"Sicherheitsmaßnahmen in Brüssel gelockert, aber 'ernste Bedrohung' bleibt", titelt Gazet van Antwerpen. "Terrorwarnung runter, Bedrohung bleibt hoch", so Het Belang van Limburg. Und De Standaard schreibt: "Terrorwarnung nimmt ab, aber niemand sagt, warum".
Die Herabstufung der Terrorwarnstufe für Brüssel von vier auf drei ist das Aufmacherthema Nummer Eins für die Zeitungen. Auch in den Kommentaren gehen die meisten Blätter darauf ein. Meistens mit Kritik.
Het Nieuwsblad schreibt: Gestern hat die Saga eine neue Wendung bekommen. Sie war so überraschend und wieder mal unverständlich, wie schon viele Wendungen zuvor. Die Terrorwarnstufe wurde von vier auf drei gesenkt. Drei heißt: Ein Anschlag ist möglich und wahrscheinlich. Das hört sich doch bedrohlich an. Doch gestern nahm man die Botschaft mit Erleichterung auf. Als ob jetzt alles wieder gut wäre. Das ist doch absurd, findet Het Nieuwsblad.
Le Soir kritisiert die Art und Weise, wie die Neuigkeit kommuniziert wurde: Schon seit Tagen erleben wir hier ein Chaos, und gestern wurde das Chaos noch größer. Gerade war Premierminister Charles Michel dabei, den Abgeordneten in der Kammer zu erklären, warum das Festhalten an Warnstufe vier für Brüssel gerechtfertigt sei. Gleichzeitig senkte das Nationale Krisenzentrum die Stufe auf drei herab. Da läuft doch etwas schief.
Es ist höchste Zeit, dass die Regierung daran etwas ändert. Zusammen mit den Regionen und den Behörden muss ein Weg gefunden werden, klar und deutlich zu kommunizieren. Nur das gibt der Bevölkerung die Sicherheit, die sie in Krisenzeiten braucht. Und davon wird es ja noch einige geben. So jedenfalls sagen uns das alle voraus, schreibt Le Soir.
Empfehlung: Buch über "Kommunikation in Krisenzeiten" lesen
Ähnlich auch L'Avenir: Was für ein Spektakel! Da schleudert Michel den Abgeordneten den bedeutungsschweren Satz entgegen: "Wir sind unmittelbar bedroht." Und dann gibt es Warnstufe drei statt vier. Ohne Begründung. Und in Verviers werden Häuser durchsucht. Gehen Sie doch mal in eine Buchhandlung und schauen Sie in irgendein Buch über "Kommunikation in Krisenzeiten". Da werden Sie den Satz finden: "Vermeiden Sie auf jeden Fall widersprüchliche Informationen." Aber genau das ist gestern geschehen. Das ist katastrophal, das trägt zur Beunruhigung bei, kritisiert L'Avenir.
Nachsichtiger ist La Libre Belgique. Ja, das war gestern nicht das Gelbe vom Ei, was wir da vorgesetzt bekamen. Doch selbst wenn es uns schwerfällt, sollten wir uns mit unserer Kritik zurückhalten. Dafür ist die Lage zu ernst, die Bedrohung tatsächlich noch nicht gebannt. Die Sicherheit von uns allen hat Vorrang. Die Zeit für Erklärungen und Kritik wird später noch kommen.
Das findet auch Het Laatste Nieuws: Die Versuchung ist groß, die Verantwortlichen jetzt lächerlich zu machen. Die Terrorwarnstufe in Brüssel ging von zwei auf drei auf vier und dann wieder zurück auf drei. Ohne, dass jemand genau verstanden hat, warum. Aber haben wir erstmal Vertrauen zu unseren Politikern. Die Zeit der Abrechnung wird noch kommen. Jetzt heißt es, zu lernen, mit der ständigen Bedrohung zu leben. Das ist schwierig genug, findet Het Laatste Nieuws.
Die Scherben zusammenkehren, nach vorne schauen
De Standaard kommentiert in die gleiche Richtung: Immer noch haben wir keine greifbaren Ergebnisse im Kampf gegen den unsichtbaren Feind. Trotzdem haben die Menschen bereits damit begonnen, zu ihrem Alltag zurückzukehren. Das ist gut und gibt uns die Möglichkeit, schon einmal nach vorne zu schauen. Was wird nach all der Aufregung kommen? Dann wird es darum gehen, die Scherben zusammenzukehren. Dann werden wir sehen, wieviel Geld uns das alles gekostet hat.
Und wieviel Geld uns auch die dauerhaften Maßnahmen kosten werden, die jetzt mal hoppla hopp beschlossen worden sind. Dann wird es wieder ums Budget gehen, um Einsparmöglichkeiten, um die EU-Kommission, die Belgien an seine Haushaltsverpflichtungen erinnert. Kurz: Es wird eine Rückkehr zur Normalität kommen. Das ist auch bitter nötig. Eine Gesellschaft kann nicht dauerhaft unter Hochspannung leben. Besser ist es, sich wieder in der alten, vertrauten Misere einzurichten, meint De Standaard.
Kris Peeters will gegen geplante Obsoleszenz vorgehen
Ein ganz anderes Thema kommentiert L'Echo. Kris Peeters, der Föderalminister für Verbraucherschutz, möchte gegen die "geplante Obsoleszenz" von Produkten vorgehen. Die Hersteller stehen im Verdacht, dieses vorzeitige Altern bewusst zu programmieren. Die Wirtschaftszeitung schreibt: Frankreich hat dazu schon ein Gesetz erlassen. Es bestraft die Unternehmen, die Produkte verkaufen, die gar nicht auf eine lange Lebensdauer ausgerichtet sind.
Doch das französische Gesetz ist zu vage, um für Belgien als Vorbild zu dienen. Aber auf jeden Fall ist das, was Kris Peeters plant, sehr zu unterstützen. Obwohl die Aufgabe fast übergroß scheint. Sollte man das Problem nicht eher auf europäischer Ebene angehen? Das wäre sicher keine schlechte Idee. Denn immerhin möchte man mit Samsung, Apple und Co. quasi die ganze Welt angreifen. Aber wir erinnern uns auch: Belgien hat es allein geschafft, Facebook in die Knie zu zwingen, so L'Echo.
Kay Wagner - Foto: Thierr Roge (belga)