Das Bild einer blonden Frau prangt heute auf vielen Titelseiten. Nämlich das von Marine Le Pen, der Präsidentin des rechtsextremen Front National. "Frankreich befürchtet eine rechtsextreme Welle", warnt Le Soir auf Seite eins. La Libre Belgique spricht vom "unerbittlichen Aufstieg des Font National".
Am Sonntag findet in Frankreich die erste Runde der Regionalwahlen statt. Die Regionen an sich haben in Frankreich zwar kein großes politisches Gewicht, die Wahl gilt aber als allgemeiner Stimmungstest. Viele Umfragen sehen den FN mit 30 Prozent als stärkste Kraft aus der Wahl hervorgehen. Vor allem im Norden des Landes, aber auch etwa in der Provence könnte die Partei sogar in den jeweiligen Regionen die Macht übernehmen.
L'Avenir hebt auf Seite eins die wahrscheinliche Ursache für den neuerlichen Höhenflug hervor: "Die Anschläge von Paris haben dem FN offensichtlich in die Karten gespielt", schreibt das Blatt sinngemäß.
De Morgen denkt schon einen Schritt weiter. Im Frühjahr 2017 finden in Frankreich Präsidentschaftswahlen statt. "Was wäre, wenn der Front National am Ende sogar ganz Frankreich übernimmt?", so die bange Frage auf Seite eins.
Eine Stimme für die Rechtsextremen ist fast schon normal
"Armes Frankreich!", klagt La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Was gestern noch ein kleiner Tumor in der französischen Politiklandschaft war, hat inzwischen den ganzen Körper erfasst. Die Ursachen sind bekannt: Zunächst fühlen sich viele Franzosen von ihrer politischen Klasse im Stich gelassen. Auf der anderen Seite transportiert die Partei aber auch Themen und Ideen, die im Moment auf fruchtbaren Boden fallen. Grob zusammengefasst: Immigration und Unsicherheit.
Dabei vergessen viele, dass der FN darüber hinaus eigentlich kein Programm hat. Und doch ist eine Stimme für die Rechtsextremen, wofür man sich früher vielleicht noch schämte, inzwischen fast schon normal geworden. Jeder weiß, dass eine Machtübernahme durch den FN eine Katastrophe wäre. Und doch braut sich exakt dieser Sturm zusammen.
"Marine-blaue Versuchung": eine selbsterfüllende Prophezeiung
La Dernière Heure spricht von der "marine-blauen Versuchung". In diesen düsteren Zeiten mit Massenarbeitslosigkeit und Terrorangst haben die Rechtsextremen ein immer leichteres Spiel. Zumal sie auch salonfähiger geworden sind. Die Faschos der ersten Stunde um Parteigründer Jean-Marie Le Pen wurden inzwischen im Keller eingesperrt. Die jetzige Generation ist vorzeigbar, smart, gebildet, kommt von der Uni. Und dort, wo sie an der Macht ist, hat es auch noch keine wirklichen Entgleisungen gegeben. Kein Wunder also, dass in dem Moment, wo die traditionellen Parteien offensichtlich den Norden verloren haben, der FN für so manchen zu einer Option wird.
Das Ganze hat etwas von einer selbsterfüllenden Prophezeiung, analysiert auch L'Echo. Je mehr und je häufiger etwa Humoristen, Provokateure, Philosophen oder Experten vor einer Machtergreifung durch den FN warnen und Schreckensszenarien an die Wand malen, desto mehr steht die Partei im Rampenlicht. Resultat: Frankreich dürfte wohl am Montagmorgen mit einem gehörigen Kater aufwachen.
Morgen Frankreich. Übermorgen wir?
Le Soir richtet denn auch einen flammenden Appell an die französischen Wähler. Das Blatt zitiert aus der Marseillaise, der französischen Nationalhymne: "Aux armes, citoyens" - Bürger, zu den Waffen! Natürlich gibt es gute Gründe, zu zweifeln, sogar zu verzweifeln. Nichtsdestotrotz, liebe französischen Freunde, geht zur Wahl! Man kann jedenfalls nur hoffen, dass sich die Menschen am Ende diejenigen zum Vorbild nehmen, die nach den Anschlägen vom 13. November würdig und in stiller Trauer der Opfer gedacht haben. Möge der Wähler den Unterschied machen zwischen Populismus und den wirklichen Werten der Republik.
Aber Vorsicht!, mahnt De Morgen. Das Phänomen muss sich auf Dauer nicht auf Frankreich beschränken. Es ist ja nicht so, als gebe es Themen wie Migration, Flüchtlinge und Terrorismus nur bei unseren südlichen Nachbarn. Und nicht nur in Frankreich werden besagte Themenkreise gerne zu einem Eintopf zusammengerührt. Hinzu kommt: Auch bei uns leben die traditionellen Parteien nicht immer die demokratischen Ideale so vor, wie es ihnen eigentlich gebührt. Morgen geht es um Frankreich. Wir könnten die Nächsten sein.
Geheime SMS soll Terrorwarnstufe vier ausgelöst haben
La Dernière Heure glaubt seinerseits inzwischen zu wissen, warum die Behörden vor genau zwei Wochen in Brüssel die höchste Terrorwarnstufe ausgerufen haben: "Eine geheime SMS löste die allgemeine Panik aus", so die Aufmachergeschichte der Zeitung. Und das Blatt glaubt sogar, den Inhalt von besagter SMS zu kennen: "Wir sind verbrannt! Wir müssen morgen zuschlagen". Sender und Empfänger der SMS kennt die Zeitung nicht, es soll sich aber in beiden Fällen um mutmaßliche Terroristen handeln.
Allerdings ist nicht jeder zufrieden mit der Art und Weise, wie die Regierung mit der Bedrohung umgegangen ist. "Das Krisenmanagement war von Panik und Psychose geprägt", kritisiert die PS-Spitzenpolitikerin Laurette Onkelinx auf Seite eins von Le Soir. Offensichtlich habe es da jedenfalls eine Reihe von "Kommunikationsproblemen" gegeben, meint Onkelinx.
Neue Jobs, Haushaltsdefizit, innerbelgisches Klimaabkommen
"114.000 neue Jobs innerhalb der nächsten drei Jahre", jubeln derweil Het Nieuwsblad und Het Belang van Limburg. Die Zahl kommt von der Nationalbank. Und offensichtlich gibt es nun also doch, zumindest am Arbeitsmarkt, Licht am Ende des Tunnels.
Auf den ersten Blick mag sich das die Regierung an die Fahnen heften können, meint Het Belang van Limburg. Aber eben nur auf den ersten Blick. In demselben Gutachten warnt die Nationalbank nämlich auch vor dem nach wie vor zu großen Haushaltsdefizit. Im Moment beläuft sich das immer noch auf 2,9 Prozent, laut Fahrplan dürfte der Fehlbetrag eigentlich nicht höher liegen als ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Heißt also: Wir werden uns wohl noch einige Jahre mit Sparmaßnahmen abfinden müssen. Dies wohlwissend, dass in solchen Momenten immer die Gefahr besteht, dass man die Wirtschaft und die Binnennachfrage abwürgt. Bislang hat noch niemand diese Gleichung mit mehreren Unbekannten lösen können. Fazit: Wir sind noch längst nicht über den Berg.
Es gibt ja seit gestern Abend auch ein innerbelgisches Klimaabkommen. Endlich, nachdem es ja in den letzten Tagen noch mal richtig Streit gegeben hatte. De Morgen traut dem Braten aber nicht: "Es gibt ein Klimaabkommen, aber: Ist die Kuh damit wirklich vom Eis?", fragt sich das Blatt.
Roger Pint - Bild: Kenzo Tribouillard/AFP