"In Spanien hat eine neue Ära begonnen", titelt De Morgen. "Spanien: Die Konservativen liegen in Führung, haben aber keine Mehrheit", so die Schlagzeile von Le Soir. "Podemos hat nicht gewonnen", notiert L'Avenir. Spanien hat gestern gewählt. Schon vor dem Urnengang war klar, dass sich die politische Landschaft grundlegend verändern würde. Neben den Platzhirschen, der konservativen Volkspartei und den Sozialisten, gab es nämlich zwei neue Mitspieler: die linksradikale Podemos und die liberal-konservative Ciudadanos.
Besonders unmittelbar nach dem beeindruckenden Sieg von Syriza in Griechenland war zeitweise Podemos als Geheimfavorit gehandelt worden. Die radikale Linke landete schließlich aber auf Platz Drei hinter den traditionellen Kräften. Nichtsdestotrotz: "Die Veränderung hat zu einer Zersplitterung geführt", notiert De Standaard. In jedem Fall wird es eine Koalitionsregierung geben müssen, "zum ersten Mal seit langer Zeit", wie De Morgen bemerkt.
Fahndung nach "belgischem Terror-Regisseur"
"Neue Hausdurchsuchung im Herzen von Brüssel", so derweil die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. Die Polizei hat gestern unweit der Brüsseler Börse zwei Männer festgenommen. Die Aktion stand offenbar im Zusammenhang mit den Ermittlungen nach den Pariser Anschlägen. Im Mittelpunkt stand diesmal nicht die Suche nach dem flüchtigen Hauptverdächtigen Salah Abdeslam. "Die neue Zielperson ist der 'belgische Terror-Regisseur'", glaubt Het Nieuwsblad zu wissen.
Nach neuen Erkenntnissen haben mindestens zwei der Terrorkommandos von Paris kurz vor den Anschlägen SMS verschickt. Sinngemäßer Wortlaut: "Wir legen los." Adressaten waren in beiden Fällen belgische Handynummern. Offenbar gibt es also noch mindestens einen weiteren Hauptverdächtigen, der sich noch auf freiem Fuß befindet.
In diesen Zusammenhang passt die Aufmachergeschichte von Le Soir: "Salah heulte wie ein zwölfjähriges Kind", so die Schlagzeile. Das Blatt hat nach eigenen Angaben Vernehmungsprotokolle einsehen können, genau gesagt die Aussagen der beiden Männer, die Salah Abdeslam nach den Anschlägen von Paris abgeholt und nach Belgien gebracht haben. Demnach hat Abdeslam schon im Auto zugegeben, dass er an den Anschlägen beteiligt war.
Terrorwarnstufe: Es wird Zeit für Antworten
"Die Terrorbedrohung hat schon 350 Millionen Euro gekostet", schreibt derweil unter anderem La Libre Belgique auf Seite eins. Hier handelt es sich allein um die Einbußen, die der Wirtschaft aufgrund der Terrorwarnstufe entstanden sind. Gemeint ist in erster Linie der sogenannte "Lockdown", die Zeit also, als in Brüssel nach der Ausrufung von Warnstufe Vier das öffentliche Leben fast vollständig zum Erliegen kam. Hinzu kommt dann aber noch einmal der international entstandene Imageschaden.
In diesem Zusammenhang wird die Kritik an den föderalen Behörden immer lauter. "Die Schulen zu schließen war der blanke Irrsinn", kritisiert etwa der Brüsseler Bürgermeister Yvan Mayeur in La Libre Belgique. Er fügt hinzu: "Wenn Charles Michel glaubt, dass die Einkaufszentren nicht hätten geschlossen werden müssen, dann hätte er es nicht empfehlen dürfen".
"Nebelwarnstufe Vier", meint dazu ironisch De Morgen. Im Zusammenhang mit der Ausrufung von Terrorwarnstufe Vier hat es eine doch unüberhörbare Kakophonie gegeben. Man hörte momentweise alles und sein Gegenteil. Und auch jetzt wird die Verwirrung eigentlich nur noch größer. So hat Innenminister Jambon gerade noch erklärt, dass wir am 22. November nur ganz knapp einem Anschlag in Brüssel entgangen sind. Der Chef des Antiterror-Stabs OCAM, André Vandoren, erklärte seinerseits in Le Soir, dass er davon nichts wisse.
Es ist an der Zeit, diese Periode aufzuarbeiten, fordert auch La Libre Belgique. Sind wir knapp einem Anschlag entgangen? Ist Salah Abdeslam in einem Kleiderschrank entkommen? Wer hat entschieden, die Schulen zu schließen? Langsam aber sicher bedarf es Antworten auf all diese Fragen.
In diesen Zeiten ist es wichtig, ein gesundes Gleichgewicht herzustellen, meint Het Nieuwsblad: Verhältnismäßige Sicherheitsvorkehrungen, das ist das Zauberwort. Ob das der Regierung und den Behörden immer so gelungen ist, das sei mal dahingestellt. Verschiedene Regierungsmitglieder räumten schon ein, dass gewisse Maßnahmen wohl überzogen waren. Man sollte in jedem Fall jetzt möglichst schnell die Lehren daraus ziehen.
Gewerkschaften antworten auf Forderung mit Gegenforderung
"Weiterhin schwierige Verhandlungen bei der SNCB", notiert derweil Le Soir auf Seite eins. Die Regierung hatte am Freitag den Druck auf die Gewerkschaften erhöht. Den von ihnen geforderten Sozialschlichter werde es nur unter einer Bedingung geben, nämlich dann, wenn die Gewerkschaften zuallererst die Streikankündigungen bei der Bahn für den Monat Januar zurückziehen. "Jetzt spielen die Gewerkschaften den Ball zurück", analysiert aber De Standaard. Sie formulieren ihrerseits eine Bedingung. Demnach sollten sich zunächst alle bereit erklären, die Verhandlungen wieder mit einem weißen Blatt zu beginnen.
Het Laatste Nieuws ruft die Föderalregierung auf, jetzt hart zu bleiben. Die Gewerkschaften sind in der Defensive. Diese Chance darf man nicht ungenutzt lassen. Jetzt erst recht muss man die Reformen durchziehen, zum Wohle aller Fahrgäste, meint Het Laatste Nieuws.
"Sollten wir nicht die SNCB ganz abschaffen?", fragt sich derweil provokativ Het Belang van Limburg. Die Antwort lautet natürlich "Nein". Naja, ganz unbegründet ist die Frage dafür auch nicht, meint das Blatt. Man fragt sich jedenfalls, wie Direktion und Gewerkschaften aus dieser Geschichte wieder herauskommen wollen. Es muss doch jedem einleuchten, dass eine grundlegende Reform bei der Bahn längst überfällig ist. Das Beispiel bpost hat gezeigt, dass eine radikale Neuausrichtung möglich ist.
Roger Pint - Foto: Dirk Waem (belga)