"Wütend auf die Bahn-Gewerkschaften", titelt Het Nieuwsblad. "Aus allen Ecken Kritik an den Streikplänen", bemerkt Gazet van Antwerpen. "Sauer auf diese Vier", so Het Laatste Nieuws auf Seite eins. Das Blatt zeigt Fotos der vier Streikführer von CSC und FGTB.
Selten zuvor dürfte eine Streikankündigung so viel Entrüstung ausgelöst haben. Weil die Gewerkschaften die Bahn im Januar an insgesamt fünf Tagen belgienweit lahmlegen wollen, gehen alle auf die Barrikaden. Die Arbeitgeberverbände sprechen von einem "Skandal", die Fahrgastvereinigung TrainTramBus ruft die Gewerkschaften zur Mäßigung auf und die Föderalregierung legt ihre Pläne zum Minimaldienst bei der SNCB jetzt wieder auf den Tisch.
Wie De Standaard berichtet, schaltet auch die Bahn-Leitung einen Gang höher. "Wenn die Gewerkschaften uns erpressen, dann erpressen wir sie jetzt eben auch", heißt es sinngemäß aus der Chefetage der Nationalen Eisenbahngesellschaft. Sollten die Arbeitnehmervertretungen an ihren massiven Streikplänen festhalten, dann werde es keinen neuen Finanzierungsvertrag für die Gewerkschaften geben. Bislang bekommen die noch zehn Millionen Euro im Jahr aus der SNCB-Kasse.
Radikalisierte Bahngewerkschaften gehen zu weit
De Morgen hält fest: Radikalisierung findet offenbar nicht nur in der islamistischen Szene statt. Genau wie religiöse Fundamentalisten ihre ganze Glaubensgemeinschaft in Verruf bringen, ziehen die radikalisierten Bahngewerkschafter die SNCB und ihre Kunden in Mitleidenschaft. Was die Zeitung nicht versteht: Die einzige Strategie der Gewerkschaften scheint aus Streiks zu bestehen. Der Verlierer ist dabei jedes Mal der eigentliche Verbündete - nämlich wir Reisenden, bemängelt das Blatt.
De Standaard findet ebenfalls, dass die christliche und die sozialistische Gewerkschaft bei der Bahn zu weit gegangen sind. Die vollkommen überzogene Streikaktion hat mit dem eigentlichen Inhalt der Forderungen nichts zu tun. Es geht hier einzig und allein um Machterhalt. Dabei vergessen die Gewerkschaften, dass ihr Rückhalt in der Bevölkerung mit jedem Streik abnimmt.
Gazet van Antwerpen fordert die Regierung auf, diesem Spektakel der geplanten Streiks auf der Schiene nicht tatenlos zuzusehen. "Tut was und ergreift endlich Gegenmaßnahmen" lautet der Appell der Zeitung an die Koalitionsparteien.
Stellungskrieg oder Verhandlungstisch?
La Libre Belgique gibt zu bedenken: Bei allem Unverständnis für Streikaktionen, ganz unschuldig an der Eskalation des Sozialkonflikts ist die Regierung nicht. Sie war es, die der Bahn den strengen Sparkurs auferlegt hat.
Het Nieuwsblad fügt hinzu: Die Streithähne haben jetzt genau zwei Optionen. Entweder der Stellungskrieg dauert an. Oder man setzt sich zusammen, hört einander zu und versucht, zu einer Lösung zu kommen. Die Gewerkschaften müssen auch in Zukunft noch handlungsfähig sein, allerdings sollten sie darauf achten, dass ihre Arbeitskampfmaßnahmen die Richtigen treffen.
Het Belang van Limburg ruft alle Beteiligten zur Vernunft auf: Die Streikankündigung der Gewerkschaften ist übertrieben, die Reaktionen aus der Politik aber auch. Der gesunde Menschenverstand muss wieder die Oberhand gewinnen - bei der SNCB-Direktion, bei den Politikern aber vor allem bei den Bahngewerkschaften.
L'Echo meint: Angesichts der Veränderungen, die die Bahn ihren Mitarbeitern abverlangt, hätte die Geschäftsleitung mehr Fingerspitzengefühl an den Tag legen müssen. Das Ziel ist ja eine Steigerung der Produktivität, unter anderem durch den Wegfall der 36-Stunden-Woche sowie der Streichung eines Feiertags. Für L'Echo gibt es nur einen Ausweg aus der verfahrenen Situation: Ein Schlichter muss her!
Breite Zustimmung für Antiterrormaßnahmen der Regierung
"Die Belgier heißen die Maßnahmen der Regierung im Antiterrorkampf gut", schreibt La Libre Belgique auf ihrer Titelseite. Laut einer landesweiten Umfrage der Zeitung finden 45 Prozent der Belgier, dass Premierminister Charles Michel die jüngste Krise gut gemeistert hat. Nur 15 Prozent sind hingegen der Meinung, dass er sich während der maximalen Terrorwarnstufe schlecht verhalten hat. Der Erhebung zufolge fühlen sich derzeit knapp zwei Drittel der Belgier durch Terrorismus bedroht. 43 Prozent der Befragten kritisieren die politische Laschheit der letzten Jahre gegenüber Islamisten. Die geplanten Antiterrormaßnahmen der Föderalregierung stoßen auf große Zustimmung in der Bevölkerung. Den Einsatz von Soldaten heißen 72 Prozent der Belgier gut. Und sogar 80 Prozent begrüßen das verschärfte Vorgehen gegen die Radikalisierung in Gefängnissen.
Wie Le Soir berichtet, will die EU-Kommission Frontex zu einer echten Grenzschutzpolizei ausbauen. Nach dem bisher unveröffentlichten Dokument soll die Truppe bis zu 2.000 Mann stark werden, mehr Befugnisse erhalten und bei Bedarf eingreifen, um die Außengrenzen der EU-Staaten besser zu schützen.
Alain Kniebs - Bild: Nicolas Maeterlinck/BELGA