Flamen und Wallonen: uneins über (fast) alles
Gazet van Antwerpen zufolge geht es bei diesem Urnengang vor allem darum, die Frage zu klären, ob Belgien noch regierbar ist. Dazu heißt es im Kommentar der Zeitung: Die letzten drei Jahre haben gezeigt, dass hierzulande wirklich alles durch flämisch-wallonische Meinungsverschiedenheiten blockiert wird.
Ob es um den Haushalt, die Arbeitslosigkeit, die Ausländerthematik oder die Justiz geht: Flamen und Frankophone haben total unterschiedliche Ansichten. So kann es nicht weitergehen. Entweder entscheiden wir uns für eine wirksame Politik, die eine tief greifende Reform des Staates voraussetzt, oder jeder geht seinen eigenen Weg. Diese Entscheidung wird nach dem 13. Juni zu treffen sein. Andernfalls wird das Land unregierbar.
Wahlversprechen und Lockvögel
Het Laatste Nieuws geht auf die Wahlversprechen der Parteien ein und mahnt in diesem Zusammenhang zu Vernunft und Redlichkeit. Dazu heißt es unter anderem, die Europäische Union verlangt von allen Mitgliedsstaaten, also auch von Belgien, dass sie sich den Gürtel enger schnallen, sparen und ihren Haushalt sanieren. Für uns bedeutet dies, dass die Staatsschuld so rasch wie möglich reduziert werden muss.
Das heißt, dass die folgende Regierung auf jeden Fall zu einem eisernen Sparkurs gezwungen wird. Trotzdem ziehen die flämischen Sozialisten mit dem Versprechen in den Wahlkampf, die Pensionen für jene, die bis 65 Jahre arbeiten, um bis zu 200 Euro monatlich zu erhöhen. Solche leeren Versprechen sollte man den Wählern besser nicht machen.
Auch La Libre Belgique beschäftigt sich in ihrem Kommentar mit den Wahlkampfstrategien. Dazu stellt die Zeitung fest, dass auch diesmal erneut auf zahlreichen Wahllisten Prominente aus Sport und Showbusiness auftauchen, von denen man sich fragen muss, ob sie wirklich eine politische Bereicherung darstellen. Die Vergangenheit hat uns eher das Gegenteil gezeigt. Noch schlimmer ist nach Ansicht der Zeitung auf zahlreichen Listen die Anwesenheit von Kandidaten, die bereits jetzt wissen, dass sie das Amt, im Falle ihrer Wahl, nicht antreten, sondern an den Ersatzkandidaten weiterreichen werden. Die Zeitung bezeichnet dies als Missbrauch des Wählers und hofft, dass dieser schlau genug ist, auf diese Art von Stimmenfang nicht hereinzufallen.
N-VA polarisiert
Auf Seite eins von De Standaard ist der Ratschlag des flämischen Vorsitzenden der christlichen Gewerkschaft, Cortebeeck, nachzulesen, nicht für die nationalistische N-VA zu stimmen. Mit ihr werde nämlich ein gemeinschaftspolitisches Abkommen mit den Frankophonen so gut wie unmöglich. Deshalb sollte man einer anderen flämischen Formation seine Stimme geben, die in der Gemeinschaftspolitik weniger radikal auftritt. Kommentierend heißt es dazu, dass es auch in den anderen flämischen Parteien nicht wenige Kandidaten gibt, die genauso denken wie die N-VA, doch versuche man, parteiintern diesen Konflikt zu vertuschen. Wenn die N-VA sich schlau anstellt, kann sie die anderen zwingen, gemeinschaftspolitisch Farbe zu bekennen, beziehungsweise sich für den Föderalismus oder für den Konföderalismus auszusprechen.
Wachsende Armut in Flandern
De Morgen hebt hervor, dass auch das angeblich so reiche Flandern von der Armut nicht verschont bleibt. So ist dort die Anzahl der Familien, die ihre Gas- und Stromrechnung nicht mehr bezahlen können, im vergangenen Jahr um über 20 % auf 122.000 angestiegen. Zwar springen die öffentlichen Sozialhilfezentren in die Bresche, doch können auch sie diese Hilfestellung in Zukunft nur noch leisten, wenn sie mehr Geld von der flämischen Regierung erhalten.
Mehr Missbrauchsklagen gegen Geistliche
Le Soir berichtet über die drastisch gestiegene Zahl der Klagen von Personen, die als Kinder oder Jugendliche durch Geistliche sexuell missbraucht wurden. Seit dem Rücktritt des Bischofs von Brügge vor rund drei Wochen gab es nicht weniger als 270 solcher Klagen, davon 95 % in Flandern. Vor diesem Hintergrund erinnert die Zeitung an das Versprechen von Erzbischof Léonard, diese Missbräuche aufzuklären und die Täter zu bestrafen. In ähnlichem Sinne, so heißt es weiter, hat sich nunmehr zum ersten Mal auch Papst Benedikt XVI. ausgesprochen.
Laser gegen Raser
Werfen wir abschließend noch einen Blick auf La Dernière Heure, die eine Premiere bei den Geschwindigkeitskontrollen auf Belgiens Straßen vorstellt: Dabei handelt es sich um laserbetriebene Radargeräte, von denen die Lütticher Polizei als erste im Lande drei Stück für insgesamt 340.000 Euro bestellt hat. Ihr Vorteil besteht unter anderem darin, dass sie durch Radarerkennungsgeräte nicht mehr aufzuspüren sind. Der Abschreckungseffekt müsste also umso größer sein, so dass man sich zweifellos eine weitere Verringerung der Anzahl der Temposünder und folglich auch der Verkehrsunfälle erhoffen darf.