"Die innerbelgischen Klimaverhandlungen arten aus", titelt La Libre Belgique. "Das Klima ist unter Null", schreibt De Standaard auf Seite eins.
Es gibt nach wie vor kein innerbelgisches Klimaabkommen. Das sollte ja die Lastenverteilung regeln: Wer steuert wie viel bei, damit das Land seine Klimaschutzziele erreicht? Premierminister Charles Michel musste am Donnerstag in der Kammer zum Verlauf der Verhandlungen Stellung beziehen. Dabei gab er der wallonischen Regionalregierung die Schuld am Scheitern der Gespräche. Bislang war man eher davon ausgegangen, dass die Flamen, und insbesondere die N-VA, in dieser Sache auf der Bremse stehen. "Michel lügt wie gedruckt!", reagierte erbost der wallonische Ministerpräsident Paul Magnette auf die Vorwürfe des föderalen Regierungschefs. Diese neuerliche Polemik dürfte also nicht wirklich dazu beitragen, dass ein Abkommen bald zustande kommt, orakelt De Standaard. Heute jedenfalls wollen alle Beteiligten einen neuen Anlauf starten.
"Armes Belgien!", klagt La Libre Belgique in ihrem Leitartikel. Man kann den Jahreswechsel kaum noch erwarten. Vom Jahr 2015 jedenfalls haben wir mehr als genug. Nicht nur, dass Belgien in puncto Terrorismus am Pranger steht. Im Augenblick zeigt sich auch die politische Klasse mal wieder von ihrer peinlichsten Seite. Der Streit um das innerbelgische Klimaabkommen trägt alle Züge einer klassischen Sandkastenquerele. Langsam aber sicher muss man sich die Frage stellen, in welchem Zustand sich unsere Demokratie befindet. Die belgische Familie ist mehr denn je zerrüttet, unfähig dazu, sich gemeinsame Ziele zu setzen. Das Ganze ist Wasser auf den Mühlen der N-VA. Wie gesagt: armes Belgien!
Flämisches Hauen und Stechen um Mega-Einkaufszentrum
In Flandern gibt es aber inzwischen ein neues Reizthema: Die flämische Regierung um den N-VA-Ministerpräsidenten Geert Bourgeois hat definitiv grünes Licht gegeben für den Bau des umstrittenen Mega-Einkaufszentrums "Uplace", das im Norden von Brüssel entstehen soll. Die Akte spaltet die politische Klasse in Flandern schon seit Jahren. Und auch diesmal ist die Haltung der Regierung alles andere als einheitlich. Die N-VA wollte unbedingt das Projekt genehmigen; jetzt schließen sich CD&V und OpenVLD an, "hoffen aber, dass der Staatsrat den Beschluss am Ende kippt", wie Het Nieuwsblad auf seiner Titelseite festhält. "Uplace spaltet die flämische Regierung", bemerkt denn auch Gazet van Antwerpen.
"Also, ich komm da nicht mehr mit", gibt der Leitartikler von Het Belang van Limburg zu. CD&V und OpenVLD sagen beide zugleich schwarz und weiß, sind dafür und gleichzeitig dagegen. Die oppositionelle SP.A ist dagegen, der sozialistische Bürgermeister von Machelen, wo Uplace entstehen soll, der ist dafür. Wer sich wie aufstellt und warum, das ist selbst für Insider nicht mehr ersichtlich.
Längst weiß jeder, dass Mega-Einkaufszentren ein überholtes Konzept sind, notiert auch De Morgen. Und sollte Uplace doch ein Erfolg werden, dann wäre das wohl fatal für die Geschäftswelt in den umliegenden Gemeinden. So oder so ist das Projekt eine Katastrophe. Das Problem ist aber offensichtlich, dass die flämische Regierung aus dieser Geschichte nicht mehr herauskommt. Da kann man nur hoffen, dass die Justiz am Ende mehr Mumm hat, als die im Übrigen demokratisch legitimierte Regierung.
Teamgeist: Fehlanzeige
Die politische Klasse gibt hier einmal mehr ein jämmerliches Schauspiel zum Besten, meint auch Het Laatste Nieuws. Außerdem zeigt sich, dass der Zustand der flämischen Koalition offensichtlich desaströs ist. Teamgeist: Fehlanzeige. Jeder macht sein eigenes Ding, wobei oft nicht klar ist, in welche Richtung es denn nun gehen soll. Resultat: Alle Großprojekte, die in Flandern zur Diskussion stehen, sind mehr oder weniger festgefahren.
De Standaard sieht seinerseits eine Parallele zu den chaotischen Verhandlungen über ein innerbelgisches Klimaabkommen. In beiden Fällen zeigt sich die Führungsschwäche des flämischen Ministerpräsidenten Geert Bourgeois. Uplace und Klimaabkommen, beides sind hochemotionale Dossiers. Geert Bourgeois, der als Paragraphenreiter bekannt ist, kann damit offensichtlich nicht umgehen. Im politischen Theater gelten nämlich andere Regeln, nichts geht nach Schema F.
Einige Zeitungen machen heute auf mit einer Reihe von Neuerungen, die Finanzminister Johan Van Overtveldt jetzt vorgestellt hat. "Niemand darf sich mehr einem Überraschungsbesuch des Fiskus entgegenstellen", titelt etwa L'Echo. "Große Steuerbetrüger riskieren den Verlust der politischen und bürgerlichen Rechte", notiert seinerseits De Standaard. Fazit von De Morgen: "Die Regierung nimmt den Kampf gegen Steuerhinterziehung ernst".
Affengeräusche im Fußballstadion
Het Nieuwsblad bringt heute exklusiv die Ergebnisse einer Umfrage über Rassismus im Fußball. Resultat: Sechs von zehn Menschen haben schon rassistische Vorfälle in Fußballstadien erlebt. Aber: Einer von vier Befragten hat kein Problem mit Affengeräuschen, wenn ein dunkelhäutiger Spieler am Ball ist. Ein Viertel also findet das nicht rassistisch.
Das lässt tief blicken, meint Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Wer das Phänomen auf den Fußball reduziert, der greift jedenfalls zu kurz. Vielmehr ist es so, dass sich in den Stadien nur das äußert, was im Alltag im Verborgenen bleibt. Diese Studie hält der Gesellschaft den Spiegel vor.
Und schließlich heißt es: Abschied nehmen: Mit 46 Jahren geht die Tischtennislegende Jean-Michel Saive in den Ruhestand - den "hochverdienten", wie La Libre Belgique unterstreicht. La Dernière Heure und L'Avenir würdigen den Lütticher und schreiben schlicht und einfach: "Danke Jean-Mi!"
Roger Pint - Bild: Bruno Fahy (belga)