De Morgen listet in einem beißenden Kommentar die Widersprüche unseres Landes auf: Es ist das Land, in dem der Innenminister bestätigt, dass ein Anschlag vereitelt wurde, ohne einen einzigen Beweis vorzulegen. Es ist das Land, in dem die Regierung über befreundete Medien das Gerücht kommuniziert, ein Terrornetzwerk sei "destabilisiert" worden, ohne Hauptverdächtige, Sprengstoff oder zumindest Waffen vorzeigen zu können.
Es ist das Land, in dem der Außenminister nicht weiß, wie viele Terrorverdächtige genau in der Hauptstadt herumlaufen. Es ist aber vor allem das Land, in dem die Bevölkerung mit bewundernswertem Mut und mit Ruhe auf den angsteinjagenden Kurs reagiert, den ihre Politiker führen, so De Morgen.
Le Soir wünscht sich mehr Klarheit und Kohärenz in der Kommunikation, eine Richtschnur ohne Widersprüche und Durcheinander. Je länger die Terrorwarnstufe vier andauert, ohne wirkliche präzise Informationen, desto größer wird die Nervosität. Für die Bevölkerung ist es schwierig, damit umzugehen. Eine einheitliche Kommunikation und Information wäre nötig, ansonsten haben die Terroristen das Land bereits destabilisiert, ohne einen Anschlag verübt zu haben, meint Le Soir.
Imageschaden für Belgien
Welch ein Kontrast zu Frankreich und dem Pariser Staatsanwalt, schreibt Het Laatste Nieuws. François Molins kommuniziert glasklar und hat immer nützliche und konkrete Informationen. Unsere südlichen Nachbarn wissen, wo sie stehen und was noch zu erwarten ist. Warum ist das in Belgien nicht möglich? Die nebulöse Kommunikation schadet dem Image unseres Landes. Das muss dringend geklärt werden, fordert Het Laatste Nieuws.
Auch Het Belang van Limburg spielt auf das Bild Belgiens in der Welt an. Mit dem Wettbewerbspakt der Regierung Di Rup, dem Tax-Shift und dem Indexsprung der aktuellen Regierung Michel hat sich die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes etwas verbessert und könnte ausländische Investoren anziehen.
Nach den Anschlägen von Paris ist der Imageschaden im Ausland enorm. Hinter der Durchschlagskraft unserer Polizei- und Sicherheitsbehörden stehen viele Fragezeichen. Nach der Dutroux-Affäre und dem Weltrekord bei der Regierungsbildung steht unser Land erneut vor einer gigantischen Herausforderung. Belgien muss jetzt beweisen, dass es zwar ein surrealistisches Land mit zu vielen Regierungen ist, aber immer noch normal funktioniert, und wo sich gut leben und arbeiten lässt, meint Het Belang van Limburg.
Für De Standaard bleibt die Fahndung nach den übriggebliebenen Attentätern und die Zerschlagung des Netzwerks von Molenbeek erste Priorität. So lange die Spezialisten davon überzeugt sind, dass extreme Sicherheitsmaßnahmen erforderlich sind, müssen wir sie unterstützen. Später, wenn der Sturm vorüber ist, können wir uns dann fragen, wieso die Sicherheitsbehörden im Vorfeld der Pariser Anschläge versagt haben.
Gazet van Antwerpen sieht es so: Die Ereignisse in Paris und Brüssel haben ein Klima geschaffen, in dem sich unsere Regierungen ihrer Verantwortung für die Sicherheit der Bürger bewusst geworden sind. Sollten bessere Maßnahmen die Folge sein, dann sind die Opfer von Paris zumindest nicht umsonst gestorben.
Inner- und außereuropäische Fehler
Die Wirtschaftszeitung L'Echo fordert ein europäisches FBI. Kurz nach den Anschlägen von Paris wurde Salah Abdeslam in Cambrai kontrolliert, aber nicht festgenommen. Die belgischen Dienste wussten um seine Gefährlichkeit, die Information wurde aber nicht nach Frankreich kommuniziert. Der Fehler liegt nicht bei den Beamten, sondern beim fehlenden Willen der europäischen Mitgliedsstaaten. Insbesondere Frankreich, Deutschland und Großbritannien berauschen sich an ihrer eigenen nationalen Sicherheit, einem Überbleibsel ihrer früheren Größe.
Eine Art europäisches FBI wäre logisch und notwendig. Doch die Regierungen wollen nicht. Die Regierungschefs beteuern ständig, Europas Einheit und Grenzenlosigkeit bewahren zu wollen. Personen, Waren und Ideen sollen frei zirkulieren können. Gemeinsam beweinen sie die Toten der Attentate, sind aber unfähig, für eine gemeinsame Sicherheit zu sorgen, bedauert L'Echo.
L'Avenir sieht die Verantwortung für den Terrorismus auch bei uns. Seit mehr als einem halben Jahrhundert unterstützt der Westen korrupte und manchmal auch blutrünstige Regierungen, um eine scheinbare Stabilität im Mittleren Osten zu erhalten und sich gleichzeitig mit günstigem Öl zu versorgen. Einmal mehr ist es unsere Kurzsichtigkeit, unsere Geschäftemacherei, unsere Inkonsequenz und Ineffizienz dort unten, die uns hier verletzbar macht.
Mut ist, wenn man die Angst überwindet
Het Nieuwsblad findet: In diesem Land braucht es nur ein paar Tage, um von der witzigen Absurdität von Katzen-Tweets in eine groteske, absurde Angstpsychose hineinzurutschen. Für den Moment ist das vielleicht verständlich, aber unser Zusammenleben wird nicht besser werden, wenn wir in jedem Muslim eine potentielle Gefahr und in jedem öffentlichen Ort eine Mördergrube sehen. Es wird Zeit, der Angst die Rote Karte zu zeigen. Mut ist nicht dasselbe, wie niemals ängstlich zu sein. Mut ist, wenn man die Angst überwindet.
Volker Krings - Foto: John Thys (belga)
Hartnäckig hält sich das Gerücht, ein im Elsenborner Asylantenheim stattgefundener, sicherheitsrelevanter Vorfall werde verheimlicht. Nun erschien bei "Ostbelgiendirekt" ein Kommentar, dass in der Elsenborner Kaserne der Zaun um ein Munitionslager zerschnitten worden sei.
Ist da etwas dran? Wenn ja, sind Waffen oder Munition abhanden gekommen?
Von einer betroffenen Businsassin erfuhr ich heute, dass am gestrigen Mittwoch bei einer deutsch-belgisch konzertierten Polizeiaktion der Bus zwischen Aachen und Eupen von der Polizei gestoppt und ein Verdächtiger aus dem Bus in Gewahrsam genommen wurde.
Auch hier habe ich bis jetzt nichts in den Medien davon gelesen oder gehört.
Was ist das nun: Falschinformation oder Kommunikationschaos der hiesigen Sicherheitsorgane?