"Belgien rüstet auf", titelt De Standaard. "9,2 Milliarden Euro für die Streitkräfte", heißt es bei L'Echo auf Seite eins. "Größeres Budget, aber kleinere Armee", bringt es Het Laatste Nieuws auf den Punkt.
Kurz vor den Feiertagen hat die Föderalregierung gestern eine ganze Reihe von Entscheidungen getroffen. Im Mittelpunkt des so genannten Weihnachtsabkommens stehen Investitionen in die Sicherheit. Daraus hat die Mitte-Rechts-Koalition ihre absolute Priorität gemacht, bemerkt De Standaard. Bis 2030 sollen insgesamt 9,2 Milliarden Euro in die Armee investiert werden.
Der Strategieplan von Verteidigungsminister Steven Vandeput sieht unter anderem den Ankauf von 34 Kampfflugzeugen vor, von zwei Fregatten, sechs Minenräumbooten sowie sechs Militärdrohnen. Im Gegenzug soll die Truppenstärke verringert werden - von aktuell 32.000 Soldaten auf dann noch 25.000. Damit sollen die Streitkräfte eine neue Perspektive erhalten, erklärt der Verteidigungsminister im Interview mit Het Belang van Limburg. "Belgiens Armee soll kleiner, aber effizienter werden und wieder ein verlässlicher NATO-Partner sein", so Vandeput wörtlich.
Mehr Polizisten und ein neues Elitekommando
Wie Le Soir berichtet, sollen zudem schon bald mehr Polizisten auf den Straßen zu sehen sein. Durch eine Neuordnung der Personal- und Arbeitsstruktur sollen mittelfristig 2.500 zusätzliche Beamte auf Streife gehen.
Verwaltungsaufgaben sollen teilweise ausgelagert werden, Überwachungsaufträge von einer neuen Einheit, bestehend aus ehemaligen Soldaten, übernommen werden. Außerdem soll die Polizei ein neues Elitekommando erhalten, das sich vornehmlich mit Terrorismus und Fällen von schwerer Kriminalität beschäftigt.
La Libre Belgique begrüßt die Beschlüsse der Regierung: Im Gegensatz zu den vorherigen großen Koalitionen trifft das Kabinett von Charles Michel klare Entscheidungen und muss keine unsäglichen Kompromisse schließen, nur um alle politischen Lager zufrieden zu stellen, wie unter Di Rupo, Leterme und Van Rompuy.
De Standaard bewertet das Weihnachtsabkommen ebenfalls positiv: Ihre endlosen Streitigkeiten haben die Mehrheitsparteien beiseite gelegt, um endlich wieder einen Kompromiss zu schließen. Belgien konnte und durfte nicht mehr als schlechter Schüler der NATO in Sachen Verteidigungsausgaben da stehen.
"Wendepunkt" in der Verteidigungspolitik
Auch Het Belang van Limburg hält die Investitionen für längst überfällig: Wer im Ernstfall Solidarität erwartet, muss sich auch selbst solidarisch zeigen. Wir können uns nicht nur auf das Verteidigungsbündnis verlassen, sondern müssen mehr zu unserer eigenen Sicherheit beitragen. Natürlich darf man von einer Welt ohne Krieg, blutige Konflikte und Terrorbedrohung träumen. Allerdings sieht die Realität derzeit etwas anders aus. Dass die Verteidigungsausgaben schrittweise auf 1,3 Prozent des Bruttoinlandprodukts angehoben werden, bleibt zwar weiter unter der NATO-Vorgabe, geht aber in die richtige Richtung, findet die Zeitung.
Het Nieuwsblad spricht von einem Wendepunkt in der Verteidigungspolitik: Nach jahrzehntelangen Einschnitten steht künftig mehr Geld für die Armee zur Verfügung. Es sollen auch mehr Polizisten eingesetzt werden. De Morgen bezweifelt aber, dass wir dadurch unsere Probleme lösen werden und spricht daher von einem falschen Sicherheitsgefühl. Durch repressive Maßnahmen alleine werden sich Kinder von Zuwanderern, die sich von der Gesellschaft ausgestoßen fühlen, sicher nicht besser integrieren. Mehr Polizei auf den Straßen - damit können die Mitte-Rechts-Parteien nur bei ihren eigenen Wählern punkten.
Het Laatste Nieuws fragt sich, ob wir die zusätzlichen Beamten überhaupt bemerken werden. Für die lokalen Polizeizonen des Landes sind 450 Zusatzkräfte vorgesehen - noch nicht mal ein Polizist für jede Gemeinde.
"Tiefgründige Reformen fehlen"
L'Echo übt grundlegendere Kritik: In Zeiten, in denen die Politik in vielen anderen Bereichen den Rotstift angesetzt hat, dürfte der Ankauf von teuren Kampfflugzeugen in den kommenden Monaten noch für lautes Zähneknirschen sorgen.
Le Soir vermisst tiefgründige Reformen: Genau wie beim Tax-Shift kündigt die Regierung zwar einen Big-Bang an, nimmt aber nur oberflächliche Veränderungen vor. Beispiel SNCB: Hier geht es lediglich um Kostensenkung und Produktivitätssteigerung. Ein wahrer Strategieplan für die Bahn, der den Zug unumgänglich macht, weil er so viel attraktiver als das Auto ist, davon fehlt bislang leider jede Spur.
Eine solche Langzeitstrategie sollten sich auch die Gewerkschaften aneignen. Mit ihrer überzogenen Streikankündigung für den Januar gegen die Pläne der Regierung sind die Arbeitnehmervertretungen bei der SNCB jedenfalls in eine gefährliche Falle getappt, findet auch L'Avenir. Sie machen sich dadurch bei den Bahnreisenden nicht beliebter, sondern nur noch unerträglicher. Und genau darauf hofft die Regierung.
Alain Kniebs - Bild: Emmanuel Dunand (afp)