"Die Rückkehr der Rechtsextremen in Belgien", titelt La Libre Belgique. Dem Politbarometer der Zeitung zufolge würde es der Vlaams Belang - sollte am Sonntag gewählt werden - erstmals wieder über die Zehn-Prozent-Marke schaffen. Im Süden des Landes ist das rechte Lager zwar zersplittert, trotzdem kämen populistische und rechtsradikale Parteien in der Wallonie gemeinsam auf mehr als zehn Prozent der Stimmen. "Die Rechten profitieren von diesen unruhigen Zeiten und schlachten das Angstklima aus", schlussfolgert das Blatt.
Laut einer Umfrage von La Dernière Heure würde jeder fünfte französischsprachige Belgier sogar den Front National von Marine Le Pen wählen, wenn er es denn könnte. Morgen findet in Frankreich ja die zweite Runde der Regionalwahlen statt. Die rechtsextremistische Partei FN könnte in einigen Teilen des Landes die Nase vorn haben.
Demokratie auf des Messers Schneide
Het Nieuwsblad hält fest: In diesen schwierigen Zeiten ist die Verführung groß, Menschen zu wählen, die einfache Lösungen für komplexe Probleme vorschlagen. Etwa ein Donald Trump in den USA, der allen Muslimen die Einreise verbieten will. Oder eine Marine Le Pen in Frankreich, die die Grenzen schließen will. Damit löst man aber keine Probleme, meint die Zeitung. Im Gegenteil.
L’Avenir findet ebenfalls: Die Demokratie befindet sich gerade auf Messers Schneide. Die Politik sollte den Warnschuss der Bevölkerung ernst nehmen. Das sieht La Libre Belgique genauso: Die traditionellen Parteien müssen auf die Menschen zugehen, die der Politik den Rücken gekehrt haben. Jeder von uns muss am Ende aber einsehen, dass er eine große Verantwortung trägt.
Angefangen bei den Wählern in der Wahlkabine, findet De Morgen. Der einzige, der die politische Pattstellung beenden kann, ist der Stimmberechtigte. Das Wahlvolk in Frankreich erhält morgen eine zweite, entscheidende Chance, so die Zeitung.
Die Wahlen in Frankreich sind auch unsere Sache, schreibt Le Soir. Nicht nur, weil wir Belgier gerne unsere Ferien in Südfrankreich verbringen oder über den Straßburger Weihnachtsmarkt schlendern. Die Ängste der Franzosen sind auch unsere Ängste. Im Mittelpunkt stehen die terroristische Bedrohung und die Flüchtlingswelle - wie überall in Europa. Schwer nachzuvollziehen, dass einige ihre Pfeile ausgerechnet auf die Europäische Union richten.
Michel: Schwierigste Entscheidung meines Lebens
Le Soir bringt außerdem ein Gespräch mit Premierminister Charles Michel. Vier Wochen nach den Pariser Anschlägen und der darauf folgenden maximalen Terrorwarnstufe in Brüssel kommt er auf die Ereignisse zurück. "Das war die schwerste Entscheidung meines Lebens", kommentiert der Regierungschef die Nacht zum 21. November. Aufgrund konkreter Hinweise auf einen Anschlag musste das öffentliche Leben in der Hauptstadt für mehrere Tage lahmgelegt werden. "Haben wir zu viele Vorsichtsmaßnahmen ergriffen? Kann schon sein", meint Michel. "Aber ich hätte mir im Nachhinein ungern vorwerfen lassen müssen, zu wenig getan und ein Drama nicht verhindert zu haben."
Auf der Titelseite von Het Nieuwsblad erklärt der Premierminister: "Wir müssen so schnell wie möglich zur Normalität zurückkehren. Aber unser 'normales' Leben wird in Zukunft etwas anders aussehen." Nach Ansicht des MR-Politikers wird uns die Terror-Bedrohung noch eine Weile begleiten und werden wir uns auf strengere Sicherheitsvorkehrungen einstellen müssen. Die Zeitung kritisiert die Haltung von Premierminister Michel: Einerseits sagt er, dass wir uns von den Terroristen nicht einschüchtern lassen sollen. Im gleichen Atemzug verteidigt er andererseits aber die schärfere Sicherheitspolitik. Tut also genau das, wovor er uns warnt. Von einem Staatsmann hätten wir etwas mehr Kampfgeist erwartet, bedauert Het Nieuwsblad.
Privilegien der SNCB-Mitarbeiter
Het Laatste Nieuws beschäftigt sich weiter mit dem geplanten, fünftägigen Streik der Bahngewerkschaften. "Dafür wird der Zugverkehr belgienweit lahmgelegt", titelt die Zeitung und führt die Gründe für den Arbeitskampf auf. Keine andere Berufsgruppe genieße solche Vorteile wie die Bahn-Mitarbeiter, meint das Blatt. Wenn ein Feiertag auf einen Wochenendtag fällt, erhalten die SNCB-Beschäftigten nicht einen, sondern gleich zwei Ersatztage dafür. Selbst im Falle von Krankheit oder Abwesenheit sammeln die Mitarbeiter weiter Ausgleichstage und wer wegen einer Zugverspätung nicht pünktlich zum Dienst erscheint, muss dafür nicht nacharbeiten.
"Diese Anomalien will ich abschaffen", erklärt Bahnchef Jo Cornu in De Standaard. Die Bahnmitarbeiter erhielten nicht zu viel Geld für ihre Arbeit, aber sie würden zu wenig dafür tun, meint der Konzernchef. Um das Unternehmen produktiver zu machen, führe kein Weg an der Reform vorbei. Indem sie den Konflikt weiter eskalieren lassen, beweisen die Gewerkschaften lediglich, dass sie aus der Verzweiflung heraus handeln, meint die Zeitung. Ihre letzten Verbündeten - die Reisenden - haben sie mittlerweile auch gegen sich aufgebracht. Natürlich kann und sollte man noch über einige Punkte verhandeln.
Trotzdem meint De Standaard: Niemand sollte in der Vergangenheit leben. Angesichts der Fakten können und dürfen sich die Gewerkschaften auf Dauer einer Steigerung der Produktivität bei der SNCB nicht mehr verschließen.
Alain Kniebs - Archivbild: Nicolas Maeterlinck (belga)