennen, ohne dass das Fehlverhalten gleich mit dem Hinweis auf allgemeinen Sexismus in der Gesellschaft relativiert wird? Das ist ein bisschen so, als wollte der Finanzminister gegen Briefkastenfirmen vorgehen, man ihm dann aber vorhalten würde, dass auch in anderen Bereichen Steuern im großen Stil hinterzogen werden. Wenn die Aufnahme großer Flüchtlingsgruppen in unsere Gesellschaft gelingen soll, dann muss man die Probleme ohne Scheuklappen thematisieren dürfen.
Belgien hat noch viel zu lernen und rückt nach rechts
La Libre Belgique übt scharfe Kritik an der Krisenkommunikation der Behörden in Sachen Terrorbedrohung. Die föderale Staatsanwaltschaft hat in mehreren Interviews an die Aushebung der Terrorzelle von Verviers vor einem Jahr erinnert und vor der Symbolträchtigkeit solcher Daten für Terroristen gewarnt. Nach der mangelhaften Kommunikation des föderalen Kabinetts und der Brüsseler Regierung während des Terroralarms Ende November verbreitet jetzt die Staatsanwaltschaft Panik. In diesem Bereich hat Belgien noch viel zu lernen, meint die Zeitung.
Het Laatste Nieuws analysiert, dass alle Parteien in Belgien nach rechts gerückt sind - selbst Grüne und Sozialisten. Wegen der anhaltenden Flüchtlingskrise und der angespannten Sicherheitslage bleibt ihnen nicht viel anderes übrig. Wer die Politik von Innenminister Jan Jambon oder Staatssekretär Theo Francken zu scharf kritisiert, der droht sich derzeit selbst in den Fuß zu schießen.
Unterdessen greift Luc Hennart, Vorsitzender des Brüsseler Gerichts Erster Instanz, Belgiens Politiker in Het Nieuwsblad heftig an. Mit ihren verschärften Gesetzen erschafft die Regierung eine neue Generation Terroristen, warnt der Richter. Die Politiker ähnelten derzeit kopflosen Hühnern. Hennart kritisiert vor allem die Verlängerung des Polizeigewahrsams von 24 auf 72 Stunden sowie Hausdurchsuchungen rund um die Uhr. Er wertet die Pläne als massive Bedrohung für die bürgerlichen Freiheiten.
Antiradikalisierungskampagne mit Misstönen
In Brüssel ist ein Streit wegen einer Antiradikalisierungskampagne entbrannt, wie Le Soir meldet. Der muslimische Regisseur Ismaël Saidi war mit der Produktion von Kurzfilmen beauftragt worden. Doch innerhalb der Regierungspartei Défi (Ex-FDF) sind nun heftige Vorwürfe laut geworden. Fraktionssprecher Emmanuel De Bock wirft der Regionalregierung und damit auch "seinem" Minister Didier Gosouin Klientelismus vor, die Vergabe sei nicht ordnungsgemäß abgelaufen.
Alain Kniebs - Bild: Dirk Waem/BELGA